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Veranstaltungsinfo

Mi, 27.11.2019
20.00 Uhr
Literatur

15,00 / 8,00

Regulär / bis 25 Jahre

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Veranstalter: Theaterforum Gauting e.V.

Gerd Holzheimer "Die Liebe höret nimmer auf" (1): Die Liebe ist ein seltsames Spiel – Die junge Liebe

Teil 1 der Literaturreihe "Die Liebe höret nimmer auf" mit Gerd Holzheimer

Sprecherin: LAURA MAIRE
In der Reihe „Die Liebe höret nimmer auf“ geht es um das älteste Thema der Menschheit – und das ist die schönste Sache der Welt, oder? Leider nicht, nicht nur. Oder auch Gott sei Dank nicht. Wäre die Geschichte nicht eine so schön komplizierte, gäbe es auch nicht so viele wunderbare Texte auf dieser Welt.
Der griechische Philosoph Plato geht von dem Bild aus, dass der Mensch einst die Gestalt einer Kugel hatte, bis diese Kugel in zwei Hälften geteilt wurde. Seither suchen sich die beiden Hälften, sie möchten sich wieder vervollständigen. Diese Suche ist die Sehnsucht, die bald zutiefst beglückend, bald auch voller Schmerz sein kann.
Sie sucht die Erfüllung, die zutiefst beglückend ist – und immer neue Wiederholung wünscht, weil alle Lust Ewigkeit will, aber eben nicht permanenten Bestand hat. Gefahr neuer Befremdung, wenn nicht Entfremdung droht. Nie bleibt die wiederhergestellte Einheit ohne weiteres bestehen, schon gar nicht von selber. Schmerz steht zu befürchten, so dass neue Sehnsucht entstehen kann: die Kugelgestalt wieder zu erneuern oder Bestandteil einer neuen Kugelform zu werden. So gehen Sehnsucht und Erfüllung eine eigentümliche Partnerschaft ein.
Ob die Erfüllung der Tod der Sehnsucht ist, wie manche meinen, oder ihr beglückendes Ziel, ist Gegenstand unendlich vieler Geschichten, weil unendlich vielen Menschen in ihrem Leben diese Geschichten begegnen. Wir geben uns ganz einfach diesen Erzählungen hin.

Teil 1: Die Liebe ist ein seltsames Spiel – Die junge Liebe
 
„Die Liebe ist ein seltsames Spiel“, heißt es in einem Schlager von Connie Francis aus dem Jahre 1964, ein echter Ohrwurm seinerzeit, den man, wie so oft bei schlichten Wahrheiten, nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Tatsächlich ist es der Liebe ziemlich gleichgültig, ob sich zwei Menschen 1964 oder 2019 ineinander verlieben. Amor, dieser ewig junge Schalk und Gott, lauert allerorten und zu allen Zeiten mit Pfeil und Bogen, um mit seinen Pfeilen ins Herz zu treffen und die Getroffenen unsterblich ineinander verlieben zu lassen. Es geschieht, es ist geschehen, es ist den Menschen „aufgesetzt“. Dem sollte man, was ohnehin vergeblich wäre, nicht entrinnen wollen, sondern sich frohen Herzens ergeben – und sich darin ergehen. Keine Chance, da gibt es kein Entrinnen, unerheblich ob die Betroffenen erst eine geringe Zahl an Lebensjahren aufweisen oder sich schon in fortgeschrittenem Alter befinden. Die Liebe ist und bleibt immer jung. Von dem berühmten Maler Wilhelm Leibl, der sich 1875 in Theresia Bauer verliebt hat, Kellnerin in der „Post“, Wirtschaft zu Schondorf am Ammersee, heißt es: „Jatz hozn und er hoz aa“, also die beiden hat es erwischt, und jetzt haben sie sich, denn „sie hat ihn“ und „er hat sie auch“.
Omnia vincit amor, alles besiegt die Liebe. Allerdings, so heißt es, in dem alten Schlager: „Sie kommt und geht von einem zum andern“, auch dagegen ist nichts zu machen, kein Kraut gewachsen. Und: „Sie nimmt uns alles / Doch sie gibt auch viel zu viel.“ Was sich im einfachen Schlager ausdrückt, findet sich in den Dramen von Shakespeare wieder, in Homers Odyssee, in der Heiligen Schrift, in Gottfried von Straßburgs Tristan und Isolde. Ob arm oder reich, berühmt oder unbekannt: Jeden kann es treffen. Karl der Große verliebt sich in Toledo in Galiana, in eine Maurenprinzessin, ausgerechnet. In Ariosts Orlando furioso, deutsch Der rasende Roland, erschienen 1516/1532, verliebt sich Orlando, Palladin von Karl dem Großen, in Angelica, der beste aller Ritter in die schönste Frau: Der Kampf zwischen dem christlichen Abendland und dem sarazenischen Morgenland, durchmengt von den Abenteuern von glücklichen, aber auch unglücklich Liebenden. So geht es fort und fort…

Konzeption & Moderation
GERD HOLZHEIMER
Sprecherin
LAURA MAIRE

LAURA MAIRE, München, geb. 1979, studierte Schauspiel an der Hochschule für Darstellende Kunst in Frankfurt. Für ihre Rolle in der ARD-Serie "Verdammt verliebt" bekam sie 2001 den Rising Movie Talent Award. Sie synchronisierte u. a. Oscarpreisträgerin Brie Larson in "Room" und wurde 2011 sowie 2014 als Beste Interpretin beim Deutschen Hörbuchpreis ausgezeichnet.
Nach(t)kritik
Love hurts
Nach(t)kritik von Sabine Zaplin

Es gibt wohl kaum ein anderes Thema, bei dem jede und jeder so sicher eine Meinung hat und diese auch vertritt, wie das Thema „Liebe“. Äußerungen zu diesem wohl stärksten unter den Gefühlen und Daseins-Zuständen finden sich in der Popmusik ebenso wie in der Klassik, die Klatschspalten der Boulevardblätter würden ohne wohl kaum existieren, und in Sachen Liebesdrama fühlt sich die eine oder der andere zur rangehenden Institution berufen. Allen voran aber weiß die Literatur in Sachen Liebe stets noch den besten Rat. Tatsächlich zählt sie neben dem Thema „Tod“ zu den beiden Hauptangelegenheiten der schreibenden Zunft. So liegt es auf der Hand, dass die literarische Akademie des bosco, die Literaturreihe des Schriftstellers, Literaturwissenschaftlers und Gautinger Gerd Holzheimer, sich endlich einmal auch des Sujets annimmt. Unter dem Titel „Die Liebe höret nimmer auf“ wird nun in mehreren Abenden auf unterhaltsam lehrreiche Weise auf den Pfaden der literarischen Liebe gewandert. 

Der erste Abend widmete sich dem Aspekt der „jungen Liebe“ und zitiert hier bezeichnenderweise als Motto einen Schlager aus den Sechzigern, „Die Liebe ist ein seltsames Spiel“. Was der Schlager den Wrtschaftswunderlingen war, das war der Minnesang den Menschen des Mittelalters. „Dû bist mîn, ich bin dîn: des solt dû gewis sîn“, kann beinahe jede, jeder im Publikum mitsprechen - der Tegernseer Liebesgruß, der später in die Minneliedersammlung „Frühling“ aufgenommen wird, zählt zu den bekanntesten Dichtungen des Mittelhochdeutschen. Der unbekannte Dichter, der hier seine Herzallerliebste stürmisch und höchst poetisch besingt, teilt seine Leidenschaft mit Kollegen wie Walter von der Vogelweide, der ebenfalls an diesem Abend mit einem Gedicht zur jungen Liebe vertreten ist. Einer der bekanntesten liebenden Lyriker ist der Renaissance-Dichter Francesco Petrarca, der mit seinen Sonetten an die schöne und blutjunge Laura zum Vorbild für viele geworden ist - und zum Inbegriff des, wie Kurt Tucholsky es beschrieb, im Liebesfall „Lyrik absondernden“ Betroffenen. 

Wie trefflich fügte es sich, dass Petrarcas Sonette an Laura von Laura gelesen wurden, und zwar von Laura Maire, Schauspielerin aus Herrsching, die alle weiteren literarischen Beispiele des Abends ebenfalls sehr sinnlich und singerfüllt rezitierte. So wurde der literarische Liebesreigen zu einem Hörvergnügen, das Lust machte (sic!) auf mehr. Zum literarischen Liebesmenü zählten noch Auszüge aus „Tristan und Isolde“ (von Gottfried von Straßburg erstmals erzählt), die unmittelbar neben einem weiteren höchstberühmten und sehr jungen - und sehr tragisch endenden - Liebespaar der Weltliteratur stehen, nämlich Shakespeares „Romeo und Julia“. Der Schwerpunkt der Literaturauswahl lag in der Vergangenheit, zwischen Hochmittelalter und Renaissance. Doch am Ende gab es einen Sprung hinüber in die Moderne, zu Richard Brautigan, der in der Nachfolge der Beat-Generation zu den Hauptbvertretern des West-Coast-Underground zählt und in seine lyrischen Werk, beispielsweise „The Pill versus the Springhill Mine Disaster“ höchst ironisch die amerikanische Prüderie betrachtet. 

Nach so viel Appetitanregern darf man gespannt sein, wie sich der Weg durchs literarische Liebesdickicht weiterhin  gestalten wird.

Galerie
Bilder der Veranstaltung
Mi, 27.11.2019 | © Werner Gruban - Theaterforum Gauting e.V.