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Veranstaltungsinfo

Do, 19.01.2017
20.00 Uhr
Literatur

15,00 / 8,00

VVK ab 26.11.2016

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Veranstalter: Theaterforum Gauting e.V.

Franziska Bronnen: "Bummel durch Europa" von Mark Twain

Mark Twains „Bummel durch Europa“ ist von Neugier und Staunen geprägt und erzählt uns von Sitten und Gebräuchen, auch im Vergleich mit seiner amerikanischen Heimat.
Eines Tages fiel mir auf, wie viele Jahre vergangen waren, seit die Welt das Schauspiel erlebt hatte, daß ein Mann verwegen genug war, eine Fußreise durch Europa zu unternehmen. Nach vielem Nachdenken entschied ich, daß ich der Richtige wäre, der Menschheit dieses Schauspiel zu bieten. Also entschloß ich mich dazu. Das war im März 1878.
So beginnt Mark Twain seinen Reisebericht. eigentlich als Samuel Langhorne Clemens, 1835 in Florida, Missouri, geboren, war er gelernter Schriftsetzer, fuhr dann als Steuermann auf dem Mississippi, schrieb Reiseberichte, nahm am Bürgerkrieg teil, grub nach Gold und schrieb Erzählungen, in denen er die Geld- und Machtgier der Amerikaner kritisierte. „Die Abenteuer von Tom Sawyer und Huckleberry Finn“ machten ihn bei Generationen von Kindern und Jugendlichen in aller Welt bekannt. Sein „Bummel durch Europa“ ist von Neugier und Staunen geprägt und erzählt uns Heutigen von Sitten und Gebräuchen, auch im Vergleich mit seiner amerikanischen Heimat. Mit Respekt und Humor nimmt er dabei Deutschland aufs Korn, besonders die „schreckliche deutsche Sprache“.
Nach(t)kritik
Reiste ab...
Nach(t)kritik von Sabine Zaplin

Am schlimmsten muss die Begegnung mit der deutschen Sprache gewesen sein: unsystematisch sei sie und schlüpfrig, bekundet der amerikanische Schriftsteller Mark Twain, unendliche Satzgetüme stapelten sich übereinander und ineinander, bis endlich das schon nicht mehr erwartete Verb komme. Das dann nicht selten als getrenntes Verb auftritt, wie bei „reiste ab“. Das Beispiel, das Twain dann liefert, ist ebenso eindrucksvoll wie urkomisch: „Die Koffer waren gepackt, und er reiste, nachdem er seine Mutter und seine Schwestern geküsst und noch ein letztes Mal sein angebetetes Gretchen an sich gedrückt hatte, das, in schlichten weißen Musselin gekleidet und mit einer einzelnen Nachthyazinthe im üppigen braunen Haar, kraftlos die Treppe herabgetaumelt war, immer noch blass von dem Entsetzen und der Aufregung des vorangegangenen Abends, aber voller Sehnsucht, ihren armen schmerzenden Kopf noch einmal an die Brust des Mannes zu legen, den sie mehr als ihr eigenes Leben liebte, ab.“

Franziska Bronnen, die am Donnerstagabend in der bar rosso zu einem „Bummel durch Europa“ einlud, las diese und andere Auszüge aus Mark Twains Werk gleichen Titels mit so feiner Ironie, dass Twains spitze Feder hör- und spürbar wurde. Die Schauspielerin hat bei ihrer Auswahl den Schwerpunkt auf die deutschen Etappen der Europa-Reise Twains gelegt und diese Stationen mit gutem Gespür für den besonderen Blick dieses Schriftstellers zu einer knapp 90-minütigen Fassung konzentriert.

Ein Amerikaner in Europa - das ist in diesen Tagen schwer zu trennen von dem pöbelnden „Make America great again“ des künftigen Bewohners des Weißen Hauses. Doch es gab - und gibt - andere Amerikaner, die dieses merkwürdige Europa mit seiner langen, wilden Geschichte interessierte und interessiert - ja: neugierig macht. So neugierig, dass sie sich vornehmen, zu Fuß über den alten Kontinent zu wandern und, wie im Falle Mark Twains, dann doch auf die Erzeugnisse europäischer Ingenieurskunst zurückzugreifen und einen Zug zu besteigen, ein Vehikel zu nehmen. So kamen Twain und sein Reisebegleiter nach Frankfurt, wo sie das Goethehaus besichtigten; nach Heidelberg, wo die Straßen belebt waren von den Studenten, die hier umherbummelten; nach Mannheim, wo ein Besuch der Oper „Lohengrin“ Assoziationen an eine schmerzhafte Zahnbehandlung weckte. Schließlich erreichte der amerikanische Freund, ehe er die Heimreise zurück in die Neue Welt antrat, als letzte Station München. Eine Stadt, deren reges Kulturleben ihm Anlass zu Betrachtungen über den Umgang mit Kunsterlebnissen wie Konzerten oder einmal mehr der Oper bot. Man höre, schreibt er, in Deutschland bei musikalischen Aufführungen doch tatsächlich immer den Schlusston, da hier das Publikum noch ergriffen bis dahin lausche und nicht schon vor Senken des Taktstocks in frenetischen, alles noch Folgende übertönenden Applaus ausbreche. Und dann schildert er, wie König Ludwig II. als einziger Zuschauer eine Oper anschaut und sein ganz privates Da Capo genießt für all die Blitz-und-Donner-Szenen, die Wasserläufe aus dem Schnürboden und andere Naturschauspiele.

Dieser „Bummel durch Europa“ mit dem Schwerpunkt Deutschland, den Franziska Bronnen hier gemeinsam mit dem Publikum an Mark Twains Seite unternimmt, ist ein höchst unterhaltsamer, sehr kluger Ausflug in eine Welt, die sowohl den Bewohnern hierzulande als auch den Besuchern aus Amerika den Spiegel vorhält - mit einem Augenzwinkern. Schließlich haben beide Seiten doch viel gemeinsam, auch wenn die deutsche Sprache dies weit komplizierter ausdrückt. Aber eben oft auch weit poetischer.

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Do, 19.01.2017 | © Copyright: Werner Gruban, Theaterforum Gauting