Django Asül geht immer, irgendwie, und das schon seit 25 Jahren. Der inzwischen 50-jährige aus dem niederbayerischen Hengersberg muss sich nur zwei Stunden auf eine Bühne stellen und drauflos dampfplaudern, während er am Stehtisch zwei Weißbier konsumiert und dadurch die Credibility seiner tiefenentspannten Grundhaltung erhöht: „Offenes Visier“, sein bereits vor zwei Jahren im bosco präsentiertes Allzweck-Programm, kam diesmal natürlich leicht aktualisiert daher, aber den weltanschaulichen Mittelpunkt bilden auch weiterhin der Marktplatz seiner Heimatgemeinde und die dort existierenden Cafés. Wie eh und je regiert in Hengersberg an bis zu sechs Wochentagen der 10.30 Uhr-Stammtisch, zu dem man keinesfalls zu spät erscheinen darf, will man nicht zum Kommentar-Opfer eines gewissen "Hans" werden. Der ist eine Art Philosoph des schlichten Gedankenguts und zugleich ein Weiser vor dem Herrn. Nachdem Asül ihn in seinen Kabarett-Programmen (besser: Typen-Revuen) mit der Zeit immer stärker zu Wort kommen ließ, hat er bei den Fans einige Berühmtheit erlangt, ohne selber auftreten zu müssen. Glaubt man dem Django, hat jedoch längst ein Hengersberg-Tourismus eingesetzt, der seine Erfüllung in einem Besuch des Cafés und seiner Stammtischrunde findet.
Auch in Gauting funktionierten die Anekdoten um Hans & Co wieder prächtig. Asül, der Hengersberg-Botschafter, muss sich in Anbetracht solch folkloristischer Verselbstständigung mittlerweile anstrengen, den Blick auf die sonstige Welt zu weiten: Gleich zu Beginn schmeichelt er den Einheimischen damit, dass „München nur gegründet wurde, weil man sich die Gautinger Grundstückspreise nicht mehr leisten konnte“. Der Gast hatte auch sonst seine heimatkundlichen Hausaufgaben gemacht, wusste er doch lokale Prominenz von Karl dem Großen (Reismühle) bis Peter Rubin (Schlagermühle) aufzuzählen. Und wer ein derartig heiteres Entrée schafft, dem hört man auch weitere zwei Stunden unangestrengt und gerne zu. Django Asül beherrscht wie kein Zweiter die Kunst, das vermeintlich Seichte mit dem Komplexen zu verknüpfen, das Hochtrabende auf den Boden der Tatsachen herunter zu holen: Aus dem grassierenden Individualisierungs- und Optimierungswahn destilliert er mal eben die bittere Konsequenz - „dreimal so viele Studierende, Millionen Fahrradkuriere“. Streift er den Mordanschlag auf eine Journalistin in Malta, fasst Asül auf gut niederbairisch bündig zusammen: „Do lafft a Autobombn no unter Regierungserklärung.“
Django unchained kann also auch anders, wenn er den Blick auf die Welt richtet. Sozialisiert wurde er offenbar nicht nur im Hengersberger Biotop, sondern auch von Fernseh-Klassikern wie „Was bin ich?“, einem TV-Format aus der Kindheit, dem er heute analytisch bescheinigt, es sei bei der Raterunde im Grunde um „die Angst der Deutschen vor dem Fremden gegangen“. Und weil der Mann mit dem prägenden Vornamen sich auch im Western bestens auskennt, spannt er den Bogen von „Für eine Handvoll Dollar“ mühelos zu Marianne Koch, die all die Film-Schießereien an der Seite Clint Eastwoods ja nur überlebt habe, „weil sie gleich drauf wieder bei ´Was bin ich?` ran musste“. Django Asül muss als Bua nicht nur der „Kotzbrocken“ gewesen sein, als den er sich rückblickend heute outet, sondern auch ein blitzgescheiter, bildungshungriger junger Mann: Er weiß als Mitglied des „Paul-Breitner-Fanclubs“ sogar von fußballerischen Katastrophen, die vor seiner Geburt lagen, und kramt ein 1:2 der Nationalmannschaft gegen Ägypten von 1958 aus der Mottenkiste. Mit solchen geschichtsfesten Themen holt er sein Publikum gleichsam immer wieder an den Stammtisch zurück, auch wenn er sich eben noch über schwere Themen wie gesellschaftliche Solidarität, Demenzbekämpfung oder Karl May ausgelassen hat („Ein Ossi, der Western schreibt – finde den Fehler!“). Und am Ende nicht fehlen darf auch seine türkischstämmige Verwandtschaft in Gestalt des zitierten Onkels. Der ist das absolute Bollwerk gegen jedweden neumodischen Firlefanz und doziert: „Start – upp ist, wenn ich gebe Geld meine Sohn, was ist dann weg.“ Dann schon lieber mit offenem Visier in Hengersberg am Stammtisch hocken und staunend erfahren: Sogar Franco Nero ist hier geboren, er hieß nur Frank Schwarzbauer. Das bosco amüsierte sich bestens.