Geht doch: als Edmund Stoiber bei der Wahl 2002 um etwa sechstausend Stimmen hinter Gerhard Schröder lag und nicht Kanzler wurde, da waren diese etwa sechstausend Nicht-Stoiber-Wähler alle vorher im Kabarettprogramm von HG Butzko gewesen. Also kann politisches Kabarett doch etwas verändern. Erklärt Butzko.
Butzko, der eigentlich im Herbst vergangenen Jahres im bosco gastieren sollte und der damals vom allgemein grassierenden Grippevirus daran gehindert wurde. Jetzt holte er das Gastspiel nach, obwohl diesmal die blöden Birkenpollen wieder dafür sorgten, dass er sich verschnupft anhörte. Aber eben nur anhörte. Denn verschnupft ist dieser Mann ganz und gar nicht, der macht sein politisches Kabarett, Birkenpollen hin, Kanzlerin her. A propos Kanzlerin: hatte die nicht vor einigen Jahren versprochen, sie wolle die Quellen des guten Lebens allen zugänglich machen? Butzko jedenfalls kann sich an diesen Satz noch gut erinnern. Und fragt sich seitdem, wo die Quellen sind und was eigentlich ein gutes Leben ist. Aber die Kanzlerin wäre ja nicht die Kanzlerin, hätte sie diesen für sie ziemlich typischen Satz mit Inhalt gefüllt. Ja, sie ist geradezu die Meisterin der inhaltsleeren Sätze, die ähnlich plakatwandtauglich zweidimensional klingen wie Werbesprüche der Autoindustrie, die auch selten etwas über Fahrtauglichkeit aussagen. Vielleicht macht das gerade ihre Beliebtheit aus. „Angela Merkel hat nach wie vor die besten Umfragewerte und auf der Beliebtheitsskala hängt sie immer noch alle anderen Politiker ab.“ Erklärt Butzko. Und fügt hinzu: „Der Bumerang, den wir selber in die Luft geworfen haben, befindet sich noch immer im Hinflug.“
Seine Sätze kommen so schnell, dass sie einander selber zu überholen scheinen und dem Publikum höchste Kozentration abverlangen. Manchmal ist eine Pointe erst im Moment des Abzündens der übernächsten überhaupt erst angekommen. Damit liefert HG Butzko den ultimativen Beweis dafür, dass politisches Kabarett sich den Urhebern seiner Programme gegenüber diametral verhält: je flacher ein politisches Statement, desto steiler der kabarettistische Gegenpass. Im Zusammenhang mit Politikeräußerungen erhält bei Butzko das Wort „Steilvorlage“ überhaupt erst seine Würdigung.
Überhaupt: „Um über Politiker zu lachen, müssen Menschen heute nicht mehr ins Kabarett gehen. Es reicht, wenn sie den Politikern einmal genau zuhören.“ Sagt Butzko. Und liefert haufenweise Fallbeispiele aus dem Parlament und anderen Orten politischer Aktivitäten. Jenseits der Realsatire brilliert er dann mit Fallanalysen. Sei es zum Thema „Zuwanderung“, wo er zunächst die Sonntagsreden der hochkorrekten Minister, Präsidenten und anderer Meinungsbildner zitiert und dann kommentiert, dass sich dieselben Politiker darüber aufregen, dass leere Flüchtlingsheime angezündet werden, die zuvor unter dem Deckmantel der EU-Grenzschutzpolitik im Mittelmeer dafür sorgen, dass diese Flüchtlingsheime überhaupt leer bleiben. Sei es zum Thema „Edward Snowden“, wo er feststellt, dass wir doch in einer denkwürdigen Welt leben, in der die Hälfte der Bevölkerung mit einem Staatsfeind sympathisiert, der sich vor einem Friedensnobelpreisträger versteckt.
Besonders viel Stoff zur „Super Vision“ – so der Titel des aktuellen Programms, das HG Butzko im bosco vorstellt – liefern ihm die Vertreter der großen und mittlerweile doch recht alten Volksparteien. Das Pendant zu CDU-Merkel ist da bei der SPD Andrea Nahles, die laut Butzko mit neunzehn Jahren in der Abi-Zeitung als Berufswunsch angab: „Hausfrau oder Bundeskanzlerin“. Ist es zu fassen? „Mit neunzehn? Da feiert man wild, testet die Wirkung von Alkohol aus, rebelliert oder fummelt aneinander herum“, sagt Butzko, „und was macht Andrea Nahles in dem Alter? Was ganz Wildes: sie gründet in ihrem Heimatdorf einen SPD-Ortsverein.“ Von dort führt der Weg ganz steil und eindimensional nach oben in Richtung Berufswunsch Nummer zwei. „Hätte sich damals, als sie neunzehn war, nur einer erbarmt, ein einziger – wer weiß, was uns das erspart hätte.“
Immerhin gibt es das politische Kabarett. Und wenn es Butzko schon einmal gelungen ist, damit die Welt zu verändern, wenigstens die eines Kanzlerkandidaten – warum sollte das nicht noch einmal funktionieren? „Ich zähle auf sie“, erklärt Butzko zum Schluss.