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Nach(t)kritik

So, 08.12.2019
20.00 Uhr

Und sehet, was uns bescheret ist

Veranstaltung: Brigitte Hobmeier & nouWell Cousines: Eine schöne Bescherung

Tief hinein in die Schrecken des Eises und der Finsternis führte die Schauspielerin Brigitte Hobmeier das Publikum zu Beginn eines Abends, der saisongemäß literarisch musikalischen Spuren hinüber zum bevorstehenden Weihnachtsfest zu folgen sich vorgenommen hatte. Gemeinsam mit drei von vier Nouwell Cousines - die Maria Well war krank und „recht zwider, dass net dabei sein kann“ (O-Ton Maresa Well) - erkundete das einstige Mitglied der Münchner Kammerspiele die menschlichen Befindlichkeiten, die gerade bei frostigeren Temperaturen und sich breit machender Dunkelheit zu den absurdesten Zuständen führen können.

Mit Amundsens und Scotts Wettlauf um die Ersterkundung des Südpols begann es. Auf den ersten Blick ist diese tief tragische und zugleich von menschlichem Hochmut erzählende Geschichte nicht unbedingt eine Advents- oder gar Weihnachtsgeschichte. Aber sie schuf das entsprechende Szenario: die unwirtliche Natur, das näherrückende Ziel, der Wettlauf mit der Zeit und am Ende die Enttäuschung, nicht bekommen zu haben, was so sehnlichst gewünscht worden war. 

Und es gibt noch andere Wege hin zur Bescherung. Sie führen mal über die Liebe zum Whisky und zum Rollenspiel zu einem denkwürdigen Auftritt eines kurzfristig angeheuerten Weihnachtsmannes. Sie führen über falsch verstandene weihnachtliche Nächstenliebe zu einem sinnlosen, aber gut gemeinten Geschenk. Sie führen aufs glatte Eis, in den tiefen Wald, ganz tief hinein in die Abgründe des von den Dichtern einst als edel, hilfreich und gut besungenen Menschengeschlechts. „Eine schöne Bescherung“, lautet der Titel des Programms, und von solch sprichwörtlich  schön schauriger Bescherung weiß dieses eindrucksvoll zu berichten.

Maresa Well, Matthias Well und Alexander Maschke, die Trio-Version der Nouwell Cousines, kommentieren in großartig ausgewählten Musikstücken, in der Besetzung für Geige, Akkordeon und Klavier sowie Gesang, die Bescherungsgeschichten mal humorvoll, mal melancholisch reflektierend. Die interpretatorische Exzellenz dieses jungen Ensembles beeindruckt sowohl durch konzentrierte Präsent als auch durch virtuose Spielleidenschaft und Leichtigkeit. So entsteht nicht selten ein spannender Kontrast zu den meist dunkler gefärbten Geschichten.

Spielleidenschaft, gepaart mit Leichtigkeit und Exzellenz  besitzt auch Brigitte Hobmeier. Sie liest nicht nur, sie steigt geradezu körperlich in die Figuren der ausgewählten Texte hinein. Mal in deftigstem Bayerisch, dann wieder fast nüchtern Hochdeutsch, mal lyrisch singend, dann wieder den ganzen syntaktischen Reichtum der Prosa auskostend, zelebriert sie diese literarischen Phantasien rund um die dunklere Jahreszeit. 

So erlebt das Gautinger Publikum schon gut zwei Wochen vor dem Weihnachtsfest eine musikalisch-literarische „schöne Bescherung“ auf höchstem Niveau. Und eine jede, ein jeder ging beseelt nach Hause.

Sabine Zaplin, 09.12.2019


Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.
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So, 08.12.2019 | © Werner Gruban - Theaterforum Gauting e.V.