Nach(t)kritik
ARD-Preisträger 1: Stimmige Entwicklung
Veranstaltung: ARD-Preisträger: 1. KonzertDie Programmzusammenstellung war schon etwas sonderbar, Zusammenhänge zwischen den Werken nur schwer erkennbar. Nichtsdestotrotz gelang es den vier jungen Musikern, die Spannung über die weite Strecke, die sie und die Zuhörer zu gehen hatten, aufrechtzuerhalten. Ja, sogar mehr als das: Obgleich hier kein festes Ensemble auf der Bühne stand, sondern ein Quartett, das vor wenigen Tagen überhaupt erstmals miteinander musizierte, erstaunte es mit einer Homogenität, für die so manch ein anderes Ensemble viele Jahre des Zusammenspiels benötigt. Das spricht natürlich für den Internationalen ARD-Musikwettbewerb, dessen Preisträger nun im bosco bewiesen, dass bis zum Finale nur gelangt, wer weit mehr zu bieten hat als technisches Können.
Im Alter zwischen 22 und 30 Jahren offenbarten Christel Lee (Violine / USA), Yura Lee (Viola / Südkorea), Bruno Philippe (Violoncello / Frankreich) und Florian Mitrea (Klavier / Rumänien) vor allem eine ausgeprägte emotionale Reife, die besonders deutlich in den feinen Nuancen der leisen Momente zu spüren war. Zudem verstand das Ensemble auch, diese sensiblen Stellen in für den jeweiligen Komponisten typischer Weise zu erfassen. Sogleich in Mozarts Klavierquartett g-Moll KV 478 bezauberte es mit einer wunderbar leichten Textur, transparent und in absolut stimmigen Farben schillernd. Klavier und die Streichergruppe gingen so weit aufeinander ein, dass hier keinerlei Distanz bestand, was gewiss speziell auch der perlenden Zurückhaltung Mitreas zu verdanken war. Warum einst die Zeitgenossen Mozarts mit dem Werk ihre Mühe hatten und „alles gähnte vor Langerweile über dem unverständlichen Tintamarre von 4 Instrumenten“, konnte man hier nicht einmal erahnen. Gerade im Andante entfachten die vier Musiker einen überaus transparenten Dialog in nahezu lieblicher Schlichtheit.
Ähnlich im Impetus erklang Haydns Divertimento für Streichtrio B-Dur Hob.V:8, in dem das Ensemble ohne Klavier noch geschlossener wirkte. Hier kam es auf lustvolle Musizierfreude an, doch angemessen maßvoll nicht nur in Dynamik und Agogik, sondern auch im Tempo, das auf keinen Fall forciert werden darf. Und die drei Musiker spürten mit viel Geduld der jeweiligen Charakteristik der Adagio-Variationen im Kopfsatz nach, aber auch den weiten Gedanken im unbeschwerten Menuett. Doch in der Feinsinnigkeit und Zartheit der farbigen Substanz war das Ensemble hier noch lange nicht an die Grenzen gelangt. In Faurés Klavierquartett c-Moll op. 15 sollten noch weit zärtlichere Momente zu erleben sein. Großartig, wie die Musiker hier aus weiten, im Kolorit blühenden Zurücknahmen eine enorme Ausdruckskraft gewinnen konnten. Schon im Kopfsatz erschien ein melodischer Gesang in dieser Art, sollte sich dann mit luftiger Thematik im Adagio nochmals steigern.
Das Ensemble konnte aber auch anders: kraftvoll, leidenschaftlich und mit großer Musizierlust. Schon bei Mozart kamen die schnellen Rahmensätze überaus vital daher. Haydns Kehraus-Finale bestach mit einer geistreich-spielfreudigen Galanterie. Bei Fauré sollte schließlich alles kulminieren. Der tänzerische Rhythmus des Kopfsatzthemas kündigte schon an, was schließlich mit viel Temperament im Allegro-Finale in Erfüllung gehen sollte: Markant im Rhythmus bewegte sich alles kraftvoll, doch in gut überlegten Schritten auf ein orchestrales Finale zu.
Die Sonate op. 8 von Zoltán Kodály als Einschub vor dem Fauré-Werk musste in dieser Entwicklung zwangsläufig als Störenfried wirken. Die erstplatzierte Preisträgerin Yura Lee stellte sich hier der Viola-Fassung des Cellowerkes mit geballter Konzentration und einer ordentlicher Ladung temperamentvoller Virtuosität. Kodály hatte schließlich reichlich dunkle Substanz bäuerlicher Folkloristik ungarischer Provenienz in die drei improvisiert wirkenden Sätze der Sonate gepackt, sodass das Werk der Bratschistin, die übrigens ansonsten auch eine meisterhafte Geigerin ist, enorm viel Energie abverlangte. Mit intensiver Substanz stemmte die Südkoreanerin die großen Gesänge, spieltechnischen Finessen, virtuosen Eskapaden und polterndes Musikantentum unter einem weiten Spannungsbogen, der – mit seelentiefer Ausdruckskraft angefüllt – die Überlänge gut überstand.
Der lang beklatschte Abend bot viel Vorfreude auf den zweiten Auftritt der vier Musiker.
Im Alter zwischen 22 und 30 Jahren offenbarten Christel Lee (Violine / USA), Yura Lee (Viola / Südkorea), Bruno Philippe (Violoncello / Frankreich) und Florian Mitrea (Klavier / Rumänien) vor allem eine ausgeprägte emotionale Reife, die besonders deutlich in den feinen Nuancen der leisen Momente zu spüren war. Zudem verstand das Ensemble auch, diese sensiblen Stellen in für den jeweiligen Komponisten typischer Weise zu erfassen. Sogleich in Mozarts Klavierquartett g-Moll KV 478 bezauberte es mit einer wunderbar leichten Textur, transparent und in absolut stimmigen Farben schillernd. Klavier und die Streichergruppe gingen so weit aufeinander ein, dass hier keinerlei Distanz bestand, was gewiss speziell auch der perlenden Zurückhaltung Mitreas zu verdanken war. Warum einst die Zeitgenossen Mozarts mit dem Werk ihre Mühe hatten und „alles gähnte vor Langerweile über dem unverständlichen Tintamarre von 4 Instrumenten“, konnte man hier nicht einmal erahnen. Gerade im Andante entfachten die vier Musiker einen überaus transparenten Dialog in nahezu lieblicher Schlichtheit.
Ähnlich im Impetus erklang Haydns Divertimento für Streichtrio B-Dur Hob.V:8, in dem das Ensemble ohne Klavier noch geschlossener wirkte. Hier kam es auf lustvolle Musizierfreude an, doch angemessen maßvoll nicht nur in Dynamik und Agogik, sondern auch im Tempo, das auf keinen Fall forciert werden darf. Und die drei Musiker spürten mit viel Geduld der jeweiligen Charakteristik der Adagio-Variationen im Kopfsatz nach, aber auch den weiten Gedanken im unbeschwerten Menuett. Doch in der Feinsinnigkeit und Zartheit der farbigen Substanz war das Ensemble hier noch lange nicht an die Grenzen gelangt. In Faurés Klavierquartett c-Moll op. 15 sollten noch weit zärtlichere Momente zu erleben sein. Großartig, wie die Musiker hier aus weiten, im Kolorit blühenden Zurücknahmen eine enorme Ausdruckskraft gewinnen konnten. Schon im Kopfsatz erschien ein melodischer Gesang in dieser Art, sollte sich dann mit luftiger Thematik im Adagio nochmals steigern.
Das Ensemble konnte aber auch anders: kraftvoll, leidenschaftlich und mit großer Musizierlust. Schon bei Mozart kamen die schnellen Rahmensätze überaus vital daher. Haydns Kehraus-Finale bestach mit einer geistreich-spielfreudigen Galanterie. Bei Fauré sollte schließlich alles kulminieren. Der tänzerische Rhythmus des Kopfsatzthemas kündigte schon an, was schließlich mit viel Temperament im Allegro-Finale in Erfüllung gehen sollte: Markant im Rhythmus bewegte sich alles kraftvoll, doch in gut überlegten Schritten auf ein orchestrales Finale zu.
Die Sonate op. 8 von Zoltán Kodály als Einschub vor dem Fauré-Werk musste in dieser Entwicklung zwangsläufig als Störenfried wirken. Die erstplatzierte Preisträgerin Yura Lee stellte sich hier der Viola-Fassung des Cellowerkes mit geballter Konzentration und einer ordentlicher Ladung temperamentvoller Virtuosität. Kodály hatte schließlich reichlich dunkle Substanz bäuerlicher Folkloristik ungarischer Provenienz in die drei improvisiert wirkenden Sätze der Sonate gepackt, sodass das Werk der Bratschistin, die übrigens ansonsten auch eine meisterhafte Geigerin ist, enorm viel Energie abverlangte. Mit intensiver Substanz stemmte die Südkoreanerin die großen Gesänge, spieltechnischen Finessen, virtuosen Eskapaden und polterndes Musikantentum unter einem weiten Spannungsbogen, der – mit seelentiefer Ausdruckskraft angefüllt – die Überlänge gut überstand.
Der lang beklatschte Abend bot viel Vorfreude auf den zweiten Auftritt der vier Musiker.
Reinhard Palmer, 21.05.2015
Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.