Von Anfang der bereits 18 Konzertbesuche an pflegte das Ensemble Berlin einen überaus beherzten, lustvollen Zugriff. Zwischen sieben und neun Mitspielern stark, (fast) ausschließlich aus den Reihen der Berliner Philharmoniker, hatte die Formation stets ein durchaus orchestrales Material dabei, um auf diese Weise die durchweg ausverkauften Publikumsränge im Sturm zu erobern. Die Reduktion auf ein Oboenquartett mit Christoph Hartmann (Oboe), Christoph von der Nahmer (Violine), Walter Küssner (Viola) und Clemens Weigel (Violoncello) änderte aber in gewisser Weise die Voraussetzungen für den interpretatorischen Ansatz. Vielleicht nicht gerade fürs Streichtrio G-Dur op. 9/1 von Beethoven, das sich vom ersten Ton an orchestral gibt und hier von den mächtig zupackenden Streichern entsprechend füllig gestaltet daherkam. Das beherzte Angreifen und die klangsatte Gestaltung hängen aber nicht vom Spieltempo ab. Das Schlusspresto derart rasant auszuführen beeindruckte zwar das Publikum, tat aber der musikalischen Qualität nicht gut.
Dies galt auch für den Andante-Mittelsatz des Italienischen Konzerts F-Dur BWV 971 von Bach. Die Übertragung des Klaviersatzes des Werkes auf diese gemischte Besetzung hat ihm großenteils das zurückgegeben, worauf Bach bei der Reduktion aufs zweimanualige Cembalo verzichten musste. Der Gattung des Konzerts absolut gerecht, erklangen die Rahmensätze im feierlich-vornehmen Glanz, ganz dem Impetus der italienischen Vorbilder von Vivaldi, Corelli oder Marcello gerecht. Der Mittelsatz büßte aber weitgehend seine Kontrastwirkung ein, nachdem das Quartett das Tempo mächtig anzog und auf den sinnierend-träumerischen Charakter verzichtete. Das gleichförmige Pochen des ostinaten Basses machte einem ruhelosen Vorantreiben Platz. Die bach‘sche Lyrik und barocke Melancholie gingen hier jedenfalls beinah gänzlich verloren.
Erst Mozarts Adagio des Flötenquartetts D-Dur KV 285 brachte die Ruhe und Balance ins Spiel, die man sich schon zuvor gewünscht hätte. Sie ging in der heiteren Spielfreudigkeit etwas unter, bescherte aber gerade dem Allegretto-Schlusssatz eine starke Wirkung in heiterer Ausgelassenheit. Rein kammermusikalisch ging es aber erst nach der Pause zu, obgleich hier zunächst ein Orchesterwerk auf dem Programm stand. Aber auch die Ouvertüre zu „Die Zauberflöte“ machte kammermusikalisch durchaus eine gute Figur, vor allem im recht spät einsetzenden Hauptteil und dem von Muzio Clementi (Sonate B-Dur op. 24/2) geliehenen Hauptthema, das hier nicht sogleich weggaloppierte, sondern im Ebenmaß ein vitales Finale kreierte.
Küssner und von der Nahmer gaben in der bravourösen Passacaglia von Halvorsen über ein Thema von Händel die Zügel ebenso wenig aus den Händen. Dennoch erklangen die Variationen über dem ostinaten Passacaglia-Modell absolut frisch und in hingebungsvoller Konzentration aufs überaus bewegte Zusammenspiel. Das Duo brannte denn auch genug für die Musik, um jedes Publikum zu überzeugen und mitzureißen.Das Konzertfinale fiel vordergründig weniger spektakulär aus, doch musikalisch in höchster Qualität. Das Originalwerk von Mozart, das Oboenquartett F-Dur KV 370, gelangte überaus beherrscht und mit höchstem Einfühlungsvermögen zur Aufführung. Und das war auch dem mäßigen Tempo zu verdanken, das eben den Interpreten die Chance gab, die Klangschönheit des Werkes auszukosten. Beginnend bei der Melodik des Kopfsatzes, über die Seelentiefe des d-Moll-Adagios bis hin zum virtuosen Rondo stimmte hier jetzt die Ausgewogenheit der Stimmen und das Austarieren der Ensemble-Balance, die den weiten Spannungsbogen hochzuhalten vermochte. Lang anhaltender Applaus, belohnt von einer weiterhin beherrschten Interpretation der Königin-der-Nacht-Arie Mozarts.