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Veranstaltungsinfo

Mi, 08.11.2023
19.30 Uhr
Diskussion

Eintritt frei

Gemeinde Gauting: Informationsveranstaltung zur Bürgerwindenergie

Fachvorträge und  offene Diskussionsrunde

Im Rahmen einer öffentlichen Bürgerinformationsveranstaltung, wird der aktuelle Stand zum Thema Windenergie in der Gemeinde Gauting vorgestellt. Darüber hinaus werden Fragen zur Windenergienutzung in Fachvorträgen von Matthias Simon vom Bayerischen Gemeindetag und Robert Sing von der Ingenieurbüro Sing GmbH beantwortet. 

Interessierte die Möglichkeit, sich an einer offenen Diskussion zu beteiligen und ihre Anregungen einzubringen.

Pressestimmen
Acht Windkraftanlagen für Gauting
Pressestimme von Volker Ufertinger
Erschienen in:   Starnberger Merkur

Bei einem Infoabend im Bosco gibt die Gemeinde Details der Planung bekannt.

Etwa 150 Bürgerinnen und Bürger kamen am Mittwoch zur Infoveranstaltung Windkraft ins Gautinger Bosco. Lange Zeit blieb die dreistündige Veranstaltung sachlich, erst am Schluss wurde es hitzig, einige Windkraftgegner gaben emotionale Statements ab („Ich will nicht im Industriegebiet Wald spazieren gehen“). Die juristischen Grundlagen der Planung erläuterte Matthias Simon, beim Bayerischen Gemeindetag zuständig für Baurecht. Die Planung als solche Robert Sing aus Landsberg, Kooperationspartner der Gemeinde. Er hat auch die Berger Windräder realisiert. Die Moderation des Abends übernahm Sebastian Pohl von der Firma vom Mediatorenbüro Brainding. Vor der Pause standen die Fachvorträge der Experten auf dem Programm. Danach wurden Fragen beantwortet, die die Besucher vor der Pause auf Zetteln notieren konnten. Erst ganz am Schluss konnten direkt Fragen gestellt werden. Der Starnberger Merkur fasst die wichtigsten Punkte zusammen.

Wie viele Windkraftanlagen plant die Gemeinde?

Die Gemeinde geht mit acht Windkraftanlagen in die Planung. Theoretisch wäre es möglich, 16 Stück zu errichten, der Gemeinderat hat sich aber auf die Hälfte verständigt. „Wir mussten einen Kompromiss zwischen dem Eingriff in die Natur und dem dringenden Bedarf nach erneuerbarer Energie finden“, sagte der Referent für Umwelt und Energie im Gemeinderat, Hans Wilhelm Knape (Grüne). „In diesem Zwiespalt befinden wir uns.“ Der Beschluss wurde nahezu einstimmig im Oktober in nicht öffentlicher Sitzung gefasst. Jetzt geht es an die konkrete Planung, daher auch jetzt die Infoveranstaltung.

Wo sollen die Anlagen stehen?

Es sollen jeweils vier Windkraftanlagen im Königswieser Forst sowie im Wald bei Buchendorf errichtet werden. Ursprünglich waren drei weitere Flächen im Gespräch, nämlich bei Unterbrunn, Oberpfaffenhofen und südlich des KIM. In Unterbrunn und Oberpfaffenhofen stehen jedoch Belange der militärischen und zivilen Luftfahrt entgegen. Südlich des KIM weht der Wind zu schwach. Dort wäre Platz für zwei Anlagen gewesen.

Wer sind die Eigentümer der Flächen?

Die Flächen im Königswieser Forst gehören dem Freistaat Bayern (Bayerische Staatsforsten). Er ist auch Eigentümer von zwei Flächen in Buchendorf, eine weitere gehört der Gemeinde. Diese sieben Standorte sind gesichert, bei einem achten ist die Gemeinde optimistisch.

Wer darf bauen?

Grundsätzlich jeder, der einen Antrag stellt. Windkraftanlagen sind nämlich im Wald (Außenbereich) qua Gesetz privilegiert und brauchen laut Matthias Simon vom Bayerischen Gemeindetag nicht die Zustimmung des Gemeinderats. Er verwies darauf, dass der Landkreis Starnberg schon vor zehn Jahren im Außenbereich Vorrangflächen (Konzentrationsflächen) ausgewiesen hat. „Das hat der Steuerung gedient. Anderswo in Bayern gibt es Wildwuchs.“ Eben weil es jedem (Investor) freisteht, eine Windkraftanlage zu errichten, will Gauting das Heft des Handelns selbst in die Hand nehmen und die Bürger am Gewinn beteiligen. „So bleibt die Wertschöpfung in der Gemeinde“, sagte Bürgermeisterin Dr. Brigitte Kössinger. Für ein Ratsbegehren, wie von der Umweltinitiative Umwelt – Energie – Gauting gefordert, sieht sie angesichts der Rechtslage „keine Möglichkeit“.

Wie groß ist der Abstand zur Wohnbebauung?

Der Abstand zur Wohnbebauung zwischen den Anlagen im Königswieser Forst nach Hausen, Oberbrunn und Unterbrunn beträgt mindestens 1,1 Kilometer, in Buchendorf mindestens 1,2 Kilometer. Eine Wertminderung der Häuser ist nicht zu erwarten. „Das ist deutlich zu weit weg“, so Simon. In Mörlbach und Neufahrn, die an die Berger Windräder angrenzen und wo der Widerstand anfangs groß war, ist kein Wertverlust der Immobilien eingetreten.

Welche Dimension haben die Anlagen?

Die sogenannte Nabenhöhe – also die Stelle, an der die Rotorblätter zusammenlaufen beträgt 167 Meter (zum Vergleich Berg: 149 Meter), die Gesamthöhe 255 Meter. Der Rotordurchmesser liegt bei 175 Metern. Der Flächenverbrauch beträgt 6000 Quadratmeter während der Errichtung und 3000 Quadratmeter während des Betriebs (permanenter Flächenverbrauch). Der für diesen Zweck abgeholzte Wald wird an anderer Stelle neu gepflanzt. Das Fundament reicht – anders als oft behauptet – nur einen halben Meter in die Erde.

Wie teuer ist ein Windrad?

Der Bau eines Windrads kostet laut Sing aktuell etwa zehn Millionen Euro. Darin enthalten ist das Geld für einen Rückbau. Das unterscheidet die Windkraft von Energieformen wie dem Atomstrom, wo die Folgekosten und -lasten den nächsten Generationen aufgebürdet werden. Ebenfalls darin enthalten sind die Kosten für juristische Auseinandersetzungen. „Es ist noch gegen jede Anlage geklagt worden“, so Sing.

Wie hoch ist der Ertrag?

Der Ertrag einer topmodernen Windkraftanlage liegt laut Sing bei etwa elf Millionen Kilowattstunden pro Jahr, also 44 Millionen Kilowattstunden bei vier Windkraftanlagen im Königswieser Forst. Damit könnten etwa 10 000 Haushalte mit Strom versorgt werden. Etwa so viele Haushalte umfasst die Gemeinde Gauting insgesamt.

Warum müssen im windschwachen Bayern überhaupt Windkraftanlagen errichtet werden?

Tatsächlich wäre der Ertrag etwa an der Nordseeküste größer. Laut Sing läge er etwa beim Doppelten. Allerdings ist Bayern wegen der fehlenden Verbindung zwischen dem Norden und dem Süden darauf angewiesen, vor Ort Windenergie zu erzeugen. Die durchschnittliche Windgeschwindigkeit in Gauting liegt bei 20,5 Stundenkilometern.

Welche Gefahr geht von den Anlagen für Vögel aus?

Dadurch, dass die neuen Anlagen höher sind als die früheren, hat sich die Gefahr für Rotmilan und andere Vögel reduziert. In Fuchstal, wo das Ingenieurbüro Sing ebenfalls Anlagen realisiert hat, schalten sich die Anlagen automatisch ab, wenn sich etwa Fledermausschwärme im Abstand von 300 Metern nähern.

Wie lange werden die Windkraftanlagen stehen?

Die EEG-Vergütung läuft in 20 Jahren aus, doch das bedeutet nicht zwingend den Rückbau in 20 Jahren. „Sie werden erst dann abgebaut werden, wenn die laufenden Kosten höher als die Erlöse sind“, so Sing.

Wie funktioniert die Bürgerbeteiligung?

Damit die Wertschöpfung in der Gemeinde bleibt, ist eine Betreibergesellschaft nach Berger Vorbild („Bürgerwind Berg“) zu gründen. Ihr Sitz wäre im Gautinger Rathaus. 20 Prozent würde „S&T Bürgerenergie Planungs-GmbH“ von Robert Sing halten, zu 80 Prozent können sich die Bürger beteiligen. „Es ist ein Investitionsprojekt der Gautinger“, so Knape. Der Mindestanteil liegt bei 5000 Euro. Die Gemeinde will aber dafür Sorge tragen, dass man sich auch mit geringeren Beträgen beteiligen kann, und zwar über eine Kooperation mit der Energiegenossenschaft Fünfseenland. Die Rendite schätzt Sing auf sechs Prozent. Nächstes Frühjahr soll die Kartierung beginnen, in Juni oder Juli der Antrag eingereicht werden. Die Betreibergesellschaft könnte sich Mitte 2025 gründen.

Pro und Kontra Windkraft
Pressestimme von Volker Ufertinger
Erschienen in:   Starnberger Merkur

Infoveranstaltung am Mittwoch im Bosco soll Klarheit in ein umstrittenes Thema bringen.

Das Thema Windkraft drängt mit Macht auf die Tagesordnung. Immer wahrscheinlicher wird, dass in naher Zukunft auch auf Gautinger Flur Windkraftanlagen stehen. Deshalb lädt die Gemeinde Gauting für morgen, Mittwoch, 8. November, 19 Uhr, zu einer Informationsveranstaltung ins Bosco ein. Der Ablauf ist so geplant, dass Bürgermeisterin Dr. Brigitte Kössinger in das Thema einleitet. Danach gibt Matthias Simon vom Bayerischen Gemeindetag einige Erläuterungen zum allgemeinen Baurecht, zum Baurecht in den Konzentrationsflächen des Landkreises Starnberg sowie zur Regionalplanung. Im Anschluss stellt Robert Sing vom Ingenieurbüro Sing, der auch die Windräder in Berg gebaut hat, den Stand der bisherigen Planung in der Würmtalgemeinde sowie eine mögliche Bürgerbeteiligung an dem Projekt dar. „Danach ist eine offene Diskussionsrunde geplant“, teilt die Gemeinde mit. Moderiert wird die Veranstaltung vom Mediatorenbüro Brainding.

An gleicher Stelle, im Bosco, hatte schon Ende Oktober eine Veranstaltung stattgefunden, allerdings von der Bürgerinitiative „Umwelt – Energie – Gauting“, die der Windkraft ablehnend gegenüber steht. Bei dieser Gelegenheit hatte Dr. Detlef Ahlborn, Zweiter Vorsitzender der Bundesinitiative „Vernunftkraft“, die These vertreten, dass eine Energiewende mit dem Konzept einer weitgehenden Energieversorgung mit Strom aus Windkraft und Fotovoltaik scheitern müsse. Auch mit einem hohen Anteil an erneuerbaren Energien, ohne den Betrieb von Kraftwerken mit fossilen oder Kernbrennstoffen, sei eine sichere Energieversorgung des Industrielands Deutschland „schlichtweg unmöglich“. Speichertechnologien in der benötigten Größenordnung und zu akzeptablen Kosten sei für lange Zeit nicht realisierbar. Wie Bernhard Fliedner von der Bürgerinitiative in einer Presseerklärung mitteilte, sollen sich die Bürger ihr eigenes Urteil bilden, „welches idealerweise in Form eines Rats- oder Bürgerbegehrens eingeholt werden sollte“. Die Initiative beteuert, einen „unaufgeregten und sachlichen Austausch von Informationen“ zu suchen.

Das Thema Windkraft ploppte auch bei den jüngsten Bürgerversammlungen auf. In Unterbrunn wollten Vertreter der Bürgerinitiative Flyer verteilen. Das wurde ihnen aber mit Hinweis auf das Hausrecht untersagt. In Buchendorf zwei Wochen später erkundigten sich einige Bürger beunruhigt nach Postwurfsendungen, die sie in ihren Briefkästen gefunden hätten. „Viele Informationen darin entsprechen nicht den Tatsachen“, erklärte die Bürgermeisterin – und verwies auf die jetzt anstehende Informationsveranstaltung im Bosco. „Dort bekommen sie zuverlässige Informationen.“

Seit dem Ukraine-Krieg gilt es als Konsens, dass sich Deutschland von Energie-Importeuren wie Russland so schnell wie möglich unabhängig machen sollte. Windkraftanlagen sind mittlerweile laut Gesetz im „überragenden öffentlichen Interesse“, was es erleichtern soll, Anlagen in der freien Natur zu realisieren. Die Länder sind verpflichtet, rasch Flächen für Windkraftanlagen auszuweisen – in Bayern 1,1 Prozent der Fläche bis 2027 und 1,8 Prozent bis 2032.

Insofern hat der Landkreis Starnberg weitsichtig agiert, als er schon vor gut zehn Jahren so genannte Konzentrationsflächen ausgewiesen hat, die als besonders geeignet gelten. Drei wesentliche Flächen liegen auf Gautinger Gemeindegebiet: östlich von Buchendorf, in einem Streifen bei Königswiesen in Richtung Unterbrunn und zwischen Oberbrunn und Hadorf.