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Nach(t)kritik

So, 25.10.2015
17.00 Uhr

Kaleidoman

Veranstaltung: Tee bei Sabine: Günther Schöll, Kaleidoskop-Macher
Kaleidoman nennen ihn seine Freunde: So schillernd wie die Spiegel in den phantastischen optischen  Wunderwerken, die er vertreibt, ist ihr Schöpfer selbst. In amüsanten Arabesken erzählte Günther Schöll gestern beim „Tee bei Sabine“ aus seinem Leben. Der Gautinger Fotograf,  Offset-Drucker, Autor, Musiker, Familienvater und Kaleidoskop- Händler verbrachte seine Hippie-Jugend in Kalifornien. Zum krönenden Finale gab der Künstler noch eine außergewöhnliche  musikalische Kostprobe -  auf seiner viersaitigen Mountain-Dulcimer.
„Aus einfachen Dingen“ kann man so leicht Schönes schaffen: Beim Tee-Gespräch mit Sabine Zaplin trank  Günther Schöll aus einer amerikanischen Tasse.  Dass wie beim aufgemalten Toastspruch auf dem Geschirr   Neues aus „bread and water“ entstehen kann, ist eigentlich Motto dieses Lebenskünstlers. In den späten 1960er-Jahren zog der gebürtige „Badenser“ aus Karlsruhe zu seiner neu verheirateten Mutter ins sonnige  Kalifornien. „Ich bin bei meinen Großeltern aufgewachsen, die haben mich sehr geliebt“, sagt Günther Schöll mit verschmitztem Lächeln, aber:  „Mit 10 wollten sie mich los haben.“
Seinen 21. Geburtstag verbrachte der Badener mit einem Maschinen-Gewehr der US-Army im Bett. „Wir waren auf Standby: Nordkoreaner hatten da gerade ein amerikanisches Flugzeug abgeschossen“, erzählt der Deutsche, der damals in den USA zweijährigen Wehrdienst leisten musste leichthin - aber: „Gott sei Dank ist nichts passiert.“
Über Sex, Drugs and Rock`n Roll im damaligen Hippie-Paradies Kalifornien lässt Günther Schöll nicht allzu viel raus - nur: Bei der Army hat der Kaleidoman von heute  auch Hippies kennengelernt „und es sich gut gehen lassen:“  Zum Beispiel als Fotograf bei einer Japan-Reise. Manche Freundschaften von damals halten bis heute, so der Lebenskünstler. Erwischt beim verbotenen Marihuana-Anbau: Ein  kalifornischer Richter schickte den Selfmade-Fotografen wieder nach Hause. Günther Schöll ging erst einmal auf Weltreise.
„Wie wurden Sie denn hier im Würmtal seßhaft?“ wundert sich Moderatorin Sabine Zaplin. „Ganz einfach. Das Wandern hört auf, wenn Sie statt zwei plötzlich acht Beine haben“, erinnert Familienvater Günther Schöll an seine zwei Kinder und die Gautinger Ehefrau. Die junge  Familie hat der vielseitige Künstler als erfolgreicher  Uhrenhändler durchgebracht. „Zwischendurch machte ich Musik auf meiner Mountain-Dulcimer.“
Auf der Suche nach einem neuen viersaitigen Instrument betrat der Wahl-Gautinger eines Tages einen Laden in New York. Der hieß ganz romantisch „After the rain.“ Außer Musikinstrumenten gab`s dort außergewöhnliche, wunderschöne Kaleidoskope. Um Günther Schöll war`s geschehen: „Ich kaufte für ein paar Hundert Dollar Kaleidoskope.“ Irgendwann baute der Wahl-Gautinger die optischen Wunderwerke selbst.  Der „Kaleidoman“ vertreibt seine Spielzeuge auch auf Festivals oder beim Gautinger Schlosspark- Fest: An den beweglichen Glaselementen, die phantastische, immer neue  Bilder erzeugen, hat auch der Schöpfer seine sichtliche Freude.
Zum Finale gibt`s noch einen „Appetizer“: Günther Schöll packt seine Mountain-Dulcimer aus. Der Musiker singt ein Lied voller Poesie: „Sit yourself down. Don´ t do anything.” Dann folgen die lyrischen Zeilen: “The separation from God is the hardest work” - und: „The separation from love ist the hardest thing.” (Die Trennung von Gott ist härteste Arbeit, die Trennung von der Liebe ist das härteste Ding). Du kannst Dein Gesicht auf das Kissen  meiner „soft words“  betten, heißt es weiter.
Wer dieses poetische Liebeslied mit Günther Schöll  hört, glaubt nie, dass es vom berühmten mittelalterlichen persischen Dichter Hafis stammt. Schon Goethe hat dessen Werk zum „West-östlichen Diwan“ inspiriert. Der Gautinger hat den Gedichtband von Hafis in einem Buchladen wiederentdeckt und die Verse ins Englische übersetzt:  Großen Applaus beim „Tee bei Sabine“ für den Sänger.
Beim anschließenden Nepal-Benefizabend im bosco trat Günther Schöll gleich noch einmal auf – und vergaß doch glatt, seine mitgebrachten Kaleidoskope anzupreisen.

Christiane Cless-Wesle 
 
      
     
       
 
 
 
 
  
 
 
Christiane Cless-Wesle, 25.10.2015


Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.
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So, 25.10.2015 | © Werner Gruban