Wie konnten wir leben ohne die Clowns? Es ist bestimmt fünfzehn oder mehr Jahre her, dass Gogol und Mäx - damals noch in der Turnhalle der Hauptschule - zuletzt zu Gast in Gauting waren. Und auch, wenn die Zuschauer von damals aus den Kinderschuhen heraus und wohl auch sonst nicht mehr dieselben sind: Christoph Schelb alias Gogol und Max-Albert Müller alias Mäx scheinen um keinen Tag älter geworden zu sein. Im Gegenteil.
„Concerto Humoroso“, lautet bescheiden der Titel des aktuellen Programms. Tatsächlich war es ein Feuerwerk an Musikalität und Akrobatik, an Witz, Situationskomik, Virtuosität und Körperbeherrschung. Die Grundidee ist scheinbar simpel: Gogol will ein klassisches Klavierkonzert geben, ein Soloprogramm für eine Virtuosen mit den gängigen Titeln der Pianoliteratur. „Concerto Piano solo“, verkündet er immer wieder nach Angabe der Titel, die er zu spielen plant, Werke von Chopin, Schumann, Beethoven oder Bach. Doch kaum beginnt er, entdeckt Mäx, der zunächst als Faktotum dem Künstler Gogol die Frackschöße gerichtet, den Klavierdeckel geöffnet und das Publikum entsprechend angeheizt hat, irgendwo im Raum einen Gegenstand, der sich zum Musizieren anbietet, und beginnt, das Solo serioso in ein Duo infernale zu verwandeln. Mal ist es ein Arsenal an kleineren und größeren Kuhglocken, mal ein Xylophon aus Glas, das Mäx bearbeitet und dem er derart groovige Sounds entlockt, dass Beethovenbachschumann zu Jazz oder Blues werden, zu Balladen von unglaublich melancholischer Schönheit oder zu swingenden Superlativen an Sound.
Natürlich lässt Gogol sich das nicht so ohne weiteres gefallen. Doch sobald er versucht, einzugreifen oder sich zu wehren, entsteht ein solcher Tumult, dass einzig waghalsigste Akrobatik die Situation noch zu retten vermag. Da muss er sich, um Mäx am Mitspielen zu hindern, rücklings über den Klavierrücken werfen und von dort die Tastatur bearbeiten (was zu einem atemberaubenden vierhändigen Klavierrückensalto führt); da muss er mit einer windigen Leiter über ein Bühnengestell einen hoch oben befestigten Notenständer erklimmen oder am Ende gar über eine zwischen Klavier und Tuba gelegte Teppichstange balancieren. Und auch, wenn zarter besaitete Gemüter schon die Hand vor die Augen pressen: es gelingt - in bezaubernder, höchst charmanter, stets gefährdeter Schönheit. Piano solo scheint zu siegen.
Doch das Imperium schlägt zurück, in Form eines ohren- und lachmuskelbetäubenden Krieges der Bläser. Mäx schafft mit Lungenvolumen, Gartenschläuchen und verschiedenen Blasinstrumenten einen Luftangriff, der seinesgleichen sucht. Und während Gogol noch mit Tuba auf dem Kopf in die Tasten haut, geistert Mäx mit noch größerem Blech über die Bühne und lehrt alle das Gruseln. Concerto horribile con spirito giganto.
Das Publikum, rasend vor Begeisterung durch alle Generationen, erkämpft sich Zugabe um Zugabe und bekommt ein großartig groteskes Geschenk aus schrägem Klavier und noch schrägerem Saxophon - beides wörtlich und musikalisch gelöst. Was für ein Abend an diesem 11.11. - ein besserer Auftakt in die närrische Zeit wäre nicht denkbar gewesen.