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Veranstaltungsinfo

Do, 05.10.2017
20:00 Uhr
Literatur

15,00 / 8,00

Vorverkauf ab 08.07.17

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Veranstalter: Theaterforum Gauting e.V.

Anton G. Leitner & Maria Hafner: Schnablgwax. Bairisches Verskabarett

Auf der Bühne des Bosco treten Leitner und Hafner zum ersten Mal mit einem aufeinander abgestimmten Vers- und Musik-Programm auf. Moderiert wird der Abend von der Gautinger Kulturjournalistin Sabine Zaplin.
Anton G. Leitner verpasst der bairischen Mundartdichtung eine Frischzellen-Kur. Mit der Musikerin Maria Hafner (»Hasemanns Töchter«, »Mrs. Zwirbl«) hat er eine kongeniale Künstlerin gefunden, die seine frechen Verse musikalisch kontrastiert, sei es mit Couplets oder Gstanzl.

Leitner hat sich im Laufe von vier Jahrzehnten mit hochdeutscher Lyrik einen internationalen Namen gemacht. Seit vier Jahren schreibt er auch so, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, nämlich auf Oberbairisch. Mit seinem zweisprachigen »Schnablgwax« ist der Münchner Turmschreiber im gesamten deutschen Sprachraum unterwegs. 2016 sind seine kabarettistischen Gedichtgeschichten als Buch sowie als E-Book und Audiobook erschienen. Leitners deftige Verse entspringen dem prallen Leben und erzählen vom ganz alltäglichen Wahnsinn im weiß-blauen Freistaat: sei es von einem meditierenden Metzgermeister auf Freiersfüßen oder von einer perfiden Biergarten-Variante des russischen Roulettes. Der klangvolle Dialekt verleiht Leitners Sprache eine urwüchsige Kraft. Durch die Übertragung ins Schriftdeutsche entstehen schräge Verfremdungseffekte, die die Lachmuskeln stark strapazieren.
 
Maria Hafner spielt Geige, Bratsche, Viola da Gamba, Akkordeon und Klavier, singt und jodelt. Mit dem Akkordeonduett »Hasemanns Töchter« holte sie eine der begehrtesten kabarettistischen Auszeichnungen: das »Kleine Scharfrichterbeil Passau«.
 
ANTON G. LEITNER wurde 1961 in München geboren. Er hat bislang elf Gedichtbände veröffentlicht. Seit 1993 ist der studierte Jurist auch Verleger der buchstarken Jahresschrift DAS GEDICHT und Herausgeber von bislang über vierzig Anthologien (insbes. für Reclam und dtv). Im Frühjahr 2017 erschien bei Reclam sein Sammelband »Heimat. Gedichte«. Er wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem »V. O.-Stomps-Preis« der Stadt Mainz, dem Kulturpreis »AusLese« der Stiftung Lesen, dem »Bayerischen Poetentaler« (2015) und dem »Tassilo-Preis« der Süddeutschen Zeitung (2016).

MARIA HAFNER, geboren 1980, wuchs in Straubing auf. Seit 2009 tritt Maria Hafner mit der Schauspielerin Julia Loibl als kabarettistisches Akkordeonduett »Hasemanns Töchter« auf. Mit der Volksmusikgruppe »Mrs. Zwirbl« (ehemals »Zwirbeldirn«) tourt sie überwiegend durch Bayern. Maria Hafner wurde 2008 mit dem »Fraunhofer Volksmusikpreis« ausgezeichnet, 2013 erhielt sie das »Kleine Scharfrichterbeil Passau«. Ihre jüngste musikalische Veröffentlichung mit Zwirbeldirn erschien 2014 unter dem Titel »Jabitte«. Sie ist als freischaffende Bühnenmusikerin, Schauspielerin und Sprecherin für verschiedene Theater und den Bayerischen Rundfunk tätig.

Nach(t)kritik
Ganz persönliche Worte
Nach(t)kritik von Sabine Zaplin

Seit nunmehr 27 Jahren lebt die Schreiberin dieser Zeilen in Oberbayern und hat somit schon fast jene 30 Jahre erreicht, welche die Süddeutsche Zeitung einst in einem Artikel als Mindestzeit für den Gebrauch der bayerischen Mundart gesetzt hatte. Damals, als die Schreiberin dieser Zeilen - geboren und aufgewachsen in der Nähe von Bielefeld, von hier aus betrachtet also kurz hinterm Deich - in der bayerischen Landeshauptstadt eintraf, stand sie etwas verwirrt vor jener Tafel in einem Biergarten an der Würm, auf welcher die warmen Speisen des Abends mit Kreide angeschrieben waren, und während sie noch las, fuhr der Wirt sie an: „Wannst net woast, wasd wuisd, dann schleich di.“ Sie hat den Rat nicht befolgt, sie ist geblieben, weiß längst, was sie will und versteht mit jedem Tag etwas mehr. Eine Zeile wie „Umananda doa“ zum Beispiel oder auch „Da Mezzgamoasda mediddiat“ - beides Titel von Gedichten des Wesslinger Lyrikers Anton G. Leitner, der am Donnerstagabend in der bar rosso, unterstützt von der wunderbaren Musikerin Maria Hafner (Mrs Zwirbel, Hasemanns Töchter), seinen jüngsten Lyrikband „Schnablgwax“ vorgestellt hat. Für Preissn: hinter dem Titel verbergen sich Gedichte, die vom Dichter so geschrieben wurden, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, nämlich in oberbayerischer Mundart.

Anton G. Leitner war einer der ersten, welcher der Schreiberin dieser Zeilen damals bei ihrem Eintreffen in der Landeshauptstadt begegnete, und einer seiner ersten an sie gerichteten Sätze lautete: „Na, des kann man so net machen.“ Die Schreiberin dieser Zeilen hatte bei einem Treffen der Initiative Junger Autoren in der Pasinger Fabrik ein Gedicht aus eigener Feder vorgelesen und schon selber geahnt, dass dieses Gedicht noch lange nicht fertig war. Seitdem kreuzten sich die Wege Leitners und der Schreiberin dieser Zeilen unzählige Male, kreuzen sich noch heute, auch an diesem Abend der Lesung in der bar rosso, und kreuzen sich hoffentlich auch in Zukunft noch häufig. So ist es nur legitim, diese Nachtkritik sehr viel persönlicher zu schreiben, als es die Schreiberin dieser Zeilen gewöhnlich zu tun pflegt.

Lieber Anton, Du hast mit Deinem „Schnablgwax“ zu einem so eigenen, unverwechselbaren Ton gefunden, wie es nur selten gelingt. Gedichte wie „Wo die Liebe hinfällt“ oder „Voiggsvadredda“ sind so pointiert, wie es vermutlich nur im Dialekt funktioniert. Und Deine „Kazedd-Rosl“ rührt mich jedesmal. Das „Gloans Reisealebnis für an passioniadn Schdubnhogga“ ist als ganz private Geschichte über die Begegnung mit afghanischen Flüchtlingen eine der einfühlsamsten literarischen Verarbeitungen aktueller Migrationsschicksale. Und auch all die anderen Mundartgedichte des Bandes „Schnablgwax“ lassen die Lyrikkollegin beinahe neidisch werden auf das Geschenk des Dialekts. 

Damals, als wir noch den „Zettel“ herausgaben, das Din-A-4-Blatt der Initiative Junger Autoren, doppelseitig bedruckt mit unseren so oft überarbeiteten, im Kreis miteinander aufs Heftigste durchdiskutierten Gedichten, hätte sich keiner von uns getraut, in Mundart zu schreiben - Dich eingeschlossen. Vielleicht muss man reifen, an Jahren wie an Erfahrungen, auch Traurigen, Schmerzvollen, um seinen Mut zusammenzunehmen und auf seine eigene Sprache zu vertrauen. Seinen eigenen Schatz an Erinnerungen. Seinen im Lauf der Jahre so besonders gewachsenen Schnabel. Ja varreck, wanns halt stimmt. Zefix.

Galerie
Bilder der Veranstaltung
Do, 05.10.2017 | © Werner Gruban - Theaterforum Gauting e.V.