Nach(t)kritik
Die Weisheit der Füchse in einer wackelnden Welt
Veranstaltung: Josef Brustmann: Fuchs-Treff - nix für HasenfüßeDer wohl bekannteste Fuchs der Literaturgeschichte hat einmal einen weizenblonden kleinen Jungen darum gebeten, eine in Vergessenheit geratene Sache an ihm auszuprobieren: er wollte gezähmt werden. „Das bedeutet, sich vertraut machen“, erklärte der Fuchs dem kleinen Jungen. Man muss sich vertraut machen mit der ungewohnt schrägen, ungezähmten Sichtweise des poetischsten unter den süddeutschen Kabarettisten – nicht ohne Grund stellt Josef Brustmann den Fuchs ins Zentrum seines aktuellen Programms. Mit „Fuchs-Treff – nix für Hasenfüße“ eröffnet er am Samstagabend die Kabarettsaison im bosco. Und wenn der eine oder andere Zuschauer mit der Mischung aus Lyrik, Aphorismen, Assoziativem und Saitenmusik leicht hasenfüßig fremdelt, so fühlt die Mehrzahl sich doch pudelwohl im Brustmannschen Fuchsbau, der auf den zweiten Blick den heimischen vier Wänden so unähnlich nicht ist.
Josef Brustmanns Fuchs zitiert Rainer Maria Rilke und empfiehlt: „Du musst das Leben nicht verstehen, dann wird es werden wie ein Fest.“ Und wenn der Fuchs eines versteht, dann ist es das Feiern. „Raus aus den Federn!“ rät er den Hühnern schon morgens, und am Abend zieht er frech auf den Försterball. Ein Fest winkt dem, der nicht nur mit dem Kopf zu verstehen versucht – der sich einlässt auf den Augenblick und seine tausend Farben. „Und lass dir jeden Tag geschehen, so wie ein Kind im Weitergehen von jedem Wehen sich viele Blüten schenken lässt.“ Aus Rilkes Versen gestaltet Josef Brustmann zur Zither ein Lied, das die sprachliche Dichte musikalisch nacherzählt, nachempfindet. Ein Dichter singt einem Dichterkollegen in dessen Worten eine Weise und zieht auf diese Weise den Hut, aus dem er seine eigenen Geschichten zaubert.
Geschichten vom Fuchs und ausgefuchste kleine Miniaturen fügen sich an diesem Abend zu einem Kaleidoskop des Allzumenschlichen zusammen. Der Totengräber Toni zum Beispiel, der beim Verfassen von Grabsteinsprüchen eine ganz neue literarische Kategorie zu schaffen versucht und dabei Bonmots kreiert wie der Grabsteinspruch für einen Kaminkehrer: „Er kehrt nie wieder.“ Oder der Priester, der als Missionar in den chilenischen Urwald zieht und dort den indianischen Ureinwohnern bayrische Volkslieder beibringt, mitsamt einem klassischen Jodler. Schräg und unbeugsam sind die Charaktere dieser Erzählungen, letzte Aufrechte in einem Universum der Waagerechten. „Die ganze Welt wackelt“, sagt Brustmann, „das Firmament bröselt, nicht mal die Fixsterne sind noch fix.“ Angesichts all dieser Unwägbarkeiten, die nichts mehr sicher sein lassen, wird die sprichwörtliche Schlauheit eines Fuchses – vor allem, wenn dieser das Nichtverstehen zum Grundprinzip erklärt – zum Wegweiser, zur Fährte, die sich aufspüren lässt.
Verbindendes Element zwischen den poetischen Mosaiksteinchen ist die Musik. Und Josef Brustmann ist ein ausgezeichneter Musiker, der seiner Zither auch mal „Highway to Hell“ entlockt oder „Across the universe“ von den Beatles. Das schönste Lied gibt es als Zugabe, ein bezauberndes Liebeslied, dessen Text von einem gewissen Herrn Fuchs stammt und das schon beinahe an Georg Kreisler erinnert. Wo Sprache und Töne zueinanderfinden, findet Wahrnehmung mit allen Sinnen statt. Es kann kein Zufall sein, dass genau dies der wohl bekannteste Fuchs der Literaturgeschichte einst einem weizenblonden kleinen Jungen zu erklären versuchte.
Josef Brustmanns Fuchs zitiert Rainer Maria Rilke und empfiehlt: „Du musst das Leben nicht verstehen, dann wird es werden wie ein Fest.“ Und wenn der Fuchs eines versteht, dann ist es das Feiern. „Raus aus den Federn!“ rät er den Hühnern schon morgens, und am Abend zieht er frech auf den Försterball. Ein Fest winkt dem, der nicht nur mit dem Kopf zu verstehen versucht – der sich einlässt auf den Augenblick und seine tausend Farben. „Und lass dir jeden Tag geschehen, so wie ein Kind im Weitergehen von jedem Wehen sich viele Blüten schenken lässt.“ Aus Rilkes Versen gestaltet Josef Brustmann zur Zither ein Lied, das die sprachliche Dichte musikalisch nacherzählt, nachempfindet. Ein Dichter singt einem Dichterkollegen in dessen Worten eine Weise und zieht auf diese Weise den Hut, aus dem er seine eigenen Geschichten zaubert.
Geschichten vom Fuchs und ausgefuchste kleine Miniaturen fügen sich an diesem Abend zu einem Kaleidoskop des Allzumenschlichen zusammen. Der Totengräber Toni zum Beispiel, der beim Verfassen von Grabsteinsprüchen eine ganz neue literarische Kategorie zu schaffen versucht und dabei Bonmots kreiert wie der Grabsteinspruch für einen Kaminkehrer: „Er kehrt nie wieder.“ Oder der Priester, der als Missionar in den chilenischen Urwald zieht und dort den indianischen Ureinwohnern bayrische Volkslieder beibringt, mitsamt einem klassischen Jodler. Schräg und unbeugsam sind die Charaktere dieser Erzählungen, letzte Aufrechte in einem Universum der Waagerechten. „Die ganze Welt wackelt“, sagt Brustmann, „das Firmament bröselt, nicht mal die Fixsterne sind noch fix.“ Angesichts all dieser Unwägbarkeiten, die nichts mehr sicher sein lassen, wird die sprichwörtliche Schlauheit eines Fuchses – vor allem, wenn dieser das Nichtverstehen zum Grundprinzip erklärt – zum Wegweiser, zur Fährte, die sich aufspüren lässt.
Verbindendes Element zwischen den poetischen Mosaiksteinchen ist die Musik. Und Josef Brustmann ist ein ausgezeichneter Musiker, der seiner Zither auch mal „Highway to Hell“ entlockt oder „Across the universe“ von den Beatles. Das schönste Lied gibt es als Zugabe, ein bezauberndes Liebeslied, dessen Text von einem gewissen Herrn Fuchs stammt und das schon beinahe an Georg Kreisler erinnert. Wo Sprache und Töne zueinanderfinden, findet Wahrnehmung mit allen Sinnen statt. Es kann kein Zufall sein, dass genau dies der wohl bekannteste Fuchs der Literaturgeschichte einst einem weizenblonden kleinen Jungen zu erklären versuchte.
Sabine Zaplin, 04.10.2015
Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.