Nach(t)kritik
Gesägt nicht gestrichen
Veranstaltung: Wellküren: AbendlandlerWie weiland die sagenhaften Sirenen, die mit ihrem betörenden Gesang einem jedem den Kopf verdrehen, der sie einmal hört, haben die Wellküren ihr Publikum vom ersten Ton an am Haken: Es wird gelacht, gejohlt, gestampft, rhythmisch geklatscht und bei „Auf einem Baum ein Kuckuck saß“ von der ersten Silbe an mitgesungen. Es kostet Moni Well keinen Wimpernschlag und schon hat sie das Publikum auf ihrer Seite. Und das ändert sich auch nicht in den kommenden zweieinhalb Stunden, in denen die Well-Schwestern einen Parforceritt durch musikalische Stile und politische Themen hinlegen – das Publikum folgt willig und aufs Beste unterhalten. Die Aufforderung der drei Künstlerinnen zum gelegentlichen Bravo-Rufen oder Mitklatschen bedarf das Publikum im berstend vollen Bosco nicht – es bereitet den Well-Sisters von Beginn an einen herzlichen Empfang, den diese mit Spiellust und überschäumender Energie quittieren. Es wird ein atemloser Abend ohne Hänger, ohne Langeweile oder Peinlichkeit – Auditorium und Bühnenkünstlerinnen treiben sich gegenseitig von Höhepunkt zu Höhepunkt.
Bloß gut, dass Bärbi Well, von ihrer Schwester Moni kurz „Diplsozpäd“ genannt, ab und an ein Globuli zur Beruhigung reicht und wenn das nicht hilft, dann gibt es einen Klaps auf den Hinterkopf, sobald Moni, die enthusiastisch Ton und Tempo des Abends vorgibt, von ihrer Energie aus der Kurve getragen wird.
Das Programm beginnt mit einem verbalen Rundumschlag gegen die CSU, aber auch die globale Politik, Putin, Erdogan und Trump bekommen ihr Fett ab, ebenso wie die Lifestyle-Muttis und das Internet ganz allgemein. Subtil ist da eher nichts, die Wortbeiträge zielen auf Allgemeinplätze und die augenzwinkernde Verbrüderung mit dem Publikum. Auf ein Klischee wird gerne mal ein zweites draufgesattelt – aber man verzeiht den Wellküren auch die Plattitüden, denn in ihren über fünfzehn Musiknummern sind sie herrlich zart und subtil.
Von traditionellen Landler zum Volkslied, vom lieblichen Dreigesang zum Italo-Western – die drei Well-Schwestern, die in leicht veränderter Zusammensetzung unter dem Namen Wellküren bereits seit sage und schreibe 33 Jahren gemeinsam musikalisches Kabarett machen (und nein, natürlich sieht man es ihnen nicht an), müssen weder ihre stimmliche noch instrumentalische Virtuosität beweisen, ihnen geht alles so leicht von der Hand – und aus dem Mund – dass es eine wahre Freud ist. Doch die Virtuosität funktioniert auch ex negativo, wenn zum Beispiel „La Paloma“ nicht sanft gestrichen, sondern durch die Nonnentrompeten schräg zersägt wird. Dekonstruktivismus at it’s best.
Zu schnell kommt die Pause, zu rasch die Zugaben. Tuba, Akkordeon, Saxophon, Zither, Gitarre, Harfe und die legendär liebliche Nonnentrompete – die Instrumente wechseln so rasch wie die Themen.
Katapultierten uns die Wellküren gerade noch mit der Bavaria One in Begleitung Markus Söders ins All – der Mond wird mangels Diesel leider nicht erreicht – befinden wir uns schon im Männerschutzverein Oberschweinbach (MSV Gloria), den Burgi Well in vorauseilendem Gehorsam gegründet hat, um die von der Me too-Debatte arg gebeutelte Männer in Schutz zu nehmen.
Überhaupt die Männer. Egal, ob es die eigenen sind oder die der wenig geliebten CSU – Söder, Seehofer, Dobrindt und Scheuer – alle bekommen ihr Fett weg und zwar immer und immer wieder, allein die Melodie variiert. Erstere werden trotz zurückweichendem Haar, Bauchansatz und Schnarcherei dennoch geliebt, auf letztere könnte man gut und gerne verzichten. Die politische Kaste schließlich wird mit dem Italo-Western-Abgesang „Spiel mir das Lied vom Tod“ verabschiedet, ein wunderbares Stubenmusical, das den auch an persönlichen Geständnissen („I ko ned stricka“ von Bärbi oder „Ich bin ein guter Verlierer“ von Burgi) reichen Abend dramatisch ausklingen lässt.
Das Publikum strömt nach den Zugaben beseelt und beschwingt nach Hause, unter ihnen keine/r, die/der nicht mit wehenden Fahnen Mitglied in der von den Wellküren soeben gegründeten Vereinigung Stugida werden würde – denn wer könnte sich der „Stubenmusik gegen die Idiotisierung des Abendlandes“ nach so einem Abend schon verweigern?
Bloß gut, dass Bärbi Well, von ihrer Schwester Moni kurz „Diplsozpäd“ genannt, ab und an ein Globuli zur Beruhigung reicht und wenn das nicht hilft, dann gibt es einen Klaps auf den Hinterkopf, sobald Moni, die enthusiastisch Ton und Tempo des Abends vorgibt, von ihrer Energie aus der Kurve getragen wird.
Das Programm beginnt mit einem verbalen Rundumschlag gegen die CSU, aber auch die globale Politik, Putin, Erdogan und Trump bekommen ihr Fett ab, ebenso wie die Lifestyle-Muttis und das Internet ganz allgemein. Subtil ist da eher nichts, die Wortbeiträge zielen auf Allgemeinplätze und die augenzwinkernde Verbrüderung mit dem Publikum. Auf ein Klischee wird gerne mal ein zweites draufgesattelt – aber man verzeiht den Wellküren auch die Plattitüden, denn in ihren über fünfzehn Musiknummern sind sie herrlich zart und subtil.
Von traditionellen Landler zum Volkslied, vom lieblichen Dreigesang zum Italo-Western – die drei Well-Schwestern, die in leicht veränderter Zusammensetzung unter dem Namen Wellküren bereits seit sage und schreibe 33 Jahren gemeinsam musikalisches Kabarett machen (und nein, natürlich sieht man es ihnen nicht an), müssen weder ihre stimmliche noch instrumentalische Virtuosität beweisen, ihnen geht alles so leicht von der Hand – und aus dem Mund – dass es eine wahre Freud ist. Doch die Virtuosität funktioniert auch ex negativo, wenn zum Beispiel „La Paloma“ nicht sanft gestrichen, sondern durch die Nonnentrompeten schräg zersägt wird. Dekonstruktivismus at it’s best.
Zu schnell kommt die Pause, zu rasch die Zugaben. Tuba, Akkordeon, Saxophon, Zither, Gitarre, Harfe und die legendär liebliche Nonnentrompete – die Instrumente wechseln so rasch wie die Themen.
Katapultierten uns die Wellküren gerade noch mit der Bavaria One in Begleitung Markus Söders ins All – der Mond wird mangels Diesel leider nicht erreicht – befinden wir uns schon im Männerschutzverein Oberschweinbach (MSV Gloria), den Burgi Well in vorauseilendem Gehorsam gegründet hat, um die von der Me too-Debatte arg gebeutelte Männer in Schutz zu nehmen.
Überhaupt die Männer. Egal, ob es die eigenen sind oder die der wenig geliebten CSU – Söder, Seehofer, Dobrindt und Scheuer – alle bekommen ihr Fett weg und zwar immer und immer wieder, allein die Melodie variiert. Erstere werden trotz zurückweichendem Haar, Bauchansatz und Schnarcherei dennoch geliebt, auf letztere könnte man gut und gerne verzichten. Die politische Kaste schließlich wird mit dem Italo-Western-Abgesang „Spiel mir das Lied vom Tod“ verabschiedet, ein wunderbares Stubenmusical, das den auch an persönlichen Geständnissen („I ko ned stricka“ von Bärbi oder „Ich bin ein guter Verlierer“ von Burgi) reichen Abend dramatisch ausklingen lässt.
Das Publikum strömt nach den Zugaben beseelt und beschwingt nach Hause, unter ihnen keine/r, die/der nicht mit wehenden Fahnen Mitglied in der von den Wellküren soeben gegründeten Vereinigung Stugida werden würde – denn wer könnte sich der „Stubenmusik gegen die Idiotisierung des Abendlandes“ nach so einem Abend schon verweigern?
Tanja Weber, 23.02.2019
Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.