Nach(t)kritik
Literaturfest
Veranstaltung: 4. Gautinger Literaturwettbewerb: "Europa - Wo bist du?" LiteraturfestSpannung bis zuletzt: Den diesjährigen „Oskar“ beim vierten Gautinger Literaturwettbewerb „Europa – wo bist du?“ gewann Markus Neuert. Mit einem komplexen Text zum Wesen Europas mit „Picasso als Hure“ und „Chopin als Säure“ hatte der abwesende Autor die Jury des Theaterforums überzeugt. „Wer kummt no – vielleicht a Preiß?“ Elektromeister Christof Waldecker war selbst überrascht: Im Scheinwerferlicht der bosco-Bühne überreichte Literat Gerd Holzheimer dem Dialekt- Dichter den zweiten Preis. Der dritt platzierte Roman-Autor und Deutschlehrer Roland Scheerer aus Wolnzach in der Holledau hatte den Wettbewerb mit einer Kurzgeschichte aus Rumänien bereichert: Ein genial beschriebener Clash der Kulturen. Mit der kleinen Theaterforums-Skulptur von Künstlerin Rosi Zacher erhielt die Gautinger Journalistin Gerda Frey den „Lokalpreis.“
Mit Klangskulpturen aus seinem Sound-Museum, Vinylplatten und gesprochenen Texten aus dem Off krönte Kalle Laar dieses Literaturfest im leider nicht ganz gefüllten bosco-Saal. „Als wir im Sommer 2015 erstmals zusammen saßen, haben uns die Flüchtlingsströme nicht mehr losgelassen“, gestand Jury-Mitglied und Schriftstellerin Tanja Weber. Brexit und die neue Bewegung „Pulse of Europe“ führten schließlich zum diesjährigen Wettbewerbstitel: „Europa – wo bist du?“ 147 anonyme Einsendungen mit Texten aller Altersgruppen, Lyrik, Prosa hatte die Jury zu bewerten. Letztlich wurden vier Preise vergeben – dotiert mit insgesamt 850 Euro, gefördert von der Stiftung der Gemeindesparkasse Gauting, der Gemeinde Gauting und der Bürgerstiftung Landkreis Starnberg.
„Wo ist Europa?“: Die in schlichter Kinderbuch-Sprache verfasste Erzählung von Gerda Frey adelte die Profi-Stimme von Rundfunk-Sprecher Hans Jürgen Stockerl. Mit sprechenden Plüschtieren aus Italien, Irland, Griechenland, Dänemark und Polen, die sich im Kinderzimmer des Zweitklässlers Max stapeln, hatte die Autorin eine Metapher fürs bunte Europa gefunden. „Mama, jetzt verstehe ich, warum du mit deinem Europaprojekt nie Zeit für mich hast“, sagt Max.
Gymnasiallehrer Roland Scheerer hat bereits einen Gedichtband über seinen Heimatfluss Ilm und den Roman „Die Welt ohne Bleiziffer“ veröffentlicht. Der Gautinger Literaturwettbewerb „Europa – wo bist du?“ war „für mich eine spannende Herausforderung“, sagt der Profiautor aus der Holledau. Laudatorin Sabine Zaplin von der Jury war von der Kurzgeschichte sehr überzeugt: „Acht bis zehn Autostunden von Gauting entfernt“, an den südöstlichen Rändern Europas versucht der deutsche Mitarbeiter eines internationalen Konzerns Logo-Piraterie zu unterbinden. Aber in einem rumänischen Dorf scheitert der Deutsche. Denn westliche Marktinteressen prallen hier auf südöstliche Geschäftstüchtigkeit: „Ein clash of cultures.“
„Wer kummt no – vielleicht a Schwarzer, a Weißer, a Gelber?“ Sprecher Hans Jürgen Stockerl intoniert das rhythmische Mundart-Gedicht mit den wohlklingenden Diphtongen (Doppellauten) gekonnt.
Literat und Laudator Gerd Holzheimer ist ganz begeistert, wie der zunächst noch namenlose Autor/Autorin die Skepsis des kleinen Mannes gegenüber dem Fremden transportiert, aber: „Wenn`s alle so wär`n wie I, des wär furchtbar fad. Sonst wär`I nie im Urlaub g`wen.“
Christof Waldecker ist über den zweiten Preis freudig überrascht: „In der Schule war ich im Schreiben ganz schlecht“, bekennt der Elektromeister aus Gilching. Nur auf Bayerisch „kann I schreiben so wie I sprich.“
Zum Finale liest Sprecher Stockerl den Text des abwesenden ersten Preisträgers:
„Europäisch sein heißt… ein Europapreis-Chaos um noch reicher zu werden“ oder „Picasso als Hure“ und „Chopin als Säure.“, aber: „Europäisch zu sein, verpflichtet leider zu rein gar nichts“, endet der Text.
Mit seinem Anagramm-Stil erschließe der Verfasser das Wesen Europas „mit dem Werkzeug eines Schriftstellers“, verlas Tanja Weber die Laudatio von Sabine Zaplin. Doch diesen dicht komponierten Poesierausch müsse man eigentlich lesen, um ihn zu verstehen. Leider war der erste Preisträger und „Sprachkünstler“ Markus Neuert „aus beruflichen Gründen“ abwesend, bedauerte Veranstalter Werner Gruban vom Literaturforum.
„Der Gautinger Literaturpreis ist ein Türöffner“, freute sich Buchhändlerin Luitgard Kirchheim von der Jury: Die 2015 prämierte Christine Zureich wird nämlich im Februar 2018 ihren ersten Roman im Ullstein-Verlag veröffentlichen.
Mit Klangskulpturen aus seinem Sound-Museum, Vinylplatten und gesprochenen Texten aus dem Off krönte Kalle Laar dieses Literaturfest im leider nicht ganz gefüllten bosco-Saal. „Als wir im Sommer 2015 erstmals zusammen saßen, haben uns die Flüchtlingsströme nicht mehr losgelassen“, gestand Jury-Mitglied und Schriftstellerin Tanja Weber. Brexit und die neue Bewegung „Pulse of Europe“ führten schließlich zum diesjährigen Wettbewerbstitel: „Europa – wo bist du?“ 147 anonyme Einsendungen mit Texten aller Altersgruppen, Lyrik, Prosa hatte die Jury zu bewerten. Letztlich wurden vier Preise vergeben – dotiert mit insgesamt 850 Euro, gefördert von der Stiftung der Gemeindesparkasse Gauting, der Gemeinde Gauting und der Bürgerstiftung Landkreis Starnberg.
„Wo ist Europa?“: Die in schlichter Kinderbuch-Sprache verfasste Erzählung von Gerda Frey adelte die Profi-Stimme von Rundfunk-Sprecher Hans Jürgen Stockerl. Mit sprechenden Plüschtieren aus Italien, Irland, Griechenland, Dänemark und Polen, die sich im Kinderzimmer des Zweitklässlers Max stapeln, hatte die Autorin eine Metapher fürs bunte Europa gefunden. „Mama, jetzt verstehe ich, warum du mit deinem Europaprojekt nie Zeit für mich hast“, sagt Max.
Gymnasiallehrer Roland Scheerer hat bereits einen Gedichtband über seinen Heimatfluss Ilm und den Roman „Die Welt ohne Bleiziffer“ veröffentlicht. Der Gautinger Literaturwettbewerb „Europa – wo bist du?“ war „für mich eine spannende Herausforderung“, sagt der Profiautor aus der Holledau. Laudatorin Sabine Zaplin von der Jury war von der Kurzgeschichte sehr überzeugt: „Acht bis zehn Autostunden von Gauting entfernt“, an den südöstlichen Rändern Europas versucht der deutsche Mitarbeiter eines internationalen Konzerns Logo-Piraterie zu unterbinden. Aber in einem rumänischen Dorf scheitert der Deutsche. Denn westliche Marktinteressen prallen hier auf südöstliche Geschäftstüchtigkeit: „Ein clash of cultures.“
„Wer kummt no – vielleicht a Schwarzer, a Weißer, a Gelber?“ Sprecher Hans Jürgen Stockerl intoniert das rhythmische Mundart-Gedicht mit den wohlklingenden Diphtongen (Doppellauten) gekonnt.
Literat und Laudator Gerd Holzheimer ist ganz begeistert, wie der zunächst noch namenlose Autor/Autorin die Skepsis des kleinen Mannes gegenüber dem Fremden transportiert, aber: „Wenn`s alle so wär`n wie I, des wär furchtbar fad. Sonst wär`I nie im Urlaub g`wen.“
Christof Waldecker ist über den zweiten Preis freudig überrascht: „In der Schule war ich im Schreiben ganz schlecht“, bekennt der Elektromeister aus Gilching. Nur auf Bayerisch „kann I schreiben so wie I sprich.“
Zum Finale liest Sprecher Stockerl den Text des abwesenden ersten Preisträgers:
„Europäisch sein heißt… ein Europapreis-Chaos um noch reicher zu werden“ oder „Picasso als Hure“ und „Chopin als Säure.“, aber: „Europäisch zu sein, verpflichtet leider zu rein gar nichts“, endet der Text.
Mit seinem Anagramm-Stil erschließe der Verfasser das Wesen Europas „mit dem Werkzeug eines Schriftstellers“, verlas Tanja Weber die Laudatio von Sabine Zaplin. Doch diesen dicht komponierten Poesierausch müsse man eigentlich lesen, um ihn zu verstehen. Leider war der erste Preisträger und „Sprachkünstler“ Markus Neuert „aus beruflichen Gründen“ abwesend, bedauerte Veranstalter Werner Gruban vom Literaturforum.
„Der Gautinger Literaturpreis ist ein Türöffner“, freute sich Buchhändlerin Luitgard Kirchheim von der Jury: Die 2015 prämierte Christine Zureich wird nämlich im Februar 2018 ihren ersten Roman im Ullstein-Verlag veröffentlichen.
Christine Cless-Wesle, 09.12.2017
Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.