Veranstaltungsinfo
Gerd Holzheimer: Im Auge eines Falterflügels - Die kosmische Kunstkammer
Raus aus dem „Schloss Langeweile“, dem Familiensitz derer von Humboldt drängt es den jungen Alexander, hinaus in die Welt: alles will er wissen, alles will er versammeln in seinem eigenen Mikrokosmos, „alles, was sich auf der Erde, unter der Oberfläche der Meere und am Himmelszelt tummelt … mit allen zugehörigen Tatsachen, sowie den Ideen, Weltanschauungen in seiner sinnlichen Verflochtenheit und in gedanklichen Tiefenbohrungen…“ Unerotisch und lieblos sind ihm die Wissenschaften seiner Zeit geworden, er folgt einer sinnlichen Poetik – und dieser Spur folgen viele nach. Darwin hält Humboldt für den „größten Wissenschaftsreisenden, der je gelebt hat“ und ist selber gut unterwegs, mit der Beagle in der Maghellan-Straße. „Die unwiderstehliche Suche nach der regellosen Abirrung“, das ist Darwins, des scheinbar großen Systematikers Definition von beauty, Schönheit. Natürlich gehört auch Goethes Anschauendes Denken in diese Kunstkammer, Bölsches Naturwissenschaftliche Grundlagen der Poesie, Jean Henry Fabres Offenbares Geheimnis, der in seinem Garten mit den Tieren sein Leben verbringt, am liebsten mit den Grillen, den Zikaden. Sein Garten heißt Harmas, Harmas de Fabre Sérignan. Harmas ist ein unbebautes, steiniges Stück Boden. Für den Einsiedler von Sérignan ist es das Arkadien des Insektenreiches. Sein Garten ist ihm seine eigene Erkenntnishöhle, er braucht nichts anderes. Er ist ein Lebenserkunder. Und die Käfer des Ernst Jünger gehören dazu, die er auf seinen Subtilen Jagden erbeutet und die Welt daraus zu erklären sucht: „Im Auge eines Falterflügels ist nichts Geringeres verborgen als im Golf von Neapel oder in der Bucht von Rio, von denen wir auch nicht mehr als die Oberfläche sehen. Es fragt sich, was wir herausholen. Das kann nur aus der eigenen Tiefe geschehen, dort ruht das Gegengewicht."
Sprecher: Axel Wostry
Sprecher: Axel Wostry