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Nach(t)kritik

Di, 08.03.2016
20.00 Uhr

Quatuor Kuijk: Feinsinnig koloriert

Veranstaltung: Quatuor van Kuijk: Mozart, Haydn, Schumann
Und schon wieder ein großartiges Streichquartett aus Frankreich. Erst 2012 gegründet, stand das Quatuor van Kuijk bereits 2015 auf dem Siegertreppchen des Wigmore Hall String Quartet Competition in London. Und es war nicht der erste Wettbewerbserfolg. Und nach dem bosco-Konzert darf man mutmaßen, dass es noch weitere geben wird. Das Potenzial ist jedenfalls groß, das der derzeitige „Betreuer“, Günter Pichler (einst Begründer und Primarius des Alban Berg Quartetts) an der Escuela Superior de Música Reina Sofía in Madrid, gewiss nicht ungenutzt lassen wird. Die Quartette Artemis, Belcea, Casals, Fauré und viele andere Weltklasse-Ensembles sind durch seine Schule mit herausragendem Erfolg gegangen. Man darf also gespannt sein.
Das Repertoire des Ensembles ist bereits beachtlich. Da lassen sich schon spannende Programme daraus kreieren. Selbst wenn hier im bosco mit Mozart, Haydn und Schumann nur große Namen mit Meilensteinen der Quartettliteratur auf dem Programm standen, war es doch zumindest eine besondere Zusammenstellung, die einerseits inhaltliche Querverweise aufdeckte, andererseits auch den sehr kurzen Weg der gerade erst entwickelten Form bis zu ihrer Überwindung mit romantischen Vorzeichen überzeugend skizzierte. Eine Thematik, die viel Fingerspitzengefühl erfordert, zumal die ausgewählten Werke ihre Besonderheiten nicht gerade herausposaunen.
Die Besonderheit des Ensembles offenbarte sich indes deutlich. Doch nicht deshalb, weil sie spektakulär großspurig wäre. Sie bestach vielmehr mit Einfühlsamkeit und Sensibilität, ohne dass dies auf Kosten der Musizierlust und Spielfreude ginge. Es waren schon sehr frische und schillernde Klangfarben, die das Quatuor van Kuijk in guter alter, französischer Tradition da behutsam anrührte. Gerade in Mozarts Kopfsatz des Es-Dur-Quartetts KV 428 aus dem Haydn gewidmeten Kompendium überzeugten die vier jungen Männer in der Fülle der Ideen der thematischen Verarbeitung. Ähnlich substanzvoll gab sich auch der Schlusssatz, der innerhalb eines zurückhaltenden Spektrums der angewandten Mittel eine beachtliche Vielfalt der Differenzierung offenbarte.
Der Zugriff des Quatuor van Kuijk spielt sich jeweils auf einem begrenzente Feld ab. Und auch das ist die Stärke des Ensembles, das eben genau auszuwählen versteht, was einen Komponisten ausmacht und herauszufinden weiß, wie seine Sprache mit den geringsten Mitteln zielsicher charakterisiert werden kann. Innerhalb dieser Möglichkeiten gelang es dem Ensemble dann stets, den Eindruck von Fülle und Reichtum zu suggerieren. Gerade in Haydns B-Dur-Streichquartett op. 50/1 ist dieser Zugriff absolut notwendig, da dem Werk die Reduktion geradezu immanent ist. Das Quatuor van Kuijk vermochte jedoch insbesondere in den langsamen Sätzen in wohltuender Klangbalance das feinsinnige Changieren dramaturgisch wirkungsvoll zu entwickeln und einen weiten Bogen zu spannen.Das Ensemble versteht es durchaus auch, aus dem Vollen zu schöpfen, auch wenn Primarius Nicolas van Kuijk mit weiten Rücknahmen immer wieder zu Zurückhaltung ermahnte, was allerdings seinen Part bisweilen etwas blass erscheinen ließ. Die beschwingten Menuette gaben schon Anlass für gelöstes Musizieren, doch weit mehr noch das Streichquartett a-Moll op. 41/1 von Schumann, das bereits im Allegro des Kopfsatzes ein pfiffig kontrastiertes Thema anbot. Mit dem Presto-Schlusssatz bekam dann das Konzert ein Finale im fulminanten Stil. Diese Steigerung im Programm war schon dramaturgisch geschickt angelegt und zog einen lang anhaltenden, begeisterten Applaus nach sich. Mozart in der Zugabe schloss den Kreis im Programm.
Reinhard Palmer, 09.03.2016


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Di, 08.03.2016 | © Copyright Werner Gruban, Theaterforum Gauting