Nach(t)kritik
Trio Shaham Erez Wallfisch: Satte Klangfluten
Veranstaltung: Trio Shaham, Erez, Wallfisch: Rachmaninow, Arenski, BrahmsAls Trio waren die drei Musiker erst zum dritten Mal in Deutschland, nach Göppingen 2013 und Göttingen 2014. Obgleich Hagai Shaham (Violine), Raphael Wallfisch (Violoncello) und Arnon Erez (Klavier) als Solisten oder in anderen Konstellationen weltweit einen Namen haben, gelang dem Trio Shaham Erez Wallfisch der Durchbruch in Deutschland noch nicht. Wenn es nach dem bosco-Publikum ginge, könnte sich das bald ändern, auch wenn die Klangfluten des etwas dick auftragenden Programms so manchen Besucher übersättigten. Klaviertrios von Sergei Rachmaninow, dessen Lehrer Anton Arenski und Johannes Brahms: Das ist wohl zu viel der Schwergewichtler an einem Abend.
Dieser Eindruck konnte allerdings nur vordergründig entstehen, denn an feinsinnigen Rücknahmen fehlte es hier nicht, wenn auch nicht vom ersten Werk an. Rachmaninows erstes Trio Élégiaque op. 9/1 zu Ehren von Tschaikowski ist keine Komposition, die sich an irgendeiner Stelle zurückhalten will. Höchste Emotionalität ist darin die Grundsubstanz, die immer nur weiter verdichtet und intensiviert wird. Dunkel, leidenschaftlich und substanzfüllig, doch mit leicht formbarer Plastizität nahm das Trio hier den als Pianist recht nüchtern überlieferten Rachmaninow und demonstrierte zugleich seine große Stärke als Ensemble: die Klangbildnerei.
Sinnenfreudiges und farbsattes Gestalten machte schon das g-Moll-Werk Rachmaninows zu einer vergoldeten Ikone mit expressiven Zügen und im schweren Rahmen. Doch Arenskis Klaviertrio d-Moll zog schon deutlich feinere Saiten auf. Auch er gedachte darin eines Musikers, des bereits 1889 verstorbenen Cellisten Karl Davidoff. Mit dem tiefen Streicher im Vordergrund ging es hier ebenso um elegisch-pathetische Gesänge. Aber wie bei Rachmaninow genauso um einen virtuosen Klavierpart, der bei Arenski allerdings perlender in Erscheinung trat. Ein kleiner Vorgeschmack darauf, was auch im Ensemble schließlich für schillernde Klangmalerei sorgen sollte.
Schon das verspielte Scherzo, in dem unzählige Spieltechniken und deren Kombinationen zum Einsatz gelangten, sorgte für erfrischende Farbnuancen. Aber damit waren die Möglichkeiten noch nicht erschöpft: Die Elegia, die eigentliche Totenklage des Cellos über dem Trauermarschrhythmus im Klavier, hielt eine Überraschung parat. Unerwartet verzogen sich die düsteren Wolken und der Himmel der Apotheose klarte sich auf. Geradezu impressionistisch spürte das Trio hier der Trauermelodie nun in Dur nach. Ein farbfrisches Schillern in zarten Lasuren sorgte dabei für eine überwältigende Wirkung, die sich im dritten Satz noch einmal steigern sollte, eingerahmt vom Tanztaumel der konzertanten Polonaise.
Bei Brahms sahen die einfühlsamen Rücknahmen anders aus, neigt doch sein zweites Klaviertrio op. 87 eher zum Ungestümen und Kantigen. Das dämonische Element, wie es Brahms-Biograph Max Kalbeck beschrieb, hatte seinen Auftritt, wenn auch in einer verhaltenen Form. Weniger Mysterium als vielmehr ein persönliches Geheimnis. Gerade im Scherzo, wo sich im Klavierpart höchste Virtuosität ins leichte Leggiero zurücknehmen muss. Selbst die heitere Triomelodie vermochte jedoch nicht viel dem Sog zum großen Finale entgegenstellen. Im Schlusssatz griff das Trio Shahan Erez Wallfisch denn auch spielfreudig ins Volle, doch nicht ohne die lyrischen Kontrastmotive auszukosten. Ein fulminantes Ende, dem sich lang anhaltender, begeisterter Applaus anschloss. Dvořáks Dumky-Allegro in der Zugabe.
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