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Veranstaltungsinfo

Fr, 21.04.2023
20.00 Uhr
Kabarett

24,00 / 12,00

Regulär / bis 25 Jahre

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Veranstalter: Theaterforum Gauting e.V.

Christoph Sieber: Mensch bleiben

Das Gute vorweg: Christoph Sieber ist sich mal wieder treu geblieben. In „Mensch bleiben“ hat er erneut das aufgeboten, was ihn ausmacht: Den schonungslosen, satirischen Blick auf Politik, Kunst und Gesellschaft.

Sieber gelingt mit seinen bitterbösen Texten eine gnadenlose Sicht auf unsere Zeit: Warum werden die, denen wir unsere Kinder anvertrauen schlechter bezahlt als die, denen wir unser Geld anvertrauen? Was wird man über uns sagen in 20, 30 Jahren? Wer werden wir gewesen sein? Und wie konnte es so weit kommen, dass wir Konsumenten sind, User, Zuschauer, Politiker, Migranten, Deutsche, aber immer seltener Mensch?

Doch Sieber wäre nicht Sieber, gäbe es nicht auch immer die andere, die schelmische, urkomische und komödiantische Seite, die uns lachen lässt über unser Dasein und so einen eindrucksvollen und begeisternden Kabarettabend schafft. Christoph Sieber steht seit fast 20 Jahren auf den Brettern der Kabarettbühnen. „Mensch bleiben“ ist sein 6. Kabarettsolo. Ganz nebenbei ist er zusammen mit Tobias Mann auch Gastgeber der Sendung „Mann, Sieber!“ im ZDF. Er ist Träger des Deutschen Kleinkunstpreises und in seiner Freizeit ist er gerne und ausgiebig Mensch.

Und was sagt Sieber selber über den Abend? „Hallo Leute! Ich habe ein neues Programm geschrieben. Und es ist sehr gut geworden. Sagt zumindest meine Mutter. Aber die findet eh alles toll, was ich mache. Einen bombastischen Abend mit einem Feuerwerk aus Zauberei, Showtanz, Jonglage und 20 brasilianischen Tänzerinnen wollte ich ihnen nicht zumuten. In „Mensch bleiben“ geht es lediglich um uns und unser Leben. Da hatten 20 brasilianische Tänzerinnen einfach keinen Platz.“

Das Leben ist unzumutbar, aber mit Christoph Sieber lässt sich diese Zumutung vorzüglich ertragen. Rechnen Sie mit dem Schlimmsten. Er wird es übertreffen.

Nach(t)kritik
Lieber faul als immer müde
Nach(t)kritik von Sabine Zaplin

„Der Zweifel ist über jedes Wissen erhaben“, sagt Christoph Sieber und legt dann einen kabarettistischen Sprengsatz an Beobachtungen zur Gegenwart, hochexplosiv, blitzschnell und ebenso -gescheit - dabei immer seiner Ankündigung folgend, dass er lieber jede Menge Fragen biete als ein paar fragwürdige Antworten. Schon der Titel seines Programms wirft ja gleich eine ganze Menge Fragen auf: „Mensch bleiben“. Was ist denn ein Mensch? Wie lässt es sich Mensch bleiben? Soll der Mensch aufgefordert werden zu bleiben? Oder soll er das lieber gleichmal bleiben lassen?

Um es gleich vorwegzunehmen: Christoph Sieber bleibt kaum eine Frage schuldig und stellt dabei eine ganze Menge in Frage. Die Rolle der FDP in der Ampel beispielsweise: „Die ist doch der Pflegefall in der deutschen Bundesregierung“, attestiert er ihr und bemerkt dazu, dass auch diese wie jeder Pflegefall mindestens einmal die Woche gewendet werden muss, damit sie sich nicht wundliegt. Bundeskanzler Olaf Scholz scheint ihm die männliche Variante seiner Vorgängerin zu sein. Und Fragen an die Opposition hat er jede Menge, allen voran die Frage, wie es sein kann, dass sich ausgerechnet jemand wie Friedrich Merz mit dem Satz „Ich bin die Zukunft“ ins geschehen wirft: „Da sagt die Zukunft doch sofort: dann komme ich lieber nicht.“

Fragen stellen sich Christoph Sieber auch hinsichtlich des Zusammenhangs von Reichtum und dem zum Erwerb desselben oft vielfältig beschworenen Fleiss oder vielmehr der immer wieder geforderten Leistung. „Wenn Reichtum und Leistung tatsächlich zusammenhängen, dann müsste es in diesem Land sehr viele sehr reiche Krankenschwestern geben“, sagt er und stellt, quasi als Gegenfrage zur immer wieder in der Politik auftauchenden Frage, was den Sozialstaat das Problem der Armut kostet, die Frage, was ihn, was uns alle die Reichen kosten - für die es doch hinsichtlich der eigentlich zu erbringenden Steuerschuld immer wieder erstaunlich kreative Lösungen zur Vermeidung derselben gibt. „Wir leben nicht über unsere Verhältnisse, wir leben über die Verhältnisse anderer.“

Dann gibt es natürlich noch jede Menge Fragen zu stellen an den Verstand des Menschen, der während der Pandemie immer wieder erstaunliche Kapriolen offenbarte, von denen die Annahme, die Erde sei wohl doch eher eine Scheibe - mit einem Loch in der Mitte - nur eine von vielen Überraschungen war. Der Mensch, dahin zielen Siebers Fragen immer wieder, ist ein Anpassungswunder, das zwar am liebsten seine Ruhe hat und unter Zukunft so etwas wie einen Plan für die Woche versteht - „Freitags Beischlaf, Sonntags Tatort, Dienstags Gelber Sack“ -, das vom Paradies träumt und dabei übersieht, dass der Zustand ewiger Seligkeit die eigentliche Hölle ist; und das immer wieder im Getriebe der großen, unaufhaltsamen Kräfte als Kollateralschaden aufgerieben wird. Und dennoch überlebt - ein Anpassungstalent eben.

Vielleicht ist das eigentliche Geheimnis hinsichtlich der Frage, wie man Mensch bleiben kann, das in der Poesie so oft besungene Lob der Faulheit. „Lieber faul als immer müde“, lautet Christoph Siebers Wahlspruch, den er sogar als Postkarte unters Volk streut. Dahinter steckt eine kluge Absicht: da, wo der Mensch sich entspannt, kann er weniger Schaden anrichten.

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Fr, 21.04.2023 | © Werner Gruban - Theaterforum Gauting e.V.