Nach(t)kritik
Gauting 2049
Veranstaltung: Architektur im bosco: Diskussion: "Gauting goes sustainable. Aber wie?"Der Klimawandel fordert ein aktives Umdenken innerhalb vieler Kategorien, wenn wir als Gesellschaft unsere Zukunft erhalten wollen. Zunehmend sehen wir uns mit Herausforderungen wie dem demographischen Wandel und ansteigender Ressourcenknappheit konfrontiert und es stellen sich Fragen nach Anpassung, Integration und Versorgung. Unter den 17 Zielen der Vereinten Nationen für eine nachhaltige Entwicklung findet sich als 11. Ziel „nachhaltige Städte und Gemeinden“, und genannte Herausforderungen stellen in erster Linie Gemeinden und Kommunen in die Verantwortung. Gauting muss nachhaltig werden, aber wie genau? Unter dieser Fragestellung diskutierten, moderiert von Dirk Loesch, die Vertreter:innen verschiedener Gautinger Gemeinderatsfraktionen Carola Wenzel (SPD), Stefan Berchtold (MfG), Matthias Ilg (Die Grünen), Markus Deschler (FDP) und Maximilian Platzer (CSU).
Dadurch, dass auf einer rein lokalen Ebene diskutiert wurde, waren sich die Teilnehmenden des Gespräches in vielen Punkten recht einig. Zwar mit kleinen Unstimmigkeiten im Detail und in der Dringlichkeit galt doch ein Konsens über die auf uns zukommenden Gefahren und die Dringlichkeit der Bewältigung derselben unter den Diskutierenden. Fest stand für alle, dass Gauting nachhaltig gemacht werden müsse, indem die gemeindeeigenen Gebäude energetisch saniert, ein sicheres und inklusives (öffentliches Nah-)Verkehrssystem ausgebaut und die Umweltbelastung insgesamt minimal gehalten werde. Einig waren sich die Teilnehmenden der Runde aber auch über die eigenen minimalen Handlungsmöglichkeiten, die den Gemeinderat aufgrund von Schwierigkeiten in der Finanzierung, durch politisches Diktat innerhalb Abhängigkeiten von Fördermaßnahmen, durch die Notwendigkeit von teuren Gutachten und komplizierter Bürokratie und nicht zuletzt durch ständiges Aufschieben oder unzureichende Verkehrsarbeit des Landratsamtes die Hände binden würden.
Dann traten plötzlich doch noch einige kurze Unstimmigkeiten über die Verkehrspolitik unter den Diskutierenden auf, Stichwort Bahnhofsplatz, hätte man nicht mit einem verkehrsberuhigenden Konzept anfangen und dann die Bauten drumherum in Angriff nehmen können anstatt andersherum; auf die Frage, wie lange sich das alles noch hinziehen solle dann wieder große Einigkeit, aufgrund genannter Schwierigkeiten mit Sicherheit noch einige Jahre. Sehr interessant dagegen die Ausführungen zum Bürgerbegehren gegen Windkraftanlagen auf dem Gebiet Gauting, die der Gemeinderat einstimmig beschlossen hat. Denn sollte das Begehren tatsächlich Erfolg haben, so würde der Bau von Windkraftanlagen dennoch, dafür eben in umliegenden Gebieten stattfinden, dies dann aber eben auch ohne Gemeindebeteiligung. Das optische Ergebnis sei dann das gleiche, der fehlende Profit für Gauting in der geschilderten finanziellen Schräglage sei aber fatal.
Auf die Frage, wie denn die Zukunft für Gauting in 20-25 Jahren aussähe, mischten sich die Wünsche nach einem zusammengezogenen und integrativen Würmtal im urbanen Charakter, nach dem Bewahren der kulturellen Schätze und des Charakters unseres Ortes, nach dem Ausbau von sozialem Wohnraum und dem ökologischen Landbau, nach einem nachhaltigen und funktionierenden Verkehrssystem und der Zunahme finanzieller Unterstützung von Kultur. Die momentanen Handlungen der Gemeinde ließen diese Wünsche in Teilen fast zynisch aussehen, im Gespräch wurde aber auch innerhalb der verschiedenen Ansätze und Meinungen zu bestimmten Themen deutlich, wie die Verteilung im Gemeinderat aussieht. Dennoch ein großer und wichtiger Appell aller an den Erhalt der Demokratie und ihrer unfassbar wertvollen, wenn auch oft mühsamen Mittel, um Kompromisse zu finden und Meinungsvielfalt zu erhalten. Gerade in diesen Zeiten, in denen die Demokratie brüchig wird, der gesellschaftliche Konsens bröckelt und die Ignoranz von Klimakatastrophen steigt, ist nichts wichtiger als das Vertrauen in unser politisches System. Aber gehört dazu nicht auch das Vertrauen in die lokale Politik, die Sicherheit und Transparenz stiften und nachvollziehbare Entscheidungen treffen muss?
Am Ende sind besonders zwei Thesen deutlich geworden; zum einen die unfassbar eingeschränkten eigenen Handlungsmöglichkeiten, die die Gemeinde oft nahezu machtlos machen würden, zum Anderen der Appell an die Bürger:innen, selbst einen eigenen Teil zu leisten, indem die Gärten, die eigene Energieversorgung, die eigenen Bauten und das Verkehrsverhalten nachhaltig gemacht werden. Bestimmt richtig, aber ein doch etwas enttäuschender Ausgang der Diskussionsrunde, der im Publikum auch keinesfalls nur für Applaus sorgte.
Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.