Aktuelles 14.07.2017
Kulturpreis für Rainer Köhler
Laudatio / Günther-Klinge-Kulturpreis an Rainer Köhler / 14.07.2017
Sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, amtierende wie ehemalige, sehr geehrte Gemeinderäte, verehrtes Publikum, liebe Gertrud Köhler in Vertretung für Rainer Köhler, der krankheitsbedingt den Kulturpreis leider nicht persönlich in Empfang nehmen kann.
Es ist mir eine besondere Ehre, diese Laudatio halten zu dürfen. Nicht nur, weil wir – Rainer Köhler auf der Veranstalter Seite, ich seitens der Süddeutschen Zeitung als Rezensent – im Grunde um dieselbe Sache bemüht sind, sondern weil uns mittlerweile eine enge Freundschaft verbindet. Sie basiert auf vielen miteinander geteilten musikalischen Erlebnissen, auf zahlreichen durchaus auch kontroversen Gesprächen sowie so einigen verbindenden Interessen. Wie die Musik, gehört dazu auch die Architektur, die mich als Kunsthistoriker in erster Linie als ein ästhetisches Phänomen beschäftigt. Und genau an der Stelle sind Architektur und Musik eng miteinander verwoben. Schon die Proportionsprinzipien antiker Tempel basierten auf Schwingungsverhältnissen sich zur Oktave ergänzender musikalischer Intervalle. Dies ist das offene Geheimnis ihrer harmonischen Erscheinung. Genauso wie spannungsgeladene Intervalle für die entsprechenden Akzente im gebauten Proportionssystem sorgen und damit ganz bestimmte Wirkungen erzielen.
Auch für Rainer Köhler spielt die Musik in der Architektur eine besondere Rolle. In der Festschrift zu seinem 40jährigen Berufsjubiläum von 2008 hieß es:
„Wie sein Vater, liebt er die Musik. Das menschliche Vermögen, Melodien, Harmonien und Rhythmen zu erfinden, verblüfft. Das erstaunlichste an der Musik Johann Sebastian Bachs ist ihre Architektur, ihre Konstruktion wirkt klar und durchsichtig. Man kann die melodischen, harmonischen und rhythmischen Elemente deutlich verfolgen, ohne das Gefühl für die ganze Komposition zu verlieren. Eine klare Struktur liegt dem Werk zugrunde. Konstruktion ist die Kunst, aus vielen Einzelteilen ein sinnvolles Ganzes zu formen. Häuser sind Zeugnisse der menschlichen Fähigkeit, konkrete, also für den Menschen nützliche Dinge zu planen. Manchmal, wenn ein Bauwerk ihn berührt wie eine Musik, ein Stück Literatur oder ein Bild, ist er versucht, an diesen Kosmos zu glauben.“
Rainer Köhler lernte die Musik von Bach sogar als praktizierender Musiker kennen, als er in seiner Jugend die Kirchenorgel in Gauting spielte. Das Musikalische wie das Bildnerische war ihm sozusagen in die Wiege gelegt worden. Seine Mutter war Opernsängerin, die als Mitglied der Bayerischen Staatsoper noch Carl Orff und Richard Strauss persönlich kennen lernen durfte. Seinen Vater, den Kunstmaler Karl Köhler, der 1987 den Günther-Klinge-Kulturpreis erhielt, haben viele Gautinger noch in lebendiger Erinnerung. Rainer Köhler war 10 Jahre alt, als seine Mutter starb. Ein Verlust, den der Vater mit viel Liebe und Fürsorge offenbar erfolgreich zu kompensieren verstand.
Die bereits genannte Festschrift lässt Rainer Köhler auch mit sehr persönlichen Aussagen zu Wort kommen:
„Wenn ich an Architektur denke, steigen in mir viele Bilder auf. Viele dieser Bilder stehen im Zusammenhang mit meiner Studienzeit und mit der späteren Zeit als Architekt. Sie enthalten die vielen Wettbewerbe schon aus der Studienzeit, Architektur-Exkursionen und das berufliche Wissen, das ich mir im Laufe der Zeit erwerben konnte.
Andere Bilder haben mit meiner Kindheit zu tun. Ich erinnere mich an jene Zeit in meinem Leben, in der ich Kunst und später Architektur erlebte, damals ohne darüber nachzudenken. Noch glaube ich, die Ölfarbe und das Terpentin, das mein Vater zum Säubern der Pinsel brauchte, zu riechen. Ich denke an Begegnungen am Abend im väterlichen Atelier, wo mein Vater bis zu seinem Tode fast täglich arbeitete. Oder an Reisen nach dem Krieg nach Ravenna, Südfrankreich oder zur Wallfahrtskirche Ronchamps von Le Corbusier, wohin unser Vater uns Kinder mitnahm. Aber auch an Musica-Viva-Konzerte im Herkulessaal, wo ich 1956 Igor Strawinsky auf seiner einzigen Deutschlandtour persönlich erleben durfte. Alles erscheint klar und deutlich – die Atmosphäre dieser Augenblicke haben sich eingeprägt und letztlich meinen berufsweg vorgezeichnet.“
Wie so viele große Dinge, begann Rainer Köhlers Karriere als Architekt recht unspektakulär. Zwar heimste er bereits als Student einige Preise bei Architekturwettbewerben ein und schloss das Studium 1969 als Jahrgangsbester mit Auszeichnung ab. Der erste Auftrag, die Verbandsschule Monheim mit Turn- und Schwimmhalle, musste allerdings noch am heimischen Küchentisch abgewickelt werden, bevor das eigene Büro gegründet war. Der Schulbau und ähnlich große Bauaufgaben, wie Turnhallen, Banken, Amtsgebäude, wissenschaftliche Institute usw., sollten aber das Spezialgebiet des Büros bleiben, wovon es heute in ganz Bayern – und darüber hinaus – zahlreiche Zeugnisse gibt. Um das architektonische Werk Rainer Köhlers auch nur skizzenhaft zu würdigen, würde hier den Rahmen erheblich sprengen. Aus den über 15 Mitarbeitern 2008 sind es heute etwa 50 Planer und Bauleiter geworden, nachdem Rainer Köhler es nicht versäumt hatte, rechtzeitig Partner zu finden, die sein Büro weiterhin wachsen und gedeihen lassen.
Die Prinzipien Rainer Köhlers Bauweise wurden schon im ersten Auftrag deutlich, was von seiner frühen künstlerischen Reife zeugt: strenge Systematik, klare Linienführung, Le Corbusiers Sichtbeton-Oberflächen und offene Konstruktion. Kurzum eine Mischung aus Bach, Beethoven und Schostakowitsch. Aber da gibt es auch eigene Ideen, die sich im Laufe der Jahre zunehmend zu Hauptthemen entwickelten. Zum einen die Farbe in kraftvollen Tönen, die aber keinesfalls als plakative Ausmalung von Flächen und Bauteilen zu denken ist. Beim Errichten Rainer Köhlers Bauwerken hat der Anstreicher ein Kunstmaler zu sein, der die Farben in einer Vielzahl von Nuancen, meist lasierend und in sorgsam differenzierten Tönen aufzutragen hat. Es geht eben um Farbklänge und um Lichtregie. Die zweite Eigenheit sind die Raumstrukturen, die stets auf zentrale Räume fokussiert sind und die Gemeinschaft, das Zusammensein zum Gegenstand haben.
Und das ist aus meiner Sicht der zentrale Aspekt, dem der Kulturpreis in erster Linie zu gelten hat. Denn für Rainer Köhler ist weder Architektur noch eine Konzertveranstaltung Selbstzweck. Stets geht es ihm mit seinem legendären, überschäumenden Enthusiasmus und seiner leidenschaftlichen Begeisterung für die Sache darum, Menschen zusammenzubringen, damit sie sich der Gemeinschaft bewusst werden. Auch als er als Gemeinderat in den zwei Wahlperioden von 1972 bis 1984 politisch aktiv war, setzte er sich für die Kultur als Ort der geistvollen Begegnung intensiv ein.
Es geht Rainer Köhler aber auch explizit darum, den Gautingern die Möglichkeit zu geben, vor Ort Weltklassemusik zu erleben. Eine Bemühung übrigens, die im gesamten Münchner Umland Schule gemacht hat und im Fünfseenland auch andere Veranstalter erfolgreich herausgefordert hat, die Qualität ihrer Angebote deutlich zu steigern. In den über 220 vom Ehepaar Köhler finanziell geförderten Konzerten, dabei auch auf dem von ihm gestiftetem Konzertflügel, wuchs denn auch nach und nach ein fachkundiger, kritischer Publikumsstamm, der den Ruf Gautings und des Fünfseenlandes als Klassikenklave mittlerweile weltweit begründete. Darauf ist Rainer Köhler vor allem deshalb stolz, weil er Gauting seine Heimat nennt und sich zu ihr voll und ganz bekennt.
Und auch an diesem Punkt sind wir uns beide, Rainer Köhler und ich, einig: Kultur sind nicht die musizierende Virtuosen, ein paar Bilder an der Wand oder in Rollen schlüpfende Schauspieler. Kultur sind die Aussagen, die sie mit ihrem Tun treffen, die den Besuchern in Verbindung mit dem bestimmten Ort Anlass geben, über etwas zu reflektieren, sich zu begegnen, gemeinschaftlich etwas ganz Besonderes zu erleben, sich darüber und über das dabei Empfundene auszutauschen und das daraus gewonnene, erhebende Gefühl in den Alltag hinauszutragen. Kultur sind auch die Regeln des Zusammenlebens, die sich der Künste bedienen, um ihren Sinn zu ergründen, um andere Sichtweisen zu erproben, um sich des Eigenen, des Fremden und des Verbindenden unvoreingenommen bewusst zu werden. Die Künste, und dazu gehört auch die Architektur als Baukunst, sind das Experimentierfeld unseres Lebens und die Schule des ästhetischen Bewusstseins, das dem Leben Schönheit verleiht. In diesem Sinne kann das Wirken von Rainer Köhler nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Rainer Köhler hat bereits einige Auszeichnungen erhalten, sowohl als Architekt als auch als künstlerischer Leiter des Gautinger Klassikforums. Doch ich weiß, dass ihm der Günther-Klinge-Kulturpreis besonders viel bedeutet, weil es ihm in seinen Bemühungen immer um Gauting und seine Bewohner ging. Deshalb freue ich mich besonders, dass ihm diese Ehre nun zuteilwird und ich beglückwünsche ihn dazu in freundschaftlicher Verbundenheit aus ganzem Herzen.
Reinhard Palmer, Juli 2017
Sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, amtierende wie ehemalige, sehr geehrte Gemeinderäte, verehrtes Publikum, liebe Gertrud Köhler in Vertretung für Rainer Köhler, der krankheitsbedingt den Kulturpreis leider nicht persönlich in Empfang nehmen kann.
Es ist mir eine besondere Ehre, diese Laudatio halten zu dürfen. Nicht nur, weil wir – Rainer Köhler auf der Veranstalter Seite, ich seitens der Süddeutschen Zeitung als Rezensent – im Grunde um dieselbe Sache bemüht sind, sondern weil uns mittlerweile eine enge Freundschaft verbindet. Sie basiert auf vielen miteinander geteilten musikalischen Erlebnissen, auf zahlreichen durchaus auch kontroversen Gesprächen sowie so einigen verbindenden Interessen. Wie die Musik, gehört dazu auch die Architektur, die mich als Kunsthistoriker in erster Linie als ein ästhetisches Phänomen beschäftigt. Und genau an der Stelle sind Architektur und Musik eng miteinander verwoben. Schon die Proportionsprinzipien antiker Tempel basierten auf Schwingungsverhältnissen sich zur Oktave ergänzender musikalischer Intervalle. Dies ist das offene Geheimnis ihrer harmonischen Erscheinung. Genauso wie spannungsgeladene Intervalle für die entsprechenden Akzente im gebauten Proportionssystem sorgen und damit ganz bestimmte Wirkungen erzielen.
Auch für Rainer Köhler spielt die Musik in der Architektur eine besondere Rolle. In der Festschrift zu seinem 40jährigen Berufsjubiläum von 2008 hieß es:
„Wie sein Vater, liebt er die Musik. Das menschliche Vermögen, Melodien, Harmonien und Rhythmen zu erfinden, verblüfft. Das erstaunlichste an der Musik Johann Sebastian Bachs ist ihre Architektur, ihre Konstruktion wirkt klar und durchsichtig. Man kann die melodischen, harmonischen und rhythmischen Elemente deutlich verfolgen, ohne das Gefühl für die ganze Komposition zu verlieren. Eine klare Struktur liegt dem Werk zugrunde. Konstruktion ist die Kunst, aus vielen Einzelteilen ein sinnvolles Ganzes zu formen. Häuser sind Zeugnisse der menschlichen Fähigkeit, konkrete, also für den Menschen nützliche Dinge zu planen. Manchmal, wenn ein Bauwerk ihn berührt wie eine Musik, ein Stück Literatur oder ein Bild, ist er versucht, an diesen Kosmos zu glauben.“
Rainer Köhler lernte die Musik von Bach sogar als praktizierender Musiker kennen, als er in seiner Jugend die Kirchenorgel in Gauting spielte. Das Musikalische wie das Bildnerische war ihm sozusagen in die Wiege gelegt worden. Seine Mutter war Opernsängerin, die als Mitglied der Bayerischen Staatsoper noch Carl Orff und Richard Strauss persönlich kennen lernen durfte. Seinen Vater, den Kunstmaler Karl Köhler, der 1987 den Günther-Klinge-Kulturpreis erhielt, haben viele Gautinger noch in lebendiger Erinnerung. Rainer Köhler war 10 Jahre alt, als seine Mutter starb. Ein Verlust, den der Vater mit viel Liebe und Fürsorge offenbar erfolgreich zu kompensieren verstand.
Die bereits genannte Festschrift lässt Rainer Köhler auch mit sehr persönlichen Aussagen zu Wort kommen:
„Wenn ich an Architektur denke, steigen in mir viele Bilder auf. Viele dieser Bilder stehen im Zusammenhang mit meiner Studienzeit und mit der späteren Zeit als Architekt. Sie enthalten die vielen Wettbewerbe schon aus der Studienzeit, Architektur-Exkursionen und das berufliche Wissen, das ich mir im Laufe der Zeit erwerben konnte.
Andere Bilder haben mit meiner Kindheit zu tun. Ich erinnere mich an jene Zeit in meinem Leben, in der ich Kunst und später Architektur erlebte, damals ohne darüber nachzudenken. Noch glaube ich, die Ölfarbe und das Terpentin, das mein Vater zum Säubern der Pinsel brauchte, zu riechen. Ich denke an Begegnungen am Abend im väterlichen Atelier, wo mein Vater bis zu seinem Tode fast täglich arbeitete. Oder an Reisen nach dem Krieg nach Ravenna, Südfrankreich oder zur Wallfahrtskirche Ronchamps von Le Corbusier, wohin unser Vater uns Kinder mitnahm. Aber auch an Musica-Viva-Konzerte im Herkulessaal, wo ich 1956 Igor Strawinsky auf seiner einzigen Deutschlandtour persönlich erleben durfte. Alles erscheint klar und deutlich – die Atmosphäre dieser Augenblicke haben sich eingeprägt und letztlich meinen berufsweg vorgezeichnet.“
Wie so viele große Dinge, begann Rainer Köhlers Karriere als Architekt recht unspektakulär. Zwar heimste er bereits als Student einige Preise bei Architekturwettbewerben ein und schloss das Studium 1969 als Jahrgangsbester mit Auszeichnung ab. Der erste Auftrag, die Verbandsschule Monheim mit Turn- und Schwimmhalle, musste allerdings noch am heimischen Küchentisch abgewickelt werden, bevor das eigene Büro gegründet war. Der Schulbau und ähnlich große Bauaufgaben, wie Turnhallen, Banken, Amtsgebäude, wissenschaftliche Institute usw., sollten aber das Spezialgebiet des Büros bleiben, wovon es heute in ganz Bayern – und darüber hinaus – zahlreiche Zeugnisse gibt. Um das architektonische Werk Rainer Köhlers auch nur skizzenhaft zu würdigen, würde hier den Rahmen erheblich sprengen. Aus den über 15 Mitarbeitern 2008 sind es heute etwa 50 Planer und Bauleiter geworden, nachdem Rainer Köhler es nicht versäumt hatte, rechtzeitig Partner zu finden, die sein Büro weiterhin wachsen und gedeihen lassen.
Die Prinzipien Rainer Köhlers Bauweise wurden schon im ersten Auftrag deutlich, was von seiner frühen künstlerischen Reife zeugt: strenge Systematik, klare Linienführung, Le Corbusiers Sichtbeton-Oberflächen und offene Konstruktion. Kurzum eine Mischung aus Bach, Beethoven und Schostakowitsch. Aber da gibt es auch eigene Ideen, die sich im Laufe der Jahre zunehmend zu Hauptthemen entwickelten. Zum einen die Farbe in kraftvollen Tönen, die aber keinesfalls als plakative Ausmalung von Flächen und Bauteilen zu denken ist. Beim Errichten Rainer Köhlers Bauwerken hat der Anstreicher ein Kunstmaler zu sein, der die Farben in einer Vielzahl von Nuancen, meist lasierend und in sorgsam differenzierten Tönen aufzutragen hat. Es geht eben um Farbklänge und um Lichtregie. Die zweite Eigenheit sind die Raumstrukturen, die stets auf zentrale Räume fokussiert sind und die Gemeinschaft, das Zusammensein zum Gegenstand haben.
Und das ist aus meiner Sicht der zentrale Aspekt, dem der Kulturpreis in erster Linie zu gelten hat. Denn für Rainer Köhler ist weder Architektur noch eine Konzertveranstaltung Selbstzweck. Stets geht es ihm mit seinem legendären, überschäumenden Enthusiasmus und seiner leidenschaftlichen Begeisterung für die Sache darum, Menschen zusammenzubringen, damit sie sich der Gemeinschaft bewusst werden. Auch als er als Gemeinderat in den zwei Wahlperioden von 1972 bis 1984 politisch aktiv war, setzte er sich für die Kultur als Ort der geistvollen Begegnung intensiv ein.
Es geht Rainer Köhler aber auch explizit darum, den Gautingern die Möglichkeit zu geben, vor Ort Weltklassemusik zu erleben. Eine Bemühung übrigens, die im gesamten Münchner Umland Schule gemacht hat und im Fünfseenland auch andere Veranstalter erfolgreich herausgefordert hat, die Qualität ihrer Angebote deutlich zu steigern. In den über 220 vom Ehepaar Köhler finanziell geförderten Konzerten, dabei auch auf dem von ihm gestiftetem Konzertflügel, wuchs denn auch nach und nach ein fachkundiger, kritischer Publikumsstamm, der den Ruf Gautings und des Fünfseenlandes als Klassikenklave mittlerweile weltweit begründete. Darauf ist Rainer Köhler vor allem deshalb stolz, weil er Gauting seine Heimat nennt und sich zu ihr voll und ganz bekennt.
Und auch an diesem Punkt sind wir uns beide, Rainer Köhler und ich, einig: Kultur sind nicht die musizierende Virtuosen, ein paar Bilder an der Wand oder in Rollen schlüpfende Schauspieler. Kultur sind die Aussagen, die sie mit ihrem Tun treffen, die den Besuchern in Verbindung mit dem bestimmten Ort Anlass geben, über etwas zu reflektieren, sich zu begegnen, gemeinschaftlich etwas ganz Besonderes zu erleben, sich darüber und über das dabei Empfundene auszutauschen und das daraus gewonnene, erhebende Gefühl in den Alltag hinauszutragen. Kultur sind auch die Regeln des Zusammenlebens, die sich der Künste bedienen, um ihren Sinn zu ergründen, um andere Sichtweisen zu erproben, um sich des Eigenen, des Fremden und des Verbindenden unvoreingenommen bewusst zu werden. Die Künste, und dazu gehört auch die Architektur als Baukunst, sind das Experimentierfeld unseres Lebens und die Schule des ästhetischen Bewusstseins, das dem Leben Schönheit verleiht. In diesem Sinne kann das Wirken von Rainer Köhler nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Rainer Köhler hat bereits einige Auszeichnungen erhalten, sowohl als Architekt als auch als künstlerischer Leiter des Gautinger Klassikforums. Doch ich weiß, dass ihm der Günther-Klinge-Kulturpreis besonders viel bedeutet, weil es ihm in seinen Bemühungen immer um Gauting und seine Bewohner ging. Deshalb freue ich mich besonders, dass ihm diese Ehre nun zuteilwird und ich beglückwünsche ihn dazu in freundschaftlicher Verbundenheit aus ganzem Herzen.
Reinhard Palmer, Juli 2017