Nach(t)kritik
Effizient wie wirkungsvoll
Veranstaltung: Verein der Musikfreunde Gauting e.V.: 1. SinfoniekonzertMit dem Programm eines Amateurorchesters hat dies nun nicht mehr viel zu tun. Man wächst mit den Herausforderungen: Das gilt für die Orchestervereinigung Gauting im besonderen Maße. Und dafür lässt sich Künstlerischer Leiter Dorian Keilhack immer wieder so einiges einfallen. Zeitgenössische Musik, die gerademal vor 4 Jahren komponiert worden ist, stellt wohl die schwierigste Variante da. Nicht nur wegen der ungewohnten Spieltechniken und der kniffligen Textur. Die größte Hürde dürfte wohl vielmehr die Art des musikalischen Denkens abgeben. Also nicht mehr dem Spannungsbogen der melodischen Linien oder Themen zu folgen, sondern einer abstrahierten Dramaturgie, in der es auch nicht um Klangmalerei geht, sondern um den Ausdruck von kritischen Gedanken und konkret präsenten Emotionen, die schon sehr tiefgründig, ja geradezu abgründig sind.
„Mare nostrum. Threnodie“ von Johannes X. Schachtner machte bereits in der krachenden Eingangsfanfare klar, dass es in diesem Poem nicht um die Schönheit des Mittelmeeres bei seichter Brise geht, sondern vor allem ums Untergehen der Sehnsüchte und Hoffnungen mitsamt der geschundenen Körperhülle. Threnodie ist ein Klagelied, das bei Schachtner die makabren Umstände der Geflüchteten in eine Poesie des Schreckens hüllt, durch die sie sich mit eingeflochtenen Irritationen immer wieder zu Wort melden. Die Effizienz der Mittel ist dabei ein frappierendes Erlebnis, das allerdings nur so wirksam sein kann, wie die Musiker den Stoff auf den Punkt bringen. Und dahingehend konnte man nur staunen, mit welcher Gedankenklarheit das Orchester hier dem gestochen scharfen Dirigat Keilhacks zu folgen vermochte. Und das ist schon Entscheidend für diese Komposition, denn ihre Gesten sind nicht ausladend, ja geradezu sparsam, von extremen Kontrasten, aber auch von unterschwelligen Spannungen getragen: Je weiter die Rücknahmen, desto mächtiger der Ausdruck.
Es war eine großartige Idee, das Werk vor der Pause noch einmal zu wiederholen, auch wenn das Konzert für Waldhorn und Orchester Es-Dur op. 11 von Richard Strauss dazwischen dadurch doch sehr seicht ausfiel. Solist, der etwa 27jährige Gabriel Stiehler, war zwar sehr darum bemüht, der Komposition seelentiefe Empfindungen zu entlocken, worin ihm das Orchester auch bereitwillig folgte. In überaus wendiger Spielweise ging es hier durch farbenreiche musikalische Landschaften, die den schwärmerischen 18jährigen Strauss spürbar machten. Doch fehlt der Komposition der Mut zu echten Gefühlen. Ein verwöhnter Schöngeist aus reichem Hause wusste darüber wohl zu wenig, um den Musikern komplexere Ausdrucksszenarien an die Hand geben zu können. Es sollte einige Jahre dauern, bis Strauss tiefer einzutauchen vermochte.
Das war bei Brahms freilich anders, zumal das hier gespielte Werk im 44. Lebensjahr entstanden war. Der atmosphärische Einstieg – leise Horntöne zur Eröffnung sind schon eine Herausforderung! – in die zweite Sinfonie D-Dur op. 73 rief sogleich die pastorale Grundstimmung auf den Plan, die dem Werk durchaus immanent ist, wenn auch nicht an der Oberfläche. Die Orchestervereinigung Gauting vermochte unter Keilhacks Dirigat den weiten Spannungsbogen des Werkes ohne die geringsten Ermüdungserscheinungen bis zum gravitätischen Schlussakkord zu halten. Und die auch im leidenschaftlich und breit fließenden Adagio wie im galanten, leicht und schönharmonisch daherkommenden Allegretto grazioso bis zum beherzten Schlusssatz mit präziser Wendigkeit, die das üppige Auf und Ab mit der nötigen Energie auflud.
„Mare nostrum. Threnodie“ von Johannes X. Schachtner machte bereits in der krachenden Eingangsfanfare klar, dass es in diesem Poem nicht um die Schönheit des Mittelmeeres bei seichter Brise geht, sondern vor allem ums Untergehen der Sehnsüchte und Hoffnungen mitsamt der geschundenen Körperhülle. Threnodie ist ein Klagelied, das bei Schachtner die makabren Umstände der Geflüchteten in eine Poesie des Schreckens hüllt, durch die sie sich mit eingeflochtenen Irritationen immer wieder zu Wort melden. Die Effizienz der Mittel ist dabei ein frappierendes Erlebnis, das allerdings nur so wirksam sein kann, wie die Musiker den Stoff auf den Punkt bringen. Und dahingehend konnte man nur staunen, mit welcher Gedankenklarheit das Orchester hier dem gestochen scharfen Dirigat Keilhacks zu folgen vermochte. Und das ist schon Entscheidend für diese Komposition, denn ihre Gesten sind nicht ausladend, ja geradezu sparsam, von extremen Kontrasten, aber auch von unterschwelligen Spannungen getragen: Je weiter die Rücknahmen, desto mächtiger der Ausdruck.
Es war eine großartige Idee, das Werk vor der Pause noch einmal zu wiederholen, auch wenn das Konzert für Waldhorn und Orchester Es-Dur op. 11 von Richard Strauss dazwischen dadurch doch sehr seicht ausfiel. Solist, der etwa 27jährige Gabriel Stiehler, war zwar sehr darum bemüht, der Komposition seelentiefe Empfindungen zu entlocken, worin ihm das Orchester auch bereitwillig folgte. In überaus wendiger Spielweise ging es hier durch farbenreiche musikalische Landschaften, die den schwärmerischen 18jährigen Strauss spürbar machten. Doch fehlt der Komposition der Mut zu echten Gefühlen. Ein verwöhnter Schöngeist aus reichem Hause wusste darüber wohl zu wenig, um den Musikern komplexere Ausdrucksszenarien an die Hand geben zu können. Es sollte einige Jahre dauern, bis Strauss tiefer einzutauchen vermochte.
Das war bei Brahms freilich anders, zumal das hier gespielte Werk im 44. Lebensjahr entstanden war. Der atmosphärische Einstieg – leise Horntöne zur Eröffnung sind schon eine Herausforderung! – in die zweite Sinfonie D-Dur op. 73 rief sogleich die pastorale Grundstimmung auf den Plan, die dem Werk durchaus immanent ist, wenn auch nicht an der Oberfläche. Die Orchestervereinigung Gauting vermochte unter Keilhacks Dirigat den weiten Spannungsbogen des Werkes ohne die geringsten Ermüdungserscheinungen bis zum gravitätischen Schlussakkord zu halten. Und die auch im leidenschaftlich und breit fließenden Adagio wie im galanten, leicht und schönharmonisch daherkommenden Allegretto grazioso bis zum beherzten Schlusssatz mit präziser Wendigkeit, die das üppige Auf und Ab mit der nötigen Energie auflud.
Reinhard Palmer, 11.03.2018
Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.