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Veranstaltungsinfo

Fr, 24.06.2022
20.00 Uhr
Kabarett

24,00 / 12,00

Regulär / bis 25 Jahre

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Veranstalter: Theaterforum Gauting e.V.

Eva Karl Faltermeier: Es geht dahi

Frauen mit Doppelnamen sind verschrien. Eva Karl Faltermeier bestätigt in ihrem ersten abendfüllenden Bühnenprogramm vielleicht einige der gängigsten Vorurteile, zeigt jedoch auch, dass Humor und Doppelname sich nicht ausschließen.

Eva Karl Faltermeier nimmt ihre Zuhörerinnen und Zuhörer mit auf eine pointierte Reise in die Südoberpfalz der 80er und führt sie dann wieder zurück in die Gegenwart. Es stellt sich die Frage – wann war sie größer, die Liberalitas Bavariae? Muss immer alles schwarz-weiß sein? Oder erfreut nicht auch ein zartes Nebelgrau. Wann waren die Menschen glücklicher? Muss man mehr wissen als in drei TV-Programmen gezeigt wird? Ist Feminismus eine Krankheit? Welche Erkenntnis bringt die Erleuchtung? Ist es sinnvoll zu allem eine Meinung zu haben?

„De Leid, de do heid kommentieren hättens frira ned amal am Stammtisch sitzen lassen. Weil am Stammtisch is zwar grafft worn, oba kultuiviert.“ Mit einer großen Portion Fatalismus erzählt sie von wichtigen Lebensstationen in einer Welt ohne ÖPNV und skizziert ein Potpourri an Fehlschlägen inmitten der Rush Hour des Lebens – die sich nur aushalten lässt, wenn man in Badewannen den Blues singt. Mit im Gepäck der Zeitreise befinden sich immer auch ein unverstellter emanzipatorischer Grant und dieser stoische Oberpfälzer Humor. Eva Karl Faltermeier durchlebt zusammen mit dem Publikum alle Stimmungen von Freude bis hin zu Trauer und Wut. Diese Geschichte einer modernen Frau bewegt sich irgendwo zwischen dem Grenzbereich der Phantasie und rauer Unverfälschtheit und wird dabei niemals – belanglos.

Eva Karl Faltermeier (37) ist Mutter zweier Kinder, gelernte Journalistin und arbeitet in einer Pressestelle. Ihr Ziel mit Geschichten zu unterhalten führte sie über verschiedene Klippen hin zum absoluten Abgrund: dem Kabarett. Mit ihrem Debütprogramm ist sie Solo und im Vorprogramm von Hannes Ringlstetter und Martin Frank zu sehen.

Neben dem Tourleben mit ihrem ersten Bühnenprogramm widmet sich „Frau Boris“ – wie sie auf Twitter oder von Freunden genannt wird – ihrem Podcast „Es lafft“, in dem sie spannende Menschen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum portraitiert. Dazu ist sie Außenreporterin bei „Schleich Fernsehen“ (BR), Blogautorin, experimentiert mit Videos und schreibt Kolumnen (AZ Landshut). Ihr „Emanzipatorischer Grant“ ist immer wieder im Notizbuch bei Bayern 2 zu hören sowie ihre Beiträge für den Instagram-Videokanal „Eltern ohne Filter“ des BR . Ihre liebsten Hobbys sind Watten, Gartenarbeit und Poetry-Slams – warum sollte man es sich auch einfach machen?

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Nach(t)kritik
Von Grant und Glow
Nach(t)kritik von Sabine Zaplin

Für ein Nordlicht wie die Rezensentin war der Abend durchaus eine Herausforderung: zwar lebt die Rezensentin bereits seit mehr als dreissig Jahren in Bayern, aber eben in Oberbayern. Der Abend mit Eva Karl Faltermeyer war somit ein Crash-Kurs in Oberpfälzerisch und den dort gepflegten tiefschwarzen Humor, in Kombination mit einem Grant von besonders tiefgründigem Charme. Nach einer Klärung der Besonderheiten des Oberpfälzisch - der Diphtong „ouw“ und seine Bildung in der hinteren Gaumenwölbung spielt dabei eine besondere Rolle - ging es mitten hinein in Evas Kindheit, Pubertät und Zeit der Familiengründung. Die Rahmenhandlung des Programms mit dem eine charakteristische Oberpfälzer Grundhaltung benennenden Titel „Es geht dahi“ orientierte sich am klassischen Setting einer Gesprächstherapie: konfrontiert mit der wiederholten Therapeutenfrage auf die Schilderung des Lebenswegs - „Und wie fühlen Sie sich jetzt?“ - breitete Eva Karl Faltermeier die Stationen desselben aus und flocht darin immer wieder messerscharfe politische Beobachtungen und Kommentare ein. Hinter den Hasskommentaren im Internet beispielsweise erkennt sie „Leute, die hätten sie früher nicht mal an den Stammtisch gelassen“. Der alltägliche Rassismus, Sexismus, der Terror von Rechts und die Aktivitäten der AfD hinterlassen bei ihr eine Fassungslosigkeit angesichts des eigenen Aufwachsens mit einem über Schule und Gesellschaft deutlich vermittelten Geschichtsbewusstsein hinsichtlich Faschismus und Nationalsozialismus: „Waren wir da in der Aufklärung nicht schon mal viel weiter?“

Aber eine Gegenwart, in der die wichtigste Frage die der perfekten Selbstdarstellung ist und jede Lebensregung mit alles Unperfekte kaschierenden Filtern auf Instagram gepostet wird, ist der Blick nach außen ein wenig verloren gegangen. Vielleicht lernt eine Oberpfälzerin das von klein auf, weil dort im Nebeldelta der kurze Moment am Tag, an dem sich die Sonne zeigt, sofort wahrgenommen und alles, was in der Nähe ist, bei Licht betrachtet werden muss.

Eva Karl Faltermeier gestaltet ihr Programm als einen durchgehenden Monolog, den sie zudem in rasantem Tempo abspult. Dabei trägt sie eine „Es geht dahi“-kompatible Bitterbös-Mine, aus der der Grant aus den herabgezogenen Mundwinkeln drängt, während die Augen hinter der starken Brille - alle Oberpfälzer, hat die Rezensentin gelernt, haben mindestens acht Dioptrin - hellwach funkeln.

Eine Angststörung, erzählt sie, war der Auslöser für die Therapie. Und für Angststörungen bietet die Welt tatsächlich genügend Anlass. Im Großen ebenso wie im Kleinen: so trägt auch der in ihrer Generation gerade um sich greifende Hochzeitsrausch dazu bei, so dass Eva nach all den Insta-tauglichen Zeremonien inzwischen viel lieber auf Beerdigungen geht: da gibt es keine Sarg-Entführungen, und auch der Brauch des Kränzewerfens zum Zwecke des Feststellens, wer als nächster dran ist, hat sich noch nicht durchgesetzt. „Und niemand erklärt: postet bitte die Fotos von Evas Beerdigung alle unter dem Hashtag #ausismitdaeva.“

Die Rezensentin hat viel gelernt über den besonderen Blues in der Oberpfalz und auch, dass „Bowl“ und „Glow“ in ihrem Ursprung Oberpfälzerische Ausdrücke sind. Vor allem aber hat sie eine Kabarettistin erlebt, die phantastisch mit Sprache umzugehen versteht und der es gelingt, aus Alltäglichem heraus den Blick auf das Ganze zu richten.

Galerie
Bilder der Veranstaltung
Fr, 24.06.2022 | © Werner Gruban - Theaterforum Gauting e.V.