Die Rolle des heimlichen Beobachters hat doch etwas Reizvolles: Er schaut leise durch den Vorhang, taucht in eine ihm unbekannte Welt ein und erfährt Spannendes. Am Donnerstag waren es Gautinger Grundschüler, die zu heimlichen Beobachtern wurden und in die Welt der Schlaginstrumente eintauchten: Die Orchesterinstrumente waren nach einem langen Konzertabend erschöpft, die Geige lag in ihrem Kasten, die Harfe im Koffer, die Flöte im Etui und die Posaune schnarchte schon im Schrank. Nur im Zimmer der Schlaginstrumente war noch Rambazamba. Die Münchner Perkussionistin Babette Haag ließ die 42 Instrumente auf der Bühne zum Leben erwachen und Party feiern. Eingebettet in eine charmante Geschichte um die Pauke Berta gingen gut 100 Schulkinder mit der Musikerin auf Instrumentenkunde.
Die Schlaginstrumente sind eine große Gruppe unterschiedlichster Charaktere. Da ist die dicke Berta mit ihrem kräftigen Paukenschlag, die feurigen brasilianischen Rasseln, die Bongos, die ein Buschfeuer entfachen können und das vielseitige Xylophon, das zeigt, was wahre Musik ist. Aber auch die etwas einfacher gestrickte bayerische Kuhglocke gehört zum Ensemble, genauso wie das zarte Triangel, das auch gerne mitfeiern möchte. Schließlich gesellt sich das wegen seines Jetlags ziemlich erschöpfte Vibraphon aus Amerika zum Partygeschehen. Es ist der alte Amigo vom Xylophon und das einzige Instrument im Ensemble mit elektrischem Anschluss, lernen die Kinder. Selbstbewusst ist es obendrein, „ich bin der Master of wonderful sound“ - der Herr der schönen Töne, gibt es im Schlafsaal an. Aber in der Runde geht es auch zarter zu: das Regenrohr kann wirklich Regengeprassel erzeugen, die Ocean drum klingt wie Meeresrauschen und die Klangstäbe lassen den Wind in alten chinesischen Gärten wehen. Schließlich kommt die Klangschale zum Zuge, an deren Rand entlanggestrichen werden muss, eine ganze Weile sogar, bis sie endlich in Schwung kommt. Das Becken will die uralte Schale eigentlich rauswerfen aus dem Ensemble, weil sie nicht richtig dazu gehört, dabei wird das Becken selbst gerne mal mit dem Besen sanft gestreichelt. Babette Haag untermalt ihre lebendige Geschichte mit virtuosen Klangproben der 42 Schlaginstrumente.
Doch so richtig ausgelassen ist die Stimmung nicht an diesem Abend. Der Dirigent war nicht zufrieden mit der Konzertdarbietung. Der harmonische Klang ist irgendwie verrutscht. Klar ist auch, wer schuld daran ist: die Pauke Berta. Sie hat viel zu laut gespielt und dabei alle anderen übertönt. Ja, es ist schon so weit, dass die anderen Instrumente sie nicht mehr mitspielen lassen wollen. Doch wie es scheint, kann die Gute gar nicht anders, als laut zu sein - sie ist mit der Fortissimo-Krankheit infiziert, sie kann gar nicht pianissimo spielen. Geheilt werden kann sie nur durch die magische Kraft dreier bestandener Prüfungen und die müssen nun die Schüler bewältigen.
Das trifft sich gut, denn nach einer guten halben Stunde können die schon kaum mehr ruhig sitzen. Jetzt dürfen sie aufstehen und mitmachen: im Rhythmus klatschen und mit den Füßen stampfen, auf die Oberschenkel schlagen und dazu singen und das auch noch im Kanon. Das Theater bebt. Doch der Wind und die Wellen, die sie in der dritten Aufgabe noch meistern müssen, bringen sie wieder zurück auf die Stühle. Dank des Schüler-Engagements kann Berta geheilt werden. Sie hat ihre leisen Töne wiedergefunden und kann auch andere Instrumente im Orchester wieder neben sich klingen lassen. Bevor die Kinder den Vorhang, durch den sie heimlich ins Schlafzimmer der partyfeiernden Schlaginstrumente geblickt haben, wieder fallen lassen, erfahren sie, dass es laute Bertas auch woanders gibt: Ist es nicht in jeder Gruppe so, dass es keinen Spaß macht, wenn nur einer immer laut ist und die anderen übertönt? Viel besser ist es doch, anderen zuzuhören, wenn sie etwas sagen. Die Kinder im Publikum stimmen zu. Und weil es auch schön ist, wenn alle gemeinsam laut sind, fordern sie erst mal lautstark eine Zugabe ein.