„When the days are cold and grey....“ Ja, wenn die Tage kühler werden und die dunkle Jahreszeit näher rückt, ist was Herzerwärmendes genau das Richtige – zum Beispiel allerfeinster Sound der 60er und frühen 70er Jahre mit „Ecco di Lorenzo and his Inner-soul“, die heuer das Eröffnungskonzert zur Bosco-Herbstspielzeit bestritten und es tat-sächlich schon ab dem zweiten Song schafften, die Tanzfläche zu füllen: Zu Beginn jedes Spielzeitauftakts im Bosco ist es praktisch ungeschriebenes Gesetz, dass im von Bestuh-lung freigeräumten Bereich zwischen Bühne und Publikum erst mal lauerndes Vakuum herrscht, als handle es sich um die Straße von Hormus im Persischen Golf. Nicht so dies-mal – „Ecco di Lorenzo“, bürgerlich Ecco Meineke aus Kaufbeuren, deutet gleich mal auf den noch gähnend leeren Platz vor der Rampe und fragt auffordernd „What is this?“ Sogleich füllt sich die Tanzfläche, und der Aggregatszustand „Gedränge“ wird sich an diesem munteren Abend auch nicht mehr groß verändern, atmosphärisch ist der „Friday for future“ jedenfalls gerettet.
Ecco und seine zehn Mitstreiter verstehen sich halt aufs Entertainment wie nur wenige andere. Man könnte diese vor über 20 Jahren gegründete Kombination aus Bläser-Section („The Motor City Horns“), drei stimmgewaltigen Sängerinnen („The DiLorettes“), E-Gitarre/Bass/Drums/Keyboard („Inner Soul Rhythm Section“) und singendem Bandleader eine Showtruppe nennen – in den fünfziger Jahren hätte man womöglich „Stimmungs-kapelle“ gesagt -, aber das würde die herausragende Qualität der einzelnen Akteure nicht genügend würdigen: Der „Chef“ Di Lorenzo kann beispielsweise nicht nur Soul, sondern beherrscht auch Jazz und andere stilistische Spielarten und wird sogar als Kabarettist geführt – gesanglich hat Ecco die Falsett-Höhe von „Earth, Wind & Fire“ jedenfalls genauso im Repertoire wie die tiefen Nummern eines Lou Rawls („You´ll never find a love like mine“), und der mit rosa Cowboy-Hut antretende Ecco weiß in seinem gerne mal kalauernden Englisch: „A deep voice turns the women on!“ Als ob die Damen an seiner Seite nicht schon heiß genug wären: „The DiLorettes“, firmierend als „Miss My Love“ und „Miss Curly Crunch“ aus New York sowie „Miss Sugar Kane“ aus New Orleans, sind eine einzige Augen- und Ohrenweide. Tragen die Songs kraftvoll und leidenschaftlich, wiegen sich zum "Wooooohooohoooo" synchron im typischen Soul- und Funk-Rhythmus geschmeidig hin und her, dass es auch optisch eine einzige Freude ist. Die Lorenzo (58) muss aufpassen, dass er bei solcher Ladies´ Power nicht untergeht wie einst Joe Cocker neben seinen Background-Sängerinnen. Und aus diesem weiblichen Energie-Trio sticht dann die fabelhaft dynamische Curley Crunch mit einigen Lead-Vocals nochmals heraus: „Baby, get ready!“
Unbedingt zu erwähnt sei an dieser Stelle der Beitrag des Gebläses: Wie ein Skalpell durch Butter schneiden die Einsätze von Tom Shreve (Posaune), Tom „Toot-In-The-Tin“ (Tenorsaxophon) und Trompeter „Big Boy Godzilla“ in die gefühligen Nummern und machen den satten Sound der Elfer-Combo erst so richtig rund. Für den Drum & Base-Teppich sorgen „Cool Daddy G.“ am Keyboard, „Mr. Bubbles“ an der E-Gitarre, Piotr Tictakcowski am E-Bass und „Wolfman Slim“ an Schlagzeug. So geht das mehr als zweieinhalb Stunden lang, von Diana Ross und Marvin Gaye über James Brown bis zu Alicia Keyes. Auch Eigenkompositionen hatte Ecco nach seinem ersten Bosco-Auftritt 2018 wieder im Gepäck, denn Soul ist in seiner bewegenden Kraft einfach zeitlos. Unbedingt sehenswert war auch noch die Choreographie zu James Browns Funk-Evergreen „Get Up (I´m Feeling Like A) Sex Machine“ - auf und vor der Bühne wogte es nur so, und man vergaß völlig, dass dies mal das katholisch geprägte Don-Bosco-Heim war. Und zum Ende hin ebnet Di Lorenzo eine Gasse im Parkett und lässt die Tanzfreudigen im Publikum paarweise zur Bühne schwoofen – es ist wie in einem dieser gutgelaunten amerikanischen Abschlussballfilme aus den frühen sechziger Jahren, als die Herren noch mit „funk, funky shoes“ zu glänzen versuchten und die jungen Damen nicht mehr ganz so viel Stoff für ihre Rüschenkleider benötigten - von wegen graue Herbsttage: „I got sunshine“.