Die Motivation der jungen Musiker in den Preisträgerkonzerten des ARD-Musikwettbewerbs bleibt ungebrochen. Dieser Elan, mit dem sie die Bühne betreten und das Publikum erobern ist an sich schon eine besondere Qualität. Und das war in diesem klangfarbenfrohen Programm besonders spürbar und nicht zuletzt in verdichteten, extrem intensiven Passagen mit voller Wucht hörbar. Letztendlich war aber auch ein solcher Zugriff nötig, um das heterogene Repertoire auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen.
Harfe im Instrumentarium zu haben, bedeutet schon eine bestimmte Ausrichtung, zeitlich gesehen ab dem Ende des 19. Jahrhunderts, gibt es doch zuvor nur wenig kammermusikalisches Repertoire mit Beteiligung des edlen Instruments. Dies mit Flöte und Streichquartett zu kombinieren, führt geradezu zwangsläufig geradewegs in die Ecke der Raritäten aus Übergangsphasen und Randerscheinungen, zu denen Komponisten wie Gabriel Pierné, Arnold Bax, Joseph Jongen und André Caplet zumindest vordergründig gehören. Ein pauschales Urteil, dass sich im Konzert relativieren sollte. Zumal sich hier vermeintlich eklektizistische „Nachahmungen“ durchaus als individuelle Qualitäten bewährten.
Die Französin Agnès Clément an der Harfe, die Österreicherin Daniela Koch an der Flöte sowie das deutsche Streichquartett mit Anna Katharina Wildermuth sowie Noémi Zipperling an den Violinen, Caspar Vinzens an der Viola und Lukas Sieber am Violoncello zeigten sich in diesem Konzert als überaus begeisterungsfähige Musiker, wenn auch in ihrer Art, sie nach außen zu tragen, doch völlig unterschiedlich. Besonders spannend daher das Changieren in der Wirkung bei wechselnden Besetzungen.
Bedauerlich, dass kein Werk mit Beteiligung alle Musiker zu finden war, hätte man doch gerne die komplette Fülle des Klanges erlebt. Piernés „Variations libres et final“ ohne zweite Violine demonstrierte aber schon den Reichtum des Kolorits in der Konstellation aus Flöte, Harfe und Streichern in einem überaus üppigen Aufgebot an musikalischen Mitteln, die das Ensemble dennoch großartig unter einem weiten dramaturgischen Spannungsbogen aneinander fügt. Vergleichbar packende Werke waren auch die beiden Kompositionen für Harfe und Streichquartett. Zunächst das Quintett aus der Feder des englischen Erforschers keltischer Musik Arnold Bax, der auch den lyrisch-elegischen Impetus dieser alten Musikkultur nicht schmähte. „Conte fantastique“ von André Caplet nach der Erzählung von Edgar Allen Po „Die Maske des roten Todes“ sollte vor allem mit einer fesselnden, bilderreichen Erzählung punkten. Hier trieben die Musiker die Ausdruckspräzision auf die Spitze und kreierten einen ganzen Erlebniskosmos emotionaler Ausdrucksfähigkeit, der nicht zuletzt der Verarbeitung eigener Kriegserlebnisse des Komponisten absolut gerecht wurde.
Eine überaus feinsinnige Konstellation erklang in „Deux pièces en trio“ für Flöte, Violoncello und Harfe vom Belgier Joseph Jongen, der wie Pierné als vielseitiger Musiker vielen Einflüssen ausgesetzt war und sie reichhaltig verarbeitete. Der lyrische erste Satz verwies denn auch deutlich auf Debussy, doch schon das energische Allegro moderato zeugte von einer überaus eigenständigen, kraftvollen Musikerpersönlichkeit. Das musizierende Trio exponierte hier jedenfalls ein Werk von höchster Ausdruckskraft.
Mozarts Flötenquartett A-Dur KV 298 erwies sich in diesem Kontext als geradezu harmlos. Aber dies war denn auch die unterhaltsame Absicht des Komponisten, der hier nach französischer Tradition thematisches Material anderer Komponisten verwendete. Ja nicht zuletzt, sich über diese Komponisten lustig machte, wie im Schlusssatz über Paisiello, dessen Arienthema doch recht kleinlaut daher kam.Bei Beethoven sollte sich das Bild radikal wandeln. Der Komponist hatte schließlich in den drei Streichquartetten op. 59 erstmals eine orchestrale Fülle gewählt, um sich vom häuslichen Kammermusizieren zugunsten des großen Auftritts im Konzertsaal abzuwenden. Das Aris Quartett nahm im dritten Quartett in C-Dur diese Möglichkeit zum Anlass, aus dem Vollen zu schöpfen und mit dramatischer Wucht eine Interpretation höchster Intensität und eruptiver Energetik zu entfachen. Nicht ohne den langsamen, russischen Satz sinnieren sowie das Menuett in mozartischer Art galant tanzen zu lassen. Ein Finale, das dem dichten, ereignisreichen Vortrag des Abends absolut gerecht wurde.