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Veranstaltungsinfo

Mi, 06.11.2019
20.00 Uhr
Kabarett

22,00 / 10,00

Regulär / bis 25 Jahre

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Veranstalter: Theaterforum Gauting e.V.

Axel Pätz: Realipätztheorie

Musikkabarett von seiner besten Seite: skurril, feinsinnig hintertrieben und durchtränkt von tiefschwarzem Humor.
In seinem vierten Soloprogramm Realipätztheorie stellt sich der Hamburger Tastenkabarettist wieder mit schneidendem Witz und intelligenten Chansons den Mysterien des Alltags und den drängenden Fragen unserer Zeit. Ausgangspunkt: Die schlimmste vorstellbare Katastrophe im digitalen Zeitalter: Dir fällt das Handy ins Klo.

Doch das bange Warten auf die Auferstehung der verlorenen Daten bringt überraschende Erkenntnisse mit sich. Befreit vom Zwang zu entmenschter Dauerkommunikation sind die Gedanken endlich frei für Wesentliches. Für Fragen, die inmitten der unkontrollierbaren Flut von unnützen Informationen schon längst viel mehr Aufmerksamkeit verdient hätten: Ist Schubladendenken der Garant für Weltordnung? Soll man mit dem Rollator auch für Tiere bremsen? Ist man als Guillotine auch immer gleich ein Halsabschneider? Und ist die ehemalige Geliebte, nachdem man sie im Garten vergraben hat, eine Unkraut‐Ex?
 
Getrieben von derart existenziellen Überlegungen entfaltet Axel Pätz eine verblüffende Alternative zu allen herkömmlichen Lehrmeinungen. Das Pätzsche Paradoxon, die spätzielle Verhältnisrelation, das Zeit-Raum-Axeliom und der kategorische Konjunktiv bilden die Pfeiler einer genialen universellen Weltformel, der Realipätztheorie, die er seinem Publikum mittels hochamüsanter Texte und intelligenter Chansons erläutert.

Axel Pätz avancierte in den letzten Jahren zu einem führenden Vertreter der deutschsprachigen Musikkabarett-Szene. Seine Live-Auftritte mit unverwechselbarer Wort- und Tastenkraft und bösem Witz sind mitreißend unterhaltsam. Mit klaren Worten und viel Musik schildert er einfallsreich, höchst sprachgewandt und immer überspitzt den absurden Alltag. Er wurde mit Kabarett- und Kleinkunstpreisen überhäuft und etablierte sich in TV-Sendungen wie „Satire-Gipfel“, „Schlachthof“ und „Mitternachtsspitzen“.

Regie Thomas Matschoss

Nach(t)kritik
Große Freiheit
Nach(t)kritik von Thomas Lochte

Das Hamburger Abendblatt hat ihn mal als „satirischen Spätentwickler“ bezeichnet: Axel Pätz (63) ist offiziell erst seit 2008 als Solokünstler unterwegs, und man darf in seinem Fall genau wie bei hochrangiger Literatur getrost behaupten, da ist etwas sehr Besonderes gereift. Mit seinem Programm „Realipätztheorie“ wirft der als Kabarettist, Musiker und Komponist firmierende Wahl-Hamburger nämlich einen ganz eigenen Blick auf die Absurditäten der Welt, seine Mitstreiter sind Klavier und Akkordeon, er selbst nennt das folgerichtig „Tastenkabarett“. Im Grunde steht Pätz mit dieser Kunstform eher in der Tradition rabenschwarzer literarisch-politischer Liedermacher als in der Riege der wortlastigen Front-Entertainer, wenngleich seine Liedtexte geradezu Kästner´sches Niveau erreichen, etwa bei der Massenmörder-Beichte „Im Garten vergraben“: Nachdem zwischen Beet und Borke irgendwann alles voll ist mit gemeuchelten Frauen, kommt der Serientäter fröhlich singend zu dem Schluss, dass er wohl demnächst wie jeder andere auch seine „Leiche im Keller“ haben werde.

Inspirationsquelle solchen Liedguts bzw. Auslöser der Pätz´schen Theorien und „Axeliome“ ist der Super-GAU des modernen Menschen – das Smartphone ist ihm ins Klo gefallen. „Display, Akku, Simcard – alles tot!“, berichtet der Homo ludens und nutzt die Chance sogleich für ganz andere Wiederbelebungen, zum Beispiel die ganz großen Fragen: Gibt es die universelle Weltformel? Wieviel Zeitersparnis bringt ein monströser Kaffeeautomat, der drei Tage Installation erfordert? Souverän pendelt Pätz zwischen der hohen Philosophen-Schule und dem Beschreiben der eigenen Unzulänglichkeiten, zwischen „Kant´schem Konjunktiv“ und der (abermals besungenen) Erkenntnis, dass sich der Axel einfach „keine Namen merken“ kann. Der Künstler redet fortan die Damen und Herren im Publikum ausnahmslos mit „Andrea“ und „Gerd“ an – der Einfachheit halber, die Präsenilität hat ja auch ihr Gutes. Man muss zum Beispiel bei politischen Korrektheiten nicht mehr mitmachen, darf „Earth Bashing“ betreiben und poltern, dass die Erde „´ne faule Sau“ ist, sich seit 13,5 Milliarden Jahren „nur die Sonne auf den Äquator scheinen lässt“ und ansonsten wenig Konstruktives beiträgt.

Axel Pätz lässt dennoch keinen Zweifel daran, wie ernüchtert er die Welt sieht, und das verpackt er wiederum in vielen großartigen Liedern wie „Eine Insel so schön“: Vorgetragen zur Melodie der „Caprifischer“, sehnsuchtsvoll wie ein Akkordeon spielender Hans Albers in „Große Freiheit Nr.7“, wird einem da der Plastikmüll der Meere vor die Haustür gekehrt – in der Spannung zwischen musikalisch-romantischer Form und desillusionierter Botschaft ist diese „Insel“ ein großer Wurf. Und Pätz schafft es sogar, die stilisierte Grundhaltung der (ihm vermutlich nicht gänzlich wesensfremden) Depressiven ironisch aufs Korn zu nehmen („So feiern die Depressiven“) - denn „Schubladen“ jedweder Art, ein weiterer Song-Titel, sind ihm nun mal suspekt. Tabus sowieso: Die gestenreich verab-reichte Nummer „Rollator“, musikalisch offenbar angelehnt an einen erotisch schmachtenden Italo-Schlager, wäre auch vom Text her ein Glanzstück der Verkaufswerbung. Der Kollege Josef Hader hätte registiert: „Warmer Senioren-Applaus, durchsetzt von herabfallenden Krücken“.

So geht das knapp zwei Stunden lang auf höchst unterhaltsame Weise. Mit klugen Er-Kenntnissen wie dem „Raum-Zeit-Axeliom“, wonach „die Zeit, die man aufwendet, um Zeit zu sparen, sich umgekehrt proportional verhält zur eingesparten Zeit“; mit dem am Klavier inszenierten Be-Kenntnis des Künstlers, dass ihm die Tugend der Geduld fehle; mit einem als Zugabe kredenzten Lied über die eigene Tochter, die in der geistig umnachteten Pubertätsphase immer nur den Rat „Chill mal!“ für die genervten Eltern parat hatte – schöne Pointe: Als das Töchterchen erwachsen ist und in eine eigene Wohnung gezogen ist, kommt die flächendeckend destruktive Retourkutsche der Alten samt deren Chaoten-Freunden. Pätz wird im Bosco zu Recht gefeiert für derlei charmante Geschichten des Scheiterns und gibt zurück: „Für´n Abo-Publikum sind Sie ganz gut drauf!“ Man wünscht sich, dass der Hamburger öfter mal den Weg in den unverstandenen Süden der Republik findet, vor allem den nach Gauting. Vorher bitte das Handy ins Klo werfen!



 

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Mi, 06.11.2019 | © Werner Gruban - Theaterforum Gauting e.V.