Nach(t)kritik
Don Menza Quartett: Ein Stück Jazzgeschichte
Veranstaltung: Don Menza Quartett: Saxophon-StarDer Tourenplan von Don Menza ist in diesen Tagen recht straff. Hut ab vor dieser Leistung, zumal der 81jährige Tenorsaxophonist beim Musizieren keine Kompromisse kennt. Legt er einmal los, dann keinesfalls im Schongang. Aber dies hat nichts selbstzerstörerisches an sich, geht er doch nach wie vor mit einer großen Musizierfreude und Spiellust zur Sache, lässt sich auch Zeit, das Publikum zu genießen, und es sich auf der Bühne gemütlich einzurichten. Dass er musikalisch die höchsten Weihen erreicht hat, ist längst unumstritten, aber in einer Sache wird er allmählich doch noch besser: im Geschichtenerzählen. Die Anekdoten werden spannender und die Pointen griffiger. Wer seit über 60 Jahren auf der Bühne steht und die Historie des Jazz so intensiv mitgeschrieben hat wie er, kann aber auch davon ausgehen, dass die Konzertbesucher – so auch im fast ausverkauften bosco – die Geschichten hören wollen. Etwa aus den Zeiten im Orchester von Max Greger, als sich sein Deutsch noch auf die nützlichen Vokabeln „Edelstoff“ und „Williams Birne“ beschränkte. Und ging es um private Geschichten, wie in der vom weisen sizilianischen Großvater, dann mutierte Menza geradezu zum Rhapsoden, der schon mal eine Opernarie auf seinem Instrument genüsslich ausgesungen einflocht.
Wenn eine Legende im Mittelpunkt steht, dann geht es eben um weit mehr als „nur“ Musik. Auch wenn sie bei der Besetzung nicht allzu kurz hätte geraten dürfen, war doch das Publikum gewiss auf die Konstellation gespannt, die unter dem Namen Don Menza Quartet(t) von Gig zu Gig wechselt. Vor allem Schlagzeuger Harald Rüschenbaum hat schließlich ebenso ein beachtliches Stück der Jazzgeschichte mitgeschrieben. An Anekdoten dürfte es dem Pianisten Walter Lang und dem Kontrabassisten Henning Sieverts mittlerweile auch nicht fehlen, haben sie doch in den letzten 30 Jahren in ihren Vita reichlich große Namen sammeln können. Allesamt brachten sie aber vor allem viel Erfahrung mit, um auch ohne Vorbereitung einen packenden Jazzabend zu improvisieren. Ohne etwas zu verabreden, lieferte die Band packende Interpretationen, die voller Überraschungen und sinnenfreudiger Momente steckten. Menza bestimmte die grobe Richtung, etwa mit der „Bestellung“ einer Chopin-Intro von Lang, mit der er angefüllt mit entsprechender Melancholie zum „Everything Happens to me“ von Matt Dennis ad hoc die nötige Atmosphäre bereitstellte. Oder Sieverts zigeunerische Leidenschaft in Henry Mancinis Musik aus dem Film „Charade“, dessen Inhalt Menza mit Herzschmerz skizzierte. „I‘m hopeless romantic“, gestand er dann.
Die höchste Qualität des Abends steckte vor allem in den individuellen Besonderheiten der Musiker. Etwa in Langs freiem Umgang mit Tempo und Metrum, die er dehnte, raffte, brach oder gegeneinander verschob. Seine Soli zeigten sich motivisch ausgeprägt, bisweilen mit repetitiver Eindringlichkeit. Sieverts Spiel, ob gezupft oder gestrichen, war indes von sonorer Melodik geprägt. Auch seine Phrasierung sprengte bisweilen die metrische Ordnung, auf eine lyrisch weitschweifende Art, um dann aber wieder zum Puls des jeweiligen Stückes zurückzukehren.Einen spektakulären Part kreierte Rüschenbaum. Sein Schlagwerk sollte satt und prägnant zum Singen gebracht werden. Das gelang ihm stets mit dem jeweiligen Thema im Hintergrund. Auch wenn seine mächtigen Trommelattacken viel Begeisterung im Publikum entfachten, erzeugten seine weiten Rücknahmen ins Pianissimo bei gleichbleibender Textur und Intensität weit großartigere Wirkungen. Auch Don Menza fand Gefallen an dem Effekt und unterbrach das Powerplay im Film-Titelsong „Golden Earrings“ von Victor Young, um in leisen Tönen einen wunderbar atmosphärischen Nachsatz zu kreieren. Anders als in Menzas „Sonny Daze“ (Sonny Rollins gewidmet), in dem in Calypso-Heiterkeit lustvolle Klangfülle vom Komponisten geradezu verordnet war. In diesem Sinne trug Menzas Blues in der Zugabe aus Seelentiefen heraus noch einmal dick auf – inklusive fulminantes Finale.
Wenn eine Legende im Mittelpunkt steht, dann geht es eben um weit mehr als „nur“ Musik. Auch wenn sie bei der Besetzung nicht allzu kurz hätte geraten dürfen, war doch das Publikum gewiss auf die Konstellation gespannt, die unter dem Namen Don Menza Quartet(t) von Gig zu Gig wechselt. Vor allem Schlagzeuger Harald Rüschenbaum hat schließlich ebenso ein beachtliches Stück der Jazzgeschichte mitgeschrieben. An Anekdoten dürfte es dem Pianisten Walter Lang und dem Kontrabassisten Henning Sieverts mittlerweile auch nicht fehlen, haben sie doch in den letzten 30 Jahren in ihren Vita reichlich große Namen sammeln können. Allesamt brachten sie aber vor allem viel Erfahrung mit, um auch ohne Vorbereitung einen packenden Jazzabend zu improvisieren. Ohne etwas zu verabreden, lieferte die Band packende Interpretationen, die voller Überraschungen und sinnenfreudiger Momente steckten. Menza bestimmte die grobe Richtung, etwa mit der „Bestellung“ einer Chopin-Intro von Lang, mit der er angefüllt mit entsprechender Melancholie zum „Everything Happens to me“ von Matt Dennis ad hoc die nötige Atmosphäre bereitstellte. Oder Sieverts zigeunerische Leidenschaft in Henry Mancinis Musik aus dem Film „Charade“, dessen Inhalt Menza mit Herzschmerz skizzierte. „I‘m hopeless romantic“, gestand er dann.
Die höchste Qualität des Abends steckte vor allem in den individuellen Besonderheiten der Musiker. Etwa in Langs freiem Umgang mit Tempo und Metrum, die er dehnte, raffte, brach oder gegeneinander verschob. Seine Soli zeigten sich motivisch ausgeprägt, bisweilen mit repetitiver Eindringlichkeit. Sieverts Spiel, ob gezupft oder gestrichen, war indes von sonorer Melodik geprägt. Auch seine Phrasierung sprengte bisweilen die metrische Ordnung, auf eine lyrisch weitschweifende Art, um dann aber wieder zum Puls des jeweiligen Stückes zurückzukehren.Einen spektakulären Part kreierte Rüschenbaum. Sein Schlagwerk sollte satt und prägnant zum Singen gebracht werden. Das gelang ihm stets mit dem jeweiligen Thema im Hintergrund. Auch wenn seine mächtigen Trommelattacken viel Begeisterung im Publikum entfachten, erzeugten seine weiten Rücknahmen ins Pianissimo bei gleichbleibender Textur und Intensität weit großartigere Wirkungen. Auch Don Menza fand Gefallen an dem Effekt und unterbrach das Powerplay im Film-Titelsong „Golden Earrings“ von Victor Young, um in leisen Tönen einen wunderbar atmosphärischen Nachsatz zu kreieren. Anders als in Menzas „Sonny Daze“ (Sonny Rollins gewidmet), in dem in Calypso-Heiterkeit lustvolle Klangfülle vom Komponisten geradezu verordnet war. In diesem Sinne trug Menzas Blues in der Zugabe aus Seelentiefen heraus noch einmal dick auf – inklusive fulminantes Finale.
Reinhard Palmer, 03.05.2017
Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.