Nach(t)kritik
“...damit ich an diesem Ort ankomme”
Veranstaltung: Tee bei Sabine: Hans-Georg Krause, 25 Jahre Vorsitzender des TheaterforumsLange hatte Kulturjournalistin Sabine Zaplin darauf hingearbeitet, dass Hans-Georg Krause zu ihr zum Tee-Gespräch kommt. Doch erst zum Finale seiner aktiven Zeit als Leiter des 25jährigen Theaterforums Gauting gelang der Kulturjournalistin das Bravour-Stück: Der wortkarge pensionierte Hauptschullehrer und leidenschaftliche Theaterfan saß erstmals selbst im Rampenlicht des überfüllten bosco-Saals – und sprach über die Geschichte seines Lebenswerks als „Kulturschaffender.“
Dass Hans-Georg Krause, Gründer der Schüler-Theatertage, für jeden Journalisten eine harte Nuss ist, die es zu knacken gilt, war Moderatorin Sabine Zaplin zwar schon seit ihrer Zeit bei der SZ Starnberg klar. Dennoch gelang es der Kulturjournalistin bei diesem „Tee bei Sabine“, dem einsilbigen Gautinger Lehrer die eine oder andere Geschichte aus der Nase zu ziehen:
Mit dem Theater-Virus „infiziert“ wurde der in Regensburg aufgewachsene Jung-Lehrer bei einer Städtereise nach Wien, bekennt Hans-Georg Krause vorn auf der Bühne. Als er im Burgtheater Klaus Maria Brandauer, „die alte Rampensau“, in der Rolle des Hamlets erlebte, „saß ich zwei Stunden mit offenem Mund da.“
Fast zeitgleich gab Josef Bierbichler im Münchner Residenztheater den Totengräber in Shakespeares „Hamlet“ - mit demselben Effekt: „Ich saß wieder mit offenem Mund da.“ Um Hans-Georg Krause war`s danach geschehen. Anfang der 1990er-Jahre gründete der Lehrer an der Gautinger Hauptschule die landkreisweiten „Schülertheatertage.“
„Wer neu an einen Ort zieht, nimmt diesen Ort von außen anders wahr“, findet der Oberpfälzer, der seine berufliche Laufbahn 1976 in Gauting begann. Als „politischer Mensch“ erlebte Krause schon ein Jahr später den Abriss des Gautinger Traditions-Gasthauses „Würmbad“ am Hauptplatz (heute Tengelmann-, beziehungsweise Edeka-Komplex) - und mischte sich ein, „weil ich mich für diesen Ort interessiere“, sagt Hans-Georg Krause. Mit Gautinger Jugendlichen gründete der Lehrer die Zeitschrift „Beisszangerl.“ Zum Beweis hielt der „politische Mensch“ ein gedrucktes Exemplar in die Höhe: Schon im Juni 1981 war „Wohnungsnot“ das große Thema in Gauting – und stand auf dem Titel.
„Doch irgendwann ging die Beisszangerl-Phase“ der jungen außerparlamentarischen Opposition gegen den von der CSU-Mehrheit dominierten Gautinger Gemeinderat „zu Ende“, erzählt der pensionierte Lehrer im lockeren Gespräch. Um seinen Wohnort „näher kennen zu lernen“, publizierte Hans-Georg Krause schließlich 1989 den leider vergriffenen Bildband „Gauting in historischen Fotografien.“
Noch genau erinnert sich Kulturjournalistin Sabine Zaplin an den Auftritt des Kabarettisten Gerhard Polt mit Pianist Wolfgang Leibnitz - in der überfüllten großen Dreifach-Turnhalle der örtlichen Hauptschule. „Gauting braucht einen Kultursaal“ prangte damals auf dem Transparent.
„Immer, wenn die Bude voll war, nutzte ich die Gelegenheit für meine Forderung“, erinnert sich Hans-Georg Krause mit verschmitztem Lächeln.
Denn im TheaterSpielRaum der Hauptschule fand die Gautinger Kultur noch im Keller statt. Aber Kultur gehöre „mitten in den Ort“ - als Begegnungsstätte.
Gemeinsam mit Jens Gross, heute Schauspieldirektor in Bonn, formulierte Krause deshalb bei einem Sommerfest 1991 im Schlosspark ein „diskursives Gutachten“ – zum künftigen Kulturkonzept, zunächst anonym.
Denn Gauting „hat so viele kreative Menschen, die Räume brauchen.“
Als Einzelkämpfer gründete der Lehrer schließlich den Verein Theaterforum – „ohne Dampfplauderer. Die Gautinger Künstlerin Rosemarie Zacher und ihre Theater-Figur im purpurroten Mantel waren von Anfang an dabei.
„Über viele Schritte“ hatte Hans-Georg Krause irgendwann die Gautinger Ratsmehrheit unter Bürgermeisterin Brigitte Servatius hinter sich: 2005 eröffnete der Bürger- und Kultursaal im umgebauten „Don-Bosco-Heim“ mitten im Ort: „Das war eine Zeitenwende“, wirft der Gründer des 25jährigen Theaterforums den Blick zurück. Im bosco gastierte das Theater an der Ruhr. Manfred Frei startete die Reihe „Jazzforum.“ Und der unvergessene Architekt Rainer Köhler, der die Frauenkirche für seine hoch karätig besetzten Klassikkonzerte verloren hatte, „weil der neue Pfarrer das zu weltlich fand“, zog ebenfalls ins bosco.
„Im ständigen Prozess“, entwickelten sich außer Schauspiel und Kabarett neue Formate wie die Reihen Vielklang, Heimspiel oder Literatur.
„Sie können sich eine Menge Geld sparen, wenn Sie mitarbeiten“: Mit diesen Worten hat laut Moderatorin Sabine Zaplin Hans-Georg Krause einst Werner Gruban mit Erfolg geworben – als Leiter des Literaturforums. Beim gemeinsamen „Hirnsturm“ (Brainstorming) setze die große Gautinger Theaterforums-Familie mit 50 Ehrenamtlichen regelmäßig das um, was früher im „diskursiven Gutachten“ stand, sagt Sabine Zaplin.
„Reines Unterhaltungsprogramm ist uns zu langweilig“, bekennt sich der Gründer des Theaterforums zu Inhalten auf „Qualitätsniveau.“ Deshalb gebe es im bosco weder Comedy noch Boulevard wie abends im TV. Denn „wenn wir schon Subventionen von der Gemeinde, vom Landkreis und vom Bezirk Oberbayern kriegen“, müsse es um ernsthafte Inhalte gehen.
„Raus aus dem Vorstand des Theaterforums, raus aus der Administration: Wie sieht Deine Zukunft aus?“, fragt Sabine Zaplin vom „Hirnsturm“-Team den Ehrenamtlichen. „Meine Hauptaufgabe sehe ich darin, dass ich mich zurückhalte – und aktiv loslasse“, antwortet der 67Jährige.
Da verlangt die Moderatorin doch noch eine Vervollständigung ihres Satzes: „In der Zukunft braucht Gauting…“ Krause antwortet prompt „…Politiker, die Verständnis haben und die Notwendigkeit von Kultur erkennen.“ Bei der Kommunalwahl 2020 hätten es die Gautinger wieder in der Hand, wo sie ihr Kreuzchen machen, blickt der Gründer des Theaterforums voraus – und der ganze Saal applaudiert.
„Du bist der, dessen Name nicht genannt werden soll“, räumt der Ex-Kulturspektakler und heutige Schauspieler Sebastian Hofmüller ein. Doch in einem viertel Jahrhundert Theaterforum „hast Du vielen den Weg bereitet, den Ort bewegt, belebt und gestaltet“, spricht Hofmüller seinen persönlichen Dank – und dem Publikum aus der Seele.
Etwa 120 Gautinger applaudieren mit Getrampel und Standing Ovations. Doch Krause, die „harte Nuss“, antwortet typisch wortkarg: „Ich habe das nur gemacht, damit ich in diesem Ort ankomme.“
Dass Hans-Georg Krause, Gründer der Schüler-Theatertage, für jeden Journalisten eine harte Nuss ist, die es zu knacken gilt, war Moderatorin Sabine Zaplin zwar schon seit ihrer Zeit bei der SZ Starnberg klar. Dennoch gelang es der Kulturjournalistin bei diesem „Tee bei Sabine“, dem einsilbigen Gautinger Lehrer die eine oder andere Geschichte aus der Nase zu ziehen:
Mit dem Theater-Virus „infiziert“ wurde der in Regensburg aufgewachsene Jung-Lehrer bei einer Städtereise nach Wien, bekennt Hans-Georg Krause vorn auf der Bühne. Als er im Burgtheater Klaus Maria Brandauer, „die alte Rampensau“, in der Rolle des Hamlets erlebte, „saß ich zwei Stunden mit offenem Mund da.“
Fast zeitgleich gab Josef Bierbichler im Münchner Residenztheater den Totengräber in Shakespeares „Hamlet“ - mit demselben Effekt: „Ich saß wieder mit offenem Mund da.“ Um Hans-Georg Krause war`s danach geschehen. Anfang der 1990er-Jahre gründete der Lehrer an der Gautinger Hauptschule die landkreisweiten „Schülertheatertage.“
„Wer neu an einen Ort zieht, nimmt diesen Ort von außen anders wahr“, findet der Oberpfälzer, der seine berufliche Laufbahn 1976 in Gauting begann. Als „politischer Mensch“ erlebte Krause schon ein Jahr später den Abriss des Gautinger Traditions-Gasthauses „Würmbad“ am Hauptplatz (heute Tengelmann-, beziehungsweise Edeka-Komplex) - und mischte sich ein, „weil ich mich für diesen Ort interessiere“, sagt Hans-Georg Krause. Mit Gautinger Jugendlichen gründete der Lehrer die Zeitschrift „Beisszangerl.“ Zum Beweis hielt der „politische Mensch“ ein gedrucktes Exemplar in die Höhe: Schon im Juni 1981 war „Wohnungsnot“ das große Thema in Gauting – und stand auf dem Titel.
„Doch irgendwann ging die Beisszangerl-Phase“ der jungen außerparlamentarischen Opposition gegen den von der CSU-Mehrheit dominierten Gautinger Gemeinderat „zu Ende“, erzählt der pensionierte Lehrer im lockeren Gespräch. Um seinen Wohnort „näher kennen zu lernen“, publizierte Hans-Georg Krause schließlich 1989 den leider vergriffenen Bildband „Gauting in historischen Fotografien.“
Noch genau erinnert sich Kulturjournalistin Sabine Zaplin an den Auftritt des Kabarettisten Gerhard Polt mit Pianist Wolfgang Leibnitz - in der überfüllten großen Dreifach-Turnhalle der örtlichen Hauptschule. „Gauting braucht einen Kultursaal“ prangte damals auf dem Transparent.
„Immer, wenn die Bude voll war, nutzte ich die Gelegenheit für meine Forderung“, erinnert sich Hans-Georg Krause mit verschmitztem Lächeln.
Denn im TheaterSpielRaum der Hauptschule fand die Gautinger Kultur noch im Keller statt. Aber Kultur gehöre „mitten in den Ort“ - als Begegnungsstätte.
Gemeinsam mit Jens Gross, heute Schauspieldirektor in Bonn, formulierte Krause deshalb bei einem Sommerfest 1991 im Schlosspark ein „diskursives Gutachten“ – zum künftigen Kulturkonzept, zunächst anonym.
Denn Gauting „hat so viele kreative Menschen, die Räume brauchen.“
Als Einzelkämpfer gründete der Lehrer schließlich den Verein Theaterforum – „ohne Dampfplauderer. Die Gautinger Künstlerin Rosemarie Zacher und ihre Theater-Figur im purpurroten Mantel waren von Anfang an dabei.
„Über viele Schritte“ hatte Hans-Georg Krause irgendwann die Gautinger Ratsmehrheit unter Bürgermeisterin Brigitte Servatius hinter sich: 2005 eröffnete der Bürger- und Kultursaal im umgebauten „Don-Bosco-Heim“ mitten im Ort: „Das war eine Zeitenwende“, wirft der Gründer des 25jährigen Theaterforums den Blick zurück. Im bosco gastierte das Theater an der Ruhr. Manfred Frei startete die Reihe „Jazzforum.“ Und der unvergessene Architekt Rainer Köhler, der die Frauenkirche für seine hoch karätig besetzten Klassikkonzerte verloren hatte, „weil der neue Pfarrer das zu weltlich fand“, zog ebenfalls ins bosco.
„Im ständigen Prozess“, entwickelten sich außer Schauspiel und Kabarett neue Formate wie die Reihen Vielklang, Heimspiel oder Literatur.
„Sie können sich eine Menge Geld sparen, wenn Sie mitarbeiten“: Mit diesen Worten hat laut Moderatorin Sabine Zaplin Hans-Georg Krause einst Werner Gruban mit Erfolg geworben – als Leiter des Literaturforums. Beim gemeinsamen „Hirnsturm“ (Brainstorming) setze die große Gautinger Theaterforums-Familie mit 50 Ehrenamtlichen regelmäßig das um, was früher im „diskursiven Gutachten“ stand, sagt Sabine Zaplin.
„Reines Unterhaltungsprogramm ist uns zu langweilig“, bekennt sich der Gründer des Theaterforums zu Inhalten auf „Qualitätsniveau.“ Deshalb gebe es im bosco weder Comedy noch Boulevard wie abends im TV. Denn „wenn wir schon Subventionen von der Gemeinde, vom Landkreis und vom Bezirk Oberbayern kriegen“, müsse es um ernsthafte Inhalte gehen.
„Raus aus dem Vorstand des Theaterforums, raus aus der Administration: Wie sieht Deine Zukunft aus?“, fragt Sabine Zaplin vom „Hirnsturm“-Team den Ehrenamtlichen. „Meine Hauptaufgabe sehe ich darin, dass ich mich zurückhalte – und aktiv loslasse“, antwortet der 67Jährige.
Da verlangt die Moderatorin doch noch eine Vervollständigung ihres Satzes: „In der Zukunft braucht Gauting…“ Krause antwortet prompt „…Politiker, die Verständnis haben und die Notwendigkeit von Kultur erkennen.“ Bei der Kommunalwahl 2020 hätten es die Gautinger wieder in der Hand, wo sie ihr Kreuzchen machen, blickt der Gründer des Theaterforums voraus – und der ganze Saal applaudiert.
„Du bist der, dessen Name nicht genannt werden soll“, räumt der Ex-Kulturspektakler und heutige Schauspieler Sebastian Hofmüller ein. Doch in einem viertel Jahrhundert Theaterforum „hast Du vielen den Weg bereitet, den Ort bewegt, belebt und gestaltet“, spricht Hofmüller seinen persönlichen Dank – und dem Publikum aus der Seele.
Etwa 120 Gautinger applaudieren mit Getrampel und Standing Ovations. Doch Krause, die „harte Nuss“, antwortet typisch wortkarg: „Ich habe das nur gemacht, damit ich in diesem Ort ankomme.“
Christine Cless-Wesle, 05.11.2018
Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.