Bratenrock gegen XXL-Clownshose, Lackschuhe gegen Quadrat-latschen, gegeltes Pianisten-Haar gegen die wirre Mähne des Anarchisten und concerto serioso gegen die pure Lust am Dazwischentröten: „Gogol & Mäx“ sind perfekte Antipoden und stimmiges Gesamtkunstwerk in einem – das vor 20 Jahren in Freiburg gegründete Musikkabarettduo gastierte mit seinem „Jubiläumslachkonzert“ Teatro Musicomico im bosco und eroberte die Herzen von Alt und Jung im Sturm. Das Prinzip ihrer hohen Kunst ist natürlich vom Zirkus entlehnt, wo der ernst-gravitätische (weiße) Clown aus der comedia dell´arte für Ordnung steht und der August mit Glatze für das Chaos: „Gogol“ alias Christoph Schelb steht dem „weißen“ ein wenig näher, hat aber im Vergleich zum zirzensischen Vorbild mehr Schalk im Nacken; „Mäx“ bzw. Max-Albert Müller wiederum kann durchaus konstruktiv sein, aber das Subversive, das Zertrümmern jeglicher Formen bleibt stets seine Lieblingsbeschäftigung.
Die musikalische Entsprechung dieser Subversion hätte nicht besser gewählt werden können: Das nervtötend gutgelaunte „La Cucaracha“ ist nicht nur ein Lied über eine obsessive Küchenschabe, die man einfach nicht loswird, es war zugleich ein provokantes mexikanisches Revolutionslied, das der Obrigkeit allein schon durch seine nimmermüde Wiederholung auf die Ohren gegangen sein muss. „Mäx“ spielt dessen fünf Erkennungstöne auf allen möglichen und unmöglichen Instrumenten immer wieder genau dann an, wenn „Gogol“ gerade Großes vorhat: Ob Bach, Beethoven, Ravel, Liszt, Mozart – jedesmal wanzt sich die Küchenschabe musikalisch dazwischen. Soweit das Anarchische mit seinen „Attentaten“ aufs Gelingen, mit seinem Dekonstruktivismus, seinem Spaß an der Fallhöhe. Wobei man diese durchaus wörtlich nehmen darf: Da wird auf dem Klavier herumgeturnt und sogar noch kopfüber vierhändig in die Tasten gehauen. Da werden Notenständer und Mikrofone auf 2,50 Meter Höhe geschraubt, wird mit gewaltigen, buchstäblich elefantösen Blechinstrumenten und einem leibhaftigen Alphorn auf der Bühne hantiert. Da wird ein Teil des Bühnenvorhangs vorübergehend niedergerissen, das Klavier schräg aufgebockt, mit Tellern geworfen, auf einer abenteuerlichen Drahtseilkonstruktion balanciert und mit Gipsbüsten von Bach gedroht - für „Mäx“, den genialen Bastler ist alles machbar, wenn es nur dazu dient, „Gogol“ aus seinem concerto solo-Konzept zu bringen oder ihm einfach nur die Schau zu stehlen.
Beide Akteure verfügen über große Musikalität an verschiedenen Instrumenten, beide sind echte Akrobaten („Mäx“ sogar mit 66 noch!) und vereinen ihre Qualitäten zu einem absolut präzise ineinandergreifenden Räderwerk der Komik – Resultat beim Publikum: Es kam aus dem Lachen und Staunen kaum noch heraus, insbesondere einige Kinder jauchzten immer wieder vor lauter Freude. Die temporeiche Abfolge von optischem und akustischem Chaos, Ordnung und erneutem Chaos, gepaart mit viel Musik, ist der Garant, das universelle Erfolgsrezept von „Gogol & Mäx“, die auch schon international getourt sind und viele Preise eingeheimst haben. Einige Gautinger äußerten schon in der Pause ihre Dankbarkeit für diese zwei unbeschwerten Stunden in allgemein wenig lustigen Zeiten, und als der Abend dann leider vorbei war, belohnten donnernder Applaus und Standing Ovations im erstmals wieder volleren Saal die beiden Künstler. Es bleibt zu hoffen, dass die Küchenschabe sich niemals unterkriegen lässt.