Nach(t)kritik
Unter Spannung
Veranstaltung: Orchestervereinigung Gauting: 2. SinfoniekonzertEs gibt nicht viele Werke dieser Gattung, die zudem nur auf den Zeitraum der Hochklassik beschränkt sind. Sinfonia concertante bezeichnet eine Komposition für ein konzertierendes Solistenensemble und Orchester. Für solche Raritäten ist der Geiger Ingolf Turban immer zu haben, zumal wenn er eine Schülerin als Duo-Partnerin für den solistischen Part mitbringen darf. Und eine musikalische Beziehung kann wohl kaum enger sein als die zwischen Student/in und Professor/in. Anna Sophie Dauenhauer und Turban zeigten sich denn auch im Zugriff absolut homogen und gaben hier ein Duo von überragender musikalischer Stimmigkeit im Sinne Louis Spohrs wie in der spieltechnischen Umsetzung.
Für die Orchestervereinigung Gauting war diese Sinfonia concertante h-Moll op. 88 von Spohr nicht gerade dankbar, war es doch über weite Strecken zur reinen Begleitung verdonnert, und dabei nicht selten auch noch reichlich fragmentiert, oft nur auf farblich markierende Stützharmonien beschränkt, was mit Dorian Keilhacks präzisem und ausdrucksorientiertem Dirigat auch absolut zuverlässig gelang. Die Schwierigkeit bestand vielmehr darin, dann auch mit klangsatter Einfühlsamkeit da zu sein, wenn das Orchester die Führung übernahm. Aber gerade durch die nötige Zurückhaltung schien das Orchester schnell ausgehungert und entwickelte in den Passagen sogleich begierig einen breiten, hell-dunkel changierenden Klangfluss. Dieses Kontrastprogramm fand sich vor allem im Andantino, dem langsamen Satz, deutlich exponiert. Die beiden Solisten mussten hier lange mit kammermusikalischen Qualitäten brillieren, bis auch sie mit temperamentvollem Schmiss saftig loslegen durften. Aber die energischen Rahmensätze mit ihrer scharfen Rhythmisierung und pointierter Konturierung gaben reichlich Möglichkeiten, lustvoll und musizierfreudig zuzupacken, vom Solistenduett gar mit virtuoser Verve.
Eine besondere Rolle spielte an diesem Abend der Spannungsaufbau, ging es doch um Werke, denen ein reiches Ausdrucksspektrum immanent ist und bisweilen weite Rücknahmen schon deutliche Löcher hätten entstehen lassen können. Aber die Orchestervereinigung Gauting bewies bereits in der Konzerteröffnung, dass sie über weite Entfernungen Zusammenhänge mühelos aufrechterhalten kann. Mit Mendelssohns Konzertouvertüre „Das Märchen von der schönen Melusine“ F-Dur op. 32 machte es Keilhack dem Orchester allerdings nicht leicht. Gleich mit den ersten Takten Atmosphäre in warmem Legendenton – man denke an „Sommernachtstraum“ – aufkommen zu lassen, war hier schon eine reife Leistung. Nachfolgend daraus auch die Erzählung von der Liebe der Nixe Melusine zum Menschen Raimund zu entwickeln und sie schließlich ins Unwirkliche entschwinden zu lassen, erst recht.
Der weite Bogen mit narrativem Auf und Ab und einer dramaturgischen Entwicklung lag zweifelsohne auch den drei Sätzen bei Spohr zugrunde, obgleich ohne programmatische Motivation. Hier konnte sich das Orchester vor allem aber auf Beethovens 7. Sinfonie A-Dur op. 92 glänzend vorbereiten. Von Anfang an geht es dort um wuchtiges Tutti-Donnern gegenüber stimmungsvoller Wärme der Rücknahmen. So zumindest mit weit gefächerter Dynamik im Vivace-Kopfsatz mit seinem heiteren Thema. Ein Kontrastprogramm, das Beethoven im dritten Satz (Presto) noch einmal Aufgriff: Den dramaturgischen Spannungsaufbau mit dem leichten, rhythmischen Thema zog das Orchester schlüssig bis zum letzten Ton, sodass auch die Schlusspointe präzise saß. Fesselnd geheimnisvoll in düsterer Leidenschaft überzeugte indes das Allegretto (2. Satz) mit seiner satten Verdichtung und dem geheimnisvollen Ausklang. Im Grunde löste sich dieser Spuk erst im Schlusssatz auf, den das Orchester konsequent bis zum Ende in voller Konzentration und präziser Diktion auszuspielen vermochte. Mit wildem Wirbel stieg es in den stark rhythmisieren Tanz ein, um sich fulminant in der Substanz zu steigern. Eine Entfesselung, die das Publikum mitriss – vor allem zum lang anhaltenden frenetischen Applaus.
Für die Orchestervereinigung Gauting war diese Sinfonia concertante h-Moll op. 88 von Spohr nicht gerade dankbar, war es doch über weite Strecken zur reinen Begleitung verdonnert, und dabei nicht selten auch noch reichlich fragmentiert, oft nur auf farblich markierende Stützharmonien beschränkt, was mit Dorian Keilhacks präzisem und ausdrucksorientiertem Dirigat auch absolut zuverlässig gelang. Die Schwierigkeit bestand vielmehr darin, dann auch mit klangsatter Einfühlsamkeit da zu sein, wenn das Orchester die Führung übernahm. Aber gerade durch die nötige Zurückhaltung schien das Orchester schnell ausgehungert und entwickelte in den Passagen sogleich begierig einen breiten, hell-dunkel changierenden Klangfluss. Dieses Kontrastprogramm fand sich vor allem im Andantino, dem langsamen Satz, deutlich exponiert. Die beiden Solisten mussten hier lange mit kammermusikalischen Qualitäten brillieren, bis auch sie mit temperamentvollem Schmiss saftig loslegen durften. Aber die energischen Rahmensätze mit ihrer scharfen Rhythmisierung und pointierter Konturierung gaben reichlich Möglichkeiten, lustvoll und musizierfreudig zuzupacken, vom Solistenduett gar mit virtuoser Verve.
Eine besondere Rolle spielte an diesem Abend der Spannungsaufbau, ging es doch um Werke, denen ein reiches Ausdrucksspektrum immanent ist und bisweilen weite Rücknahmen schon deutliche Löcher hätten entstehen lassen können. Aber die Orchestervereinigung Gauting bewies bereits in der Konzerteröffnung, dass sie über weite Entfernungen Zusammenhänge mühelos aufrechterhalten kann. Mit Mendelssohns Konzertouvertüre „Das Märchen von der schönen Melusine“ F-Dur op. 32 machte es Keilhack dem Orchester allerdings nicht leicht. Gleich mit den ersten Takten Atmosphäre in warmem Legendenton – man denke an „Sommernachtstraum“ – aufkommen zu lassen, war hier schon eine reife Leistung. Nachfolgend daraus auch die Erzählung von der Liebe der Nixe Melusine zum Menschen Raimund zu entwickeln und sie schließlich ins Unwirkliche entschwinden zu lassen, erst recht.
Der weite Bogen mit narrativem Auf und Ab und einer dramaturgischen Entwicklung lag zweifelsohne auch den drei Sätzen bei Spohr zugrunde, obgleich ohne programmatische Motivation. Hier konnte sich das Orchester vor allem aber auf Beethovens 7. Sinfonie A-Dur op. 92 glänzend vorbereiten. Von Anfang an geht es dort um wuchtiges Tutti-Donnern gegenüber stimmungsvoller Wärme der Rücknahmen. So zumindest mit weit gefächerter Dynamik im Vivace-Kopfsatz mit seinem heiteren Thema. Ein Kontrastprogramm, das Beethoven im dritten Satz (Presto) noch einmal Aufgriff: Den dramaturgischen Spannungsaufbau mit dem leichten, rhythmischen Thema zog das Orchester schlüssig bis zum letzten Ton, sodass auch die Schlusspointe präzise saß. Fesselnd geheimnisvoll in düsterer Leidenschaft überzeugte indes das Allegretto (2. Satz) mit seiner satten Verdichtung und dem geheimnisvollen Ausklang. Im Grunde löste sich dieser Spuk erst im Schlusssatz auf, den das Orchester konsequent bis zum Ende in voller Konzentration und präziser Diktion auszuspielen vermochte. Mit wildem Wirbel stieg es in den stark rhythmisieren Tanz ein, um sich fulminant in der Substanz zu steigern. Eine Entfesselung, die das Publikum mitriss – vor allem zum lang anhaltenden frenetischen Applaus.
Reinhard Palmer, 18.06.2018
Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.