„Was magst du am liebsten?“ Eine Frage, mit der sich (nicht nur) Kinder immer wieder gerne beschäftigen und ganz nebenbei viel über sich und die anderen erfahren. „Magst du lieber Playmobil oder Lego?“ Gummibärchen oder Schokolade? Nudeln oder Pizza? Die Zuschauerkinder sind sofort dabei, als Julia Giesbert und Peter Lutz sich aus drei Holzwürfeln - die mit derselben Landkartenskizze bedruckt sind wie der Bühnenprospekt im Hintergrund - Sitzgelegenheiten bauen, die mal Pferde, mal Sessels ein können. Und während im Saal noch darüber debattiert wird, was leckerer schmeckt, kommt noch eine Frage: „Wo würdest du lieber verloren gehen: allein im Wald oder unter ganz vielen Leuten?“ Und schon hat die Geschichte um die Bremer Stadtmusikanten begonnen.
Das Thema „Verloren gehen“ zieht sich auf angenehm zarte Weise durch die Vorstellung, bleibt ebenso im Hintergrund wie die Landkarte, die gegen Verlorengehen schon mal eine gute Hilfe sein kann. Und doch ist es präsent. Denn ohne einander wären die alte Hundedame Leika, der aus der Mühle gejagte Esel Aki, die in einer Plastiktüte im Fluss entsorgte Katze Milenka und der für die Hühnersuppe schon vorgesehene Hahn Johnny längst verloren: sie wurden aussortiert, vertrieben, waren lästig und zu alt. Zum Glück haben sich ihre Wege gekreuzt, haben sie einander gefunden. Und auch, wenn sie es nciht immer ganz leicht miteinander haben, so ist es doch viel leichter als ganz allein. Allein ist man verloren.
Julia Giesbert und Peter Lutz spielen mit großen, weichen Handpuppen und schlüpfen auch mal selber in die Rollen der vier Tiere. Mal sind sie Erzählerin, mal Schattenspieler, die Übergänge sind spielerisch fließend und für die Kinder einsehbar. Nach und nach werden die vier Auswanderer dann tatsächlich zu jenen Bremer Stadtmusikanten, als die sie die Kinder kennen und bald auch erkennen: mit kleinen, wohl dosierten Songs entwickeln die Tiere sich zur frechen Band, die im Publikum sichtlich für großen Spaß sorgt. Besonderen Spaß macht den kleinen Zuschauerinnen und Zuschauern, dass sie am Ende mithelfen dürfen, die Räuber zu vertreiben.
An diesen „Bremer Stadtmusikanten“ stimmt alles: das Timing, die Grundidee, die szenische Gestaltung. Und auch, dass am Ende kein großer Moralschluss folgt, sondern die Freundschaft der Tiere und ihr daraus entstehender Mut für sich sprechen dürfen, ist ein großes Plus. Vielleicht wird auf dem Heimweg ja „Magst du lieber Theater oder Serie gucken?“ gespielt. Es müsste mit den bösen Räubern zugehen, wenn da nicht das Theater gewinnen würde.