Zwei Sitzgelegenheiten, zwei Gitarren – mehr braucht es nicht, um ein ausverkauftes Bosco zu begeistern. Das heißt, eine Kleinigkeit braucht es schon noch, und das sind zwei Künstler, die bei allen Unterschieden eine umwerfende Bühnenchemie besitzen und dabei Gitarre spielen, als hätten sie nie etwas anderes gemacht. Alexander Kilian und Jan Pascal sind als Duo „Café del Mundo“ gegenstrebig gefügt, aber gerade darum so gut: Der eine, jüngere, ist extrovertiert, legt pragmatischen Witz an den Tag und ist studierter Jazz-Musiker; der andere, Experte für klassische Gitarre, nimmt die Alters-Witzchen des Kollegen gelassen entgegen und führt unbeirrt mit poetischen Rede-Girlanden durchs Programm. Das wiederum ist so facettenreich wie das Duo selbst.
Dazu gehören so zarte Werke wie das Eingangsstück aus Ennio Morricones Soundtrack zum oscarprämierten Film „Cinema Paradiso“. Fein aufeinander sich abstimmend, was durch häufigen Blickkontakt gesichert wird, dabei rhapsodisch frei und technisch souverän. Damit öffnet das Duo die Ohren, die im anschließenden „La Fiesta“ aus der Feder der spanienbegeisterten Jazz-Legende Chick Corea noch mehr geboten bekommen. „Café del Mundo“ interpretiert Chick Coreas recht eigene Variante einer Malagueña rhythmisch prägnant, leichtfüßig, temperamentvoll. Es ist vielleicht kein Zufall, dass den beiden gerade diese Musik, ein Brückenschlag verschiedener Kulturen, zusagt. Sie selbst verkörpern diese transkulturellen Kontakte auf Schönste.
Jan Pascal und Alexander Kilian kommen aus Franken (beziehungsweise dem fränkisch geprägten Teil Württembergs) und lernten sich 2007 bei einem Flamenco-Workshop kennen. Seitdem musizieren sie gemeinsam, bereichern damit die Konzertlandschaft durch Programme, die nationale und kulturelle Grenzen im wahrsten Sinne des Wortes spielerisch überspringen und international gefeiert werden. In den eigenen Kompositionen verarbeiten sie Erfahrungen ihrer Reisen nach Spanien und Nordafrika, aber auch Klassiker wie die Stücke „Oblivion“ und „Libertango“ des Argentiniers Astor Piazzolla werden stilsicher aufgeführt. Ob Alexander Kilian bei einem Konzert in Andalusien – die abendlich erleuchtete Alhambra im Rücken – an Gauting gedacht hat? Man darf Zweifel haben, möchte es ihm aber gerne glauben, so sympathisch gestalten er und Jan Pascal auch die Moderation, die das musikalische Programm ergänzt. Und dabei gelegentlich für Lachsalven sorgt.
Berührungsängste hat das Duo nicht. So wird auch eine englische Ballade wie „Scarborough Fair“ flamencoartig umgearbeitet unter perkussivem Einsatz des Instruments und virtuoser Zupftechnik. „Fernab jeder Schublade“ spielen sie, sagt Jan Pascal. Das stimmt. Dieses Denken jenseits von Kategorien führt auch zu so originellen Kreationen wie der Eigenkomposition „Für Ulysee“. Als hätte Bach sich mit Carlos Santana getroffen, so sollte es klingen. Das Resultat jedenfalls ist frei fließende, ins Schwarze treffende Gitarrenmusik.
Dass die beiden ein eingespieltes Team sind, zeigt sich auch in ihrer denkwürdigen Version von Chick Coreas „Spain“. Wenn Pascal in einer der kundigen Improvisationen plötzlich einen Rock-Rhythmus anstimmt, reagiert sein Partner blitzschnell, macht den Spaß mit, ehe beide wieder auf hispanisierende Wege zurückkehren. Und so hat es auch seine Berechtigung, dass einer der im Internet erfolgreichsten Clips des Duos ihre Sicht auf Ludovico Einaudis „Una mattina“ ist, das Berühmtheit durch seine Verwendung im Film „Ziemlich beste Freunde“ erlangt hat. Denn nicht nur spielen Alexander Kilian und Jan Pascal glänzend Gitarre, sie lassen ihr Publikum auch teilhaben an einer auf den ersten Blick unwahrscheinlichen Freundschaft, die aber musikalisch ergiebiger und für die Zuhörenden unterhaltsamer nicht sein könnte.