Nach(t)kritik
„mim e-Bike noch Oidäding“
Veranstaltung: Sara Brandhuber: Gschneizt und kampelt„Je häha de Berg, umso schena de Gams. Je schena de Manna, umso deppada sans!“: Mit ihrem neuen Programm „Gschneizt und kampelt“ (Geschniegelt und gestriegelt), eigenen Liedkompositionen und Mundart-Gstanzln zur Gitarre unterhielt Kabarettistin Sara Brandhuber ihr Gautinger „Kultur-Publikum“ am Donnerstagabend im bosco glänzend - indem sie den Leuten in ihrer Urheimat Niederbayern genau aufs Maul schaut. Denn Sara Brandhuber beherrscht die hohe Kunst, die Geschichten ihrer Protagonisten wie die ihrer ehrlichen Uroma weiterzuspinnen - bis ins Absurde.
Lag`s am Hagelsturm kurz vor Veranstaltungsbeginn? Denn leider fehlten diesem nachgeholten Kabarettabend in Gauting 70 Besucher, die die Tickets schon gekauft hatten.
Doch vom nur zu einem Drittel gefüllten Saal ließ sich Sara Brandhuber vorn auf der Bühne keineswegs beeindrucken.
Mit Zuschauerin Maike, einer „Preißin“ aus Oldenburg, trat die Mundart-Dichterin aus Niederbayern sofort in den Dialog, begleitet von Publikumsgelächter.
Highlight bei diesem Gautinger Abend war Brandhubers köstliche Einlage mit der „Schnittschutz-Hosen“, die sie bei der Gartenarbeit mit der Kettensäge zu tragen pflegt.
Die „Schnittschutzhosen“ zum Arbeitsschutz habe ihr der Papa bereits zum zweiten Geburtstag geschenkt, verrät die junge Brandhuberin auf der Bühne. Aber auch noch später war die „Hos´n“ im Einsatz: Als sie als Teenie mit ihren Freundinnen erstmals nachts auf der Piste war, hatte ihre Mama nämlich keine Sorgen. „Die Sara langt keiner an“, habe sie ihren Rosenkranz betenden Frauen dahoam versichert.
Eine köstliche Nummer der genialen Brandhuberin war die Uroma, die für ihre Enkel und sich über Jahrzehnte abgelaufene Süßigkeiten hortet: Erst nach dem Tod der über 90Jährigen habe sie erfahren, dass Gummibärchen weich sind, Geleebananen nicht unbedingt einen Schimmelpelz angesetzt haben müssen.
In der glänzend hingelegten Pantomime „Morbus Socius“, einem verkrampften Ehemann auf dem Beifahrersitz, während die Gattin, „die nix trunga hat“ ausnahmsweise das Auto „lenkt“, lief Sara Brandhuber zu großer Form auf: Die Kabarettistin erntete herzhaftes Gelächter und großen Applaus.
Auch „Oidäding“ (Altötting) ist der Brandhuberin seit Kindheit geläufig: „Madel, wenn du mal ausziehst, rutsch` I auf die Knie bis Oidäding“ habe die Mama ihr versichert.
Doch ohne ihr großes Vorbild Fredl Fesel, den Erfinder des niederbayerischen Musikkabaretts, wäre sie nie auf der Bühne gelandet, glaubt Sara Brandhuber.
Musik und der niederbayerische Dialekt stecken der talentierten Kabarettistin und Liedermacherin aber einfach im Blut. Eingängig war das Lied „Du hast ein Tier am Ohr - Amore“ zur Gitarre im zweiten Programmteil.
Tröstlich ist wiederum der Blick der Mittdreißigerin aufs Alter, wenn sie völlig straffrei Cannabis anbaut, einen Fast- Gattenmord begeht und pünktlich zum Feierabend drängelnder Berufstätiger an der Aldi-Kasse ihr Kleingeld zählt. Denn dann hat sie ja Zeit - und dann geht`s „mim e-Bike noch Oidäding“, freut sich Sara Brandhuber.
Unter Applaus folgt zum Finale das erheiternde Lied „über Sachen, die I ned woaß“, das auch auf CD gebrannt ist.
Kein Wunder, dass die Kabarettistin bereits mit dem bayerischen Dialektpreis ausgezeichnet worden ist.
Doch in Gauting hätte Sara Brandhubers Auftritt trotz mancher Programmlängen mehr Publikum verdient: Wo ist es geblieben?
Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.