Direkt zum Inhalt

Nach(t)kritik

Julia von Miller Quartett: Benefizkonzert für den Adventskalender

Sie hat die Hosen an. Buchstäblich und sprichwörtlich. Da kann auch das irgendwann leise und kokett hingesungene „got no pants on“ nicht darüber hinwegtäuschen. Koketterie – das ist das überhaupt Stichwort für diesen Charity-Abend, den Julia von Miller vor der Pause in schwarzen Hosen und nach der Pause in einem roten Glitzerkleid absolviert. Den ganzen Abend aber lässt sie die drei Herren, die mit ihr als „Julia von Miller Quartett“ das Bühnengeschehen bestreiten, nach ihrer Pfeife tanzen.

Das ist kein Wunder, denn sie durfte an diesem Abend machen, was sie wollte. So zumindest die Anweisung der SZ-Redaktion, die mit der furiosen Sängerin bereits zum zweiten Mal ein Benefizkonzert zugunsten des Hilfswerks „Adventskalender für gute Werke" bestritt. Julia von Miller hatte auch diesmal für ein ausverkauftes Haus gesorgt und machte, was sie wollte: Swing, Schlager und Chansons, vor allem aus den Zwanziger und Dreißiger Jahren. Vielseitig, glänzend, divenhaft und dabei bezaubernd altmodisch, irgendwo zwischen Marlene Dietrich und Billie Holiday, zwischen Diva und Nachtigall, zwischen Göre und Röhre. 


Julia von Miller verfügt über eine herausragende Stimme, die sie herausragend gut einzusetzen weiß, bei einem lässig-lasziven „Tea for Two“ ebenso wie bei einem hochdramatisch inszenierten „Besame Mucho“, beim „Saint Louis Blues“ ebenso wie bei „Roter Mohn“, beim unvergesslichen Song „Sunny“ aus den Sechzigern ebenso bei der Achtziger-Jahre-Hymne „Kiss“. Diese Stimme ist farbenreich und variabel, voluminös und raumgreifend, immer aber schön und niemals schmutzig oder gar abgründig – und deshalb tatsächlich am schönsten, wenn sie die elegante Swing-Lady im Stil der Dreißiger Jahre gibt. 

Herausragend gut sind aber auch die drei Musiker, die sie an diesem Abend begleiten und sie im zweiten Teil des Abends beinahe an die Wand spielen mit ihrer virtuosen Lässigkeit und einem traumhaft-traumwandlerischen Aufeinander-Eingespielt-Sein – und das mag daran liegen, dass sich mit dem Pianisten Robert Probst, dem Gitarristen Dieter Holesch und dem Kontrabassisten Lui Leininger drei erfahrene Exponenten der Münchner Jazz-Szene zusammengetan haben, die durchaus auch ohne die Dame können – und das auch immer wieder getan haben und auch an diesem Abend ab und zu tun dürfen. 

Feinsinnig, beweglich, lyrisch, dabei unprätentiös und wunderbar unangestrengt klingt dieses Trio, wenn es machen darf, was es will. Aber ebenso souverän begleitet es die Sängerin bei ihren „Capriolen“, so der Titel des aktuellen Programms, aus dem im zweiten Teil des Abends einige spanische Kostproben mit durchaus kabarettistischer Anmutung zu hören waren.

Katja Sebald, 03.12.2014


Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.