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Ein Hoch auf „Mr. Unterbrunn“

Erschienen in:   Starnberger Merkur

Großer Festakt in der Remise: Die Gemeinde Gauting verlieh am Donnerstag den Klinge-Preis an das Theaterforum, den Maler Richard Eckert und den jungen Fotografen Raphael Silas Christoph. Im Mittelpunkt aber stand die Ehrenbürgerwürde für den Unterbrunner Sammler Hermann Geiger.

Gauting – Hermann Geiger ist eigentlich keiner, der gerne im Mittelpunkt steht. Doch diesmal kam er nicht umhin. Als ihm Bürgermeisterin Dr. Brigitte Kössinger am Donnerstagabend zum Ehrenbürger der Gemeinde Gauting ernannte, erhoben sich die 150 Gäste in der Remise von Schloss Fußberg, applaudierten und riefen Bravo. Der Unterbrunner kämpfte offenbar mit seinen Gefühlen, und als der Applaus allmählich abebbte, sagte er nur: „Jetzt bin ich bedient.“ Großes Gelächter. So ist er eben, der Hermann Geiger.

Dieser Moment dürfte der Höhepunkt eines Abends gewesen sein, an den sich alle, die dabei waren, noch lange erinnern werden. Die Gemeinde verlieh im noblen Ambiente der Remise die mit je 1000 Euro dotierten Klinge-Preise für besondere Leistungen auf dem Gebiet der Kunst an das Theaterforum und den Maler und Illustrator Richard Eckert (90). Der mit 350 Euro verbundene Förderpreis ging an den jungen Stockdorfer Naturfotografen Raphael Silas Christoph. Für Brigitte Kössinger war es die siebte und letzte Verleihung. Musikalisch begleitete den Abend die Ludwig-Seuss-Band mit viel Schwung. Und dann war da noch die Ehrenbürgerwürde für Hermann Geiger.

Theaterforum ein „Aushängeschild“

Das 1993 gegründete Theaterforum bezeichnete die Bürgermeisterin als „Aushängeschild der Gemeinde“. Sie erinnerte an die Anfänge unter Hans-Georg Krause, der einst mit den Gautinger Theatertagen den Impuls gab, Kultur in Gauting erlebbar zu machen. „Mit dem Projekt lagen Sie goldrichtig“, bescheinigte sie ihm. Die Laudatorin, Kunsthistorikerin und Kulturjournalistin Katja Sebald, erzählte die Geschichte des Theaterforums, passend zum Thema, als Drama.

Wie es ausgeht, angesichts der prekären Finanzlange der Gemeinde? Dazu hatte sie eine klare Meinung. „Die Auszeichnung ist richtig und wichtig, aber sie ist nicht genug“, sagte sie. Kultur sei entgegen einem gängigen Vorurteil nicht das Vergnügen von einigen wenigen, sondern „die Substanz unseres Zusammenlebens“. Der Vorsitzende des Theaterforums, Thomas Hilkert, wandte sich an Hans-Georg Krause („Der Preis geht zu hohen Teilen an dich“) und an seine Mitstreiter („Ihr haltet den Betrieb am Laufen“). Als die Ehrenamtlichen aufstanden, gab es viel Applaus und Bravorufe.

Richard Eckert, der kürzlich seinen 90. Geburtstag feierte, ist für die Bürgermeisterin der „Inbegriff des kulturellen Tausendsassas“, der sich seit seinem Zuzug im Jahr 1996 „in das Herz der Gemeinde gemalt, gezeichnet, und ja, auch gebrannt hat“. Besonders erwähnte sie seine vielen Plakate, mit den er den Schlosspark verschönt. Mit Laudator Dr. Klaus Wagner, bekannt als ehemaliger Vorsitzender des Seniorenbeirats, verbindet Eckert eine sehr persönliche Geschichte: Beide sind am Wannsee in Berlin aufgewachsen, allerdings ohne sich kennenzulernen. Das holten sie in Gauting nach.

Wagner ließ die Vita seines Freundes Revue passieren, von den Anfängen im vom Krieg zerstörten Berlin über seine Zeit als rechte Hand des legendären Ariola-Chefs Monty Lüftner bis nach Gauting. Besonders rühmte Wagner Eckerts Tierplastiken, die in vielen Gautinger Gärten stehen, und wünschte ihm, sich das kindliche Gemüt weiter zu bewahren. Der Preisträger selbst fasste sich kurz: „Ich wollte doch immer nur malen“, sagte er. „Dass das Kunst sein soll, auf den Gedanken bin ich nie gekommen.“

Erst 18 Jahre jung ist Raphael Silas Christoph, und doch hat er mit seinen Naturfotografien bereits Aufsehen erregt. Brigitte Kössinger stellte fest, dass die Fotografien das Potenzial haben, bei allen Betrachtern das Umweltbewusstsein zu stärken – was in diesen Zeiten dringend nötig ist. Die eminente Beobachtungsgabe des jungen Stockdorfers hob Laudator Dr. Ferry Böhme aus Fürstenfeldbruck hervor, Mitglied in der Jury „Natur im Fokus“. Er sagte: „Das Auge macht einen guten Fotografen aus“, und das habe Christoph offensichtlich. Der Preisträger selbst dankte für die Auszeichnung. „Sie ermutigt mich, weiter zu experimentieren und meinen Weg weiterzugehen.“

Dann näherte man sich dem „krönenden Abschluss“ des Abends, wie ihn die Bürgermeisterin bezeichnete: der Verleihung der Ehrenbürgerwürde an den leidenschaftlichen Sammler und Vereinsmenschen Hermann Geiger. Viele Unterbrunner, als deren heimlicher Bürgermeister er gilt, hatten sich auf den Weg nach Gauting gemacht, die Vereine in voller Montur. Und der Pfarrer hatte dem Vernehmen nach sogar den Gottesdienst ausfallen lassen. „Die Ehrenbürgerwürde für Hermann Geiger ist schon lange im Gespräch“, so Kössinger. „Ich freue mich sehr, dass es noch in meiner Amtszeit klappt.“

Landrat lobt Geiger in höchsten Tönen

Landrat Stefan Frey lobte besonders drei Eigenschaften an dem 69-Jährigen: seine Bescheidenheit und Bodenständigkeit, seinen Sinn für die Allgemeinheit und die Bereitschaft, Ehrenämter auszuüben. „Das kann man heutzutage gar nicht hoch genug schätzen“, sagte er. Sei es bei der Feuerwehr, den Veteranen, dem Männergesangverein, dem Oldtimerclub, dem Sportverein, dem Seifenkistenrennen, und, und, und: Überall ist Geiger die treibende Kraft. Auch die unzähligen Sammlerstücke, die er in seinem Museum aufbewahrt, beanspruche er nicht für sich selbst. Er zeige alles gerne vor und teile seine Informationen. „Von deiner Begeisterung zehrt der Landkreis“, sagte der Landrat. „Du bist und bleibst Mr. Unterbrunn.“

Laudator Axel Hoepner, der mit Geiger bei „Kultur in Unterbrunn“ zusammenarbeitet, hob die große Menschlichkeit des „Mandi“ hervor. Er besitze die inzwischen selten gewordene Gabe, andere Meinungen auszuhalten. „Heute schaukelt sich immer alles sehr schnell hoch. Wir bräuchten eigentlich viel mehr Mandis“, sagte der MfG-Gemeinderat. Geiger sei offen und ohne jede Vorurteile. Diese Haltung zur Welt habe er selbst einmal gut auf den Punkt gebracht mit dem Satz: „Ich mag eigentlich jeden Menschen, solange er kein Depp ist.“ Derzeit arbeitet Geiger laut Hoepner mit der ihm eigenen Besessenheit daran, ein Pferderennen, das früher in Unterbrunn stattgefunden haben sollen, wieder aufleben zu lassen. Der Versuch, alte Hufeisen mit der Sonde zu finden, sei von der Hochspannungsleitung gestört worden. Doch von solchen Widerständen lässt sich Geiger erfahrungsgemäß nicht entmutigen.

Der neue Ehrenbürger hielt eine launige Rede. Besonders dankte er seiner Frau Christa. „Ohne sie könnte ich diesen Wahnsinn niemals durchziehen.“ Alle, die Sorge haben, dass er jetzt abhebt, beruhigte er: „Ich bleibe schon am Boden.“ Und Geiger wäre nicht Geiger, wenn er nicht auf etwas Historisches hingewiesen hätte, nämlich auf den Unterbrunner Pfarrer Georg Resl, der vor gut 100 Jahren den Pfarrhof errichten ließ und ebenfalls zum Ehrenbürger ernannt wurde. Zurzeit wertet er in seiner Freizeit alte Zeitungen aus, um Näheres zu erfahren. Dabei hat er herausgefunden, dass Resl blaue Augen hatte. „Genau wie ich“, rief er. Da war er wieder, der Geiger-Moment.

28.07.2025, Volker Ufertinger