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Nach(t)kritik

Sa, 16.11.2019
20.00 Uhr

Eine Brücke aus Tango zwischen Gauting und Buenos Aires

Veranstaltung: Clementina Culzoni: Puro Tango

Eine Nacht in Buenos Aires, dort, wo die Straßen dunkel und das Licht in manchen Häusern so rot ist wie das Licht, in dem das bosco Abend für Abend erstrahlt. Diese Häuser, in denen sie Tango tanzen, obwohl der Papst selber dies verboten hat. Und sie tanzen nicht bloß Tango. In einem dieser Häuser ist Clementina zuhause, die junge Frau, die den Tango in jeder Pore ihrer Haut trägt. Sie tanzt mit den Männern, die in dieses Haus kommen. Sie verführt sie mit ihrem Tango. Die meisten sieht sie kommen und gehen. Doch diesen einen hat sie ausgesucht, ihm ist sie verfallen. Er aber lässt sie sitzen. Verzweifelt packt sie eines Tages die Koffer, verlässt Buenos Aires. „Und so bin ich in Gauting gelandet“, erzählt Clementina.

„Puro Tango“, heißt das Programm, mit dem Clementina Culzoni in der Reihe „Heimspiel“ im bosco gastiert. Die aus Argentinien stammende Sängerin, die im Würmtal zuhause ist, stellt an diesem Abend - gemeinsam mit den Musikern Rainer Armbrust (Klavier), Jürgen Karthe (Bandoneon) und Jörg Heß (Kontrabass) - weit mehr auf die Bühne als ein Tangokonzert. Sie lässt ein verruchtes Tangolokal im Rotlichtviertel von Buenos Aires entstehen, wo sich die Freier die Tür in die Hand geben und wo die drei Musiker wahlweise zu Gästen, zum Inventar und zu den Wegbereitern von Leidenschaft und Tragödie werden. Ein kleiner Tisch, zwei Stühle und ein Hut erzählen von der Geschichte des flatterhaften Machos, der Clementina ins Unglück stürzte. Und die Musikerin selber zaubert mit ihrem Temperament, ihrer ausdrucksstarken und variationsreichen Stimme und ihrem schauspielerischen Temperament ein ganzes Drama rund um den Tango hinein in den Saal, wo alle zu Mitspielern werden.

Zu Mittanzen wurde das Publikum bereits vor der Vorstellung, als in der bar rosso Maestro Ralf Sartori zur Milonga bat und die Theaterbar sich zum Tangolokal wandelte. Auch in der Pause hielt sich die Stimmung noch zwischen den Säulen, wenn auch die Gautinger nicht unbedingt argentinisches Temperament in den Knochen stecken haben. Hier schaut man in der Regel lieber anderen beim Tanzen zu, als dass man selber das Parkett beträte. Aber das macht nichts, das Publikum amüsierte sich dennoch prächtig, auch auf Stühlen sitzend im Saal. Immerhin wurde eine kleine Geburtstagsgesellschaft an diesem Abend erfolgreich zum Mitspielen animiert, die Jubilarin selber zur Chefin des argentinischen Rotlicht-Etablissements erhoben und einige ihrer männlichen Gäste zu Stammgästen desselben erklärt, was für viel Heiterkeit (und bei den Nicht-Eingeweihten möglicherweise auch für Schrecken) sorgte.

Der Würmtal-November kann so viel warmes Rotlicht vertragen, so viel argentinisches Temperament und so wunderbaren Tango, wie ihn Clementina Culzoni gemeinsam mit ihren Musikern das bosco durchwehen ließ.

Sabine Zaplin, 17.11.2019


Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.
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Sa, 16.11.2019 | © Werner Gruban - Theaterforum Gauting e.V.