Das zweite „Double Drums“-Gastspiel im bosco nach 2015 machte nicht nur viele Besucher von damals neugierig, auch der designierte Schlagzeug-Nachwuchs war in auffäliger Zahl vertreten. Und auch wenn man beim aktuellen Programm „Groove Symphonies“ so einiges von vor drei Jahren wiederzuerkennen war, freute man sich doch genau darüber: Alexander Glöggler und Philipp Jungk, beide Absolventen der Münchner Hochschule für Musik, haben noch weiter an ihrer Perfektion gefeilt und ihre dialogische Art des Drum-ming noch ein wenig mehr in Richtung Spektakel getrieben, das war für die „2015er-Veteranen“ im Publikum sozusagen die erhoffte Neuigkeit. Im bühnenfüllenden Equipment ließ sich jedenfalls schon mal manch alter „Bekannter“ aus Blech oder Glas identi-fizieren – etwa die große mit Wasser gefüllte Schale, die Glöggler wie bei einem physikalischen Experiment für unterschiedliche Schwingungseffekte einsetzte, indem er ein mit Schlegel bearbeitetes Blech während des erzeugten Tons hinein und wieder herauszog. Oder Jungks mutmaßliches Lieblingsinstrument Marimbaphon, der große Bruder des Xylophons: Diesmal lieferte Philipp („Return To Eternity“) damit eine großartige, warm klingende Bach-Interpretation des Präludiums Nr.1 in c-Moll.
„Double Drums“ erkennen jederzeit die perkussiven Möglichkeiten einer musikalischen Vorlage, entgräten diese wie gleich zu Beginn des Abends Beethovens Symphonie Nr.5, schaffen es dabei sogar noch, das Melodiöse zu bewahren - oder sie loten die mit Rhythmus-Verschiebungen und weggelassenen Obertönen arbeitende Minimal Music aus. Alexander liefert dazu den bemerkenswerten Erklär-Satz: „Einer wird langsam schneller.“ Schon vor fast drei Jahren hatten Glöggler/Jungk diese „4/4 trifft auf 10/16-Takt-Nummer im Repertoire - von ihrem Zauber hat sie seither nichts verlo-ren. Offenkundig hat sich das seit bald 14 Jahren auftretende Duo vorgenommen, das Publi-kum noch stärker einzubeziehen, es mitzunehmen auf die „Reise durch die Welt des Rhythmus“. Der Mitmach-Effekt kommt auch im bosco sehr gut an, wenn Alexander zu Klatsch-Übungen bittet und beim Hinweis auf Instrumentarium aus dem Heimwerker-markt den Satz sagt: „OBI liegt da schon ziemlich weit vorne.“ Hatte er 2015 übrigens auch gesagt, allmählich wäre ein Sponsoren-Vertrag fällig. Der Gerechtigkeit halber machen Philipp & Alexander im Verlauf ihrer „Grooving Symphonies“ auch noch einen „Abstecher in ein schwedische Möbelhaus“ (ohne IKEA beim Namen zu nennen) und hauen auf allerlei skandinavischen Blumentöpfen, einem Wäschekorb aus Plastik und einem beeindruckend großen Karton herum.
Das Duellantische ihres Programms ist eine Klasse für sich: Mal muss der arme Karton für „Bayern gegen Sechzig“ herhalten, dann wieder kommen zwei Stehleitern zu völlig ver-blüffenden Neu-Deutungen – die Gleichung lautet hier Leiter = Tonleiter. Zum Einsatz kommen im Laufe des Drumming-Geländeritts auch noch eine nigerianische Oud-Drum, ein gewaltiger Gong, ein Elektroschrauber, Rieselsand in einem Didgeridoo-artigen Stück Holz, eine Cajon, ein Xylophon, eine Tonschale, eine Handsäge, ein Werkzeugkasten und ein Umleitungsschild (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) – die Botschaft: Alles kann zur perkussiven Arbeitsfläche, zum Resonanzkörper werden. Das manchmal bis zu Raserei gesteigerte Tempo dieser Stick-Battles löste beim bosco-Publikum wirklich Begeister-ungsstürme aus. „Double Drums“ sind unglaublich präzise bei ihrem wilden Treiben, sie bieten neben dem akustischen Spektakel vor allem auch ein optisches, „erzählen“ ihre Sets in fließenden Übergängen, ohne aus der Puste zu geraten. Auch nach dem zweiten Auftritt der beiden möchte man also gerne einen ihrer Titel zitieren: „One more time“!