Nach(t)kritik
Quatuor Voce: Meister wohlklingender Proportionen
Veranstaltung: Quatuor Voce: Beethoven, Brahms & RavelWelch ein erquickendes Konzert! Zum Glück schnitt der BR mit. Dass die vier jungen Musiker eines ihrer beiden Festivals „Cœur en Musiques“ genannt haben, ist wahrlich keine Floskel. Es ist das reinste Vergnügen, das Quatuor Voce auf der Bühne zu erleben. Eine überaus intime Angelegenheit zudem, wenn sich Musiker auf der Bühne derart den Emotionen hingeben, ja sich geradezu entblößen.
Vom ersten Ton an fand man sich gefangen in den wunderbar schlüssigen Verflechtungen. Das Programm war allerdings auch explizit darauf ausgelegt, das Formale möglichst zu überwinden, um die reine Empfindung zu wecken. Beethoven selbst hatte zu seinen Streichquartetten op. 18 geschrieben, es sei „natürlich Empfindung darin, aber wenig Kunst“ (Kunst im Sinne von tradierter Konstruktion). Erst recht im vierten Streichquartett dieses Kompendiums in c-Moll, das wohl Beethovens erster mutiger Vorstoß war, sich mit eigenen Ideen in der Königsdisziplin zu behaupten. Mit frischer Vitalität stieg das französische Ensemble hier ins Werk ein, um mit dem wohltuend verhaltenen Andante scherzoso einen schönmusikalischen Kontrast zu bewirken. Das kraftvolle Menuett wagte ganz nach dem Vorbild Mozarts in KV 421 nur selten ein Tänzchen, bereitete vielmehr die Verve vor, die das Schlussrondo mächtig befeuern sollte. Dennoch blieb alles überaus kultiviert, mit großer Umsicht geformt und modelliert. Verdichtungen und Intensivierungen stiegen aus tiefstem Inneren empor. Was Quatuor Voce ausgezeichnet beherrscht, ist aber vor allem die Kunst der harmonischen Proportionen. Alles passte hier zusammen. Lautstärke, Substanzvolumen, Bewegung in der Dynamik, Phrasierung, Klangmixturen, Farbigkeit standen stets in sorgfältig austarierten Größenordnungen zueinander.
Wie klug ist es auch, zwei Primariae zu haben, die je nach Werkcharakteristik – klassisch Streng oder in sensibler Ausdrucksfarbigkeit – ensemblenah zu führen vermögen. So konnte Ravels Streichquartett F-Dur, das einzige des Komponisten, in „unaussprechlicher Zartheit“ (W. Tappolet) das atmosphärische Szenario eröffnen. Das rhythmische, präzise Pizzicato im zweiten Satz kontrastierte eine hinreißend leidenschaftliche, fließende Melodik. Im extrem ausgedehnten langsamen Satz bewies Quatuor Voce eine überzeugendes Vermögen, schier endlose Spannungsbögen zu ziehen, liefert der Satz doch kaum Füllstoff, der als Baumaterial hätte dienen können. Der kraftvolle Schlusssatz zeigte sich schließlich als ein wohltuendes Ventil, die angestaute Energie in ein farbenreiches Feuerwerk zu verwandeln.
Zum Glück behielt Quatuor Voce auch bei Brahms diesen erfrischenden, französisch-, zudem mit drei Frauen im Team weiblich-emotionalen Zugriff. Keine dunkle, zähe Masse also, als vielmehr ein warmes Timbre der eher vergnüglichen Wanderung durch bilderreiche Naturstimmungen. Schon das flotte Hornmotiv des Kopfsatzes hob in spritziger Leichtigkeit ab. Das Andante mied alles Gravitätische, bezauberte vielmehr mit pastoraler Idylle. Von der Bratsche einfühlsam, doch substanzvoll ausgesungen, gab sich das darauffolgende Intermezzo nicht weniger atmosphärisch. Und schließlich bot das vergnügliche Finale noch einmal dem Ensemble die Möglichkeit, mit Klarheit und Transparenz das Thema des Schlusssatzes mit dem des Kopfsatzes in raffinierten Verflechtungen zu einer pfiffigen Konklusion zu vereinen. In der Zugabe erklang aus dem Streichquartett Nr. 4 von Béla Bertók Satz 4 (Allegretto pizzicato) mit packender Expressivität und mitreißender Kraft des Zupfgefüges.
Vom ersten Ton an fand man sich gefangen in den wunderbar schlüssigen Verflechtungen. Das Programm war allerdings auch explizit darauf ausgelegt, das Formale möglichst zu überwinden, um die reine Empfindung zu wecken. Beethoven selbst hatte zu seinen Streichquartetten op. 18 geschrieben, es sei „natürlich Empfindung darin, aber wenig Kunst“ (Kunst im Sinne von tradierter Konstruktion). Erst recht im vierten Streichquartett dieses Kompendiums in c-Moll, das wohl Beethovens erster mutiger Vorstoß war, sich mit eigenen Ideen in der Königsdisziplin zu behaupten. Mit frischer Vitalität stieg das französische Ensemble hier ins Werk ein, um mit dem wohltuend verhaltenen Andante scherzoso einen schönmusikalischen Kontrast zu bewirken. Das kraftvolle Menuett wagte ganz nach dem Vorbild Mozarts in KV 421 nur selten ein Tänzchen, bereitete vielmehr die Verve vor, die das Schlussrondo mächtig befeuern sollte. Dennoch blieb alles überaus kultiviert, mit großer Umsicht geformt und modelliert. Verdichtungen und Intensivierungen stiegen aus tiefstem Inneren empor. Was Quatuor Voce ausgezeichnet beherrscht, ist aber vor allem die Kunst der harmonischen Proportionen. Alles passte hier zusammen. Lautstärke, Substanzvolumen, Bewegung in der Dynamik, Phrasierung, Klangmixturen, Farbigkeit standen stets in sorgfältig austarierten Größenordnungen zueinander.
Wie klug ist es auch, zwei Primariae zu haben, die je nach Werkcharakteristik – klassisch Streng oder in sensibler Ausdrucksfarbigkeit – ensemblenah zu führen vermögen. So konnte Ravels Streichquartett F-Dur, das einzige des Komponisten, in „unaussprechlicher Zartheit“ (W. Tappolet) das atmosphärische Szenario eröffnen. Das rhythmische, präzise Pizzicato im zweiten Satz kontrastierte eine hinreißend leidenschaftliche, fließende Melodik. Im extrem ausgedehnten langsamen Satz bewies Quatuor Voce eine überzeugendes Vermögen, schier endlose Spannungsbögen zu ziehen, liefert der Satz doch kaum Füllstoff, der als Baumaterial hätte dienen können. Der kraftvolle Schlusssatz zeigte sich schließlich als ein wohltuendes Ventil, die angestaute Energie in ein farbenreiches Feuerwerk zu verwandeln.
Zum Glück behielt Quatuor Voce auch bei Brahms diesen erfrischenden, französisch-, zudem mit drei Frauen im Team weiblich-emotionalen Zugriff. Keine dunkle, zähe Masse also, als vielmehr ein warmes Timbre der eher vergnüglichen Wanderung durch bilderreiche Naturstimmungen. Schon das flotte Hornmotiv des Kopfsatzes hob in spritziger Leichtigkeit ab. Das Andante mied alles Gravitätische, bezauberte vielmehr mit pastoraler Idylle. Von der Bratsche einfühlsam, doch substanzvoll ausgesungen, gab sich das darauffolgende Intermezzo nicht weniger atmosphärisch. Und schließlich bot das vergnügliche Finale noch einmal dem Ensemble die Möglichkeit, mit Klarheit und Transparenz das Thema des Schlusssatzes mit dem des Kopfsatzes in raffinierten Verflechtungen zu einer pfiffigen Konklusion zu vereinen. In der Zugabe erklang aus dem Streichquartett Nr. 4 von Béla Bertók Satz 4 (Allegretto pizzicato) mit packender Expressivität und mitreißender Kraft des Zupfgefüges.
Reinhard Palmer, 20.04.2015
Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.