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Veranstaltungsinfo

Mi, 25.01.2023
20.00 Uhr
Klassik

34,00 / 18,00

Regulär / bis 25 Jahre

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Veranstalter: Theaterforum Gauting e.V.

Kuss Quartett & Maurice Steger, Blockflöte: Beethoven, Dowland, Vivaldi, Schiphorst und mehr

Das Kuss Quartett und Maurice Steger warten im bosco mit einem breiten Programm auf.

Ein Markenzeichen des Kuss Quartetts ist die Erarbeitung konzeptueller Programme, die stets einen roten Faden haben, womit sie sowohl dem traditionellen Streichquartett-Publikum als auch neuer Hörerschaft einmalige Erlebnisse bieten. Die Primaria Jana Kuss und Oliver Wille spielen seit 30 Jahren Seite an Seite – zusammen mit ihren langjährigen Kollegen suchen sie mit Neugierde nach der Bestätigung des ewigen „Muss es sein“ des Streichquartettspiels.

JANA KUSS Violine
OLIVER WILLE Violine
WILLIAM COLEMAN Viola
MIKAYEL HAKHNAZARYAN Violoncello

Dass Maurice Steger als „Paganini“, „Hexenmeister“, „The world’s leading recorder player“ oder der „elektrisierende und beflügelnde Dirigent“ betitelt wird, ist nicht überraschend. Um solch hohen Erwartungen gerecht zu werden, bedarf es nicht nur Stegers erstaunenswerter Technik, sondern auch Charisma, Intellekt und einem ganz besonderen Feingefühl für die Musik.

Programm
Dowland: If my complaints could passions move
Adson: Adson’s Ayre
Coperario: Gray's Inn
van Eyck: The English Nightingale
Adson: The Furies
ter Schiphorst: Sei gutes Muts
Vivaldi: Concerto D-Dur für Blockflöte & Streicher, RV 375
van Beethoven: Streichquartett op. 59/2

 

Medienpartnerschaft:

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Pressestimmen
Perfekt, aber nicht vollkommen
Pressestimme von Reinhard Palmer
Erschienen in:   Süddeutsche Zeitung - Starnberg

Das Kuss Quartett brilliert im Gautinger Bosco, reißt das Publikum aber nicht mit.

Schon kurz nach der Gründung 1991 konnte sich das Kuss Quartett einen festen Platz an der Spitze der Streichquartette erspielen. In der heutigen Besetzung seit 2008 unterwegs, ist es zweifelsohne eine feste Größe in der europäischen Konzertlandschaft. Das Zusammenspiel und die interpretatorische Homogenität sind überragend. Es fehlt allein der große Wurf, der euphorisierende Durchbruch, um sich endgültig in die Ruhmeshallen emporzuschwingen.

Das für seine Begeisterungsfähigkeit geradezu berühmte Gautinger Bosco-Publikum kann durchaus als Gradmesser für die Publikumswirksamkeit gelten. Auch wenn die Zuhörer diesmal lange applaudierten und eine armenische Miniatur draufgelegt bekamen, blieb die frenetische Adelung aus. Zumindest im Schlussapplaus nach Beethovens Streichquartett e-Moll op. 59/2.

Die Gründe sind nicht leicht herauszufinden, denn die Interpretation ließ keine Wünsche offen. Schon alleine wie das Ensemble das ursprünglich als „Flickwerk eines Wahnsinnigen“ bezeichnete Quartett in eine dramaturgisch schlüssige Form zu gießen vermochte, war schon eine enorme Leistung. Der Spannungsaufbau gleich im Eingang zeigte Mut zur Schärfe. Der nachfolgende Molto-Adagio-Satz breitete eine warmtonige Atmosphäre aus und behielt die volle Aufmerksamkeit der Zuhörer trotz Langsamkeit und Überlänge bis zum letzten Ton im Griff. Die Erregung des Allegretto-Scherzos brachte im Kontrast wieder erfrischende Vitalität ins Spiel, leistete sich gar mit dem russischen Tanzlied darin schmissige Momente, bis ein leichter Ritt im konsequenten Galopp mit die Wirkung steigernden Trübungen wie impulsiven Passagen einen beherzten Presto-Schlusspunkt inszenierte.

Die Dramaturgie und ihre entschiedene Durchführung hätten einen Euphorie-Ausbruch rechtfertigen können, doch das Bosco-Publikum blieb gesittet. Vielleicht fehlte es an überraschenden Momenten, an Mut, sich gegenseitig herauszufordern und dadurch spontaner zu agieren. Dass dies probate Mittel für Publikumswirksamkeit sind, hatte das Ensemble im Zusammenspiel mit dem Blockflötisten Maurice Steger in der ersten Konzerthälfte selbst erfahren dürfen. Seine Spielfreude und Angriffslust aber auch melancholische Verführung vermochte der Musikliteratur des ausgehenden 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts üppig Leben einzuhauchen. John Dowland, John Adson und Giovanni Coprario, später auch Antonio Vivaldi (Concerto RV 375, Anfang 18. Jahrhundert) machten das Kuss Quartett zu einer überzeugenden Hofkapelle, die sich auch auf tänzerischer Verve verstand. Mit seiner überbordenden spieltechnischen Differenzierung und vor allem seiner ausdrucksstarken Diktion vermochte Steger mit Blockflöten in verschiedenen Stimmlagen mal berührend-warmtonige mal virtuos-bravouröse Höhenflüge zu entfachen.

Auch moderne Stücke fanden sich im Repertoire. So schreckten die Musiker nicht davor zurück, die Komposition „Sei gutes Muts“ der Deutschniederländerin Iris Ter Schiphorst von 2021 (geb. 1956) zu wagen. Das Ensemble fand auch zum nötigen Sarkasmus, die Todesthematik kombinierte es mit absurder Komik. Dennoch war es gut, dass Vivaldi erst danach folgte. So konnte die Euphorie des Bosco-Publikums – nach Zugabe – zumindest die Pause einläuten.

Nach(t)kritik
Streicher plus
Nach(t)kritik von Klaus Kalchschmid

Was für ein schöner,  weiter musikalischer Bogen von der Musik an der Schwelle des 16. und 17. Jahrhunderts über Vivaldi und Beethoven bis zu Iris ter Schiphorst „Sei gutes Muts“, 2021 für das Kuss-Quartett und Maurice Steger komponiert!

Den Abend eröffneten kleine feine, sehr alte Stücke: mal melancholisch, mal sehr munter tänzerisch, mal für Streichquartett, mal nur für Flöte oder für alle fünf zusammen! Von den vier Komponisten war den meisten wohl John Dowland (um 1563-1626) mit „If my complaints could passion move“ am ehesten bekannt, während seine Zeitgenossen und großteils Landsmänner John Adson (1587-1640), Giovanni Coprario (um 1575-1626) und Jacob van Eyck (1590-1657) den wenigsten Musikliebhabern ein Begriff sein dürften. Umso schöner, etwa van Eycks „Engels Nachtegaeltje“ aus „Der Fluyten Lust-hof“ zu hören, ein wunderbar lautmalerisches Flötensolo, das Maurice Steger mitten im Raum als veritables Vogelgezwitscher präsentierte. Auch Coprarios Stück aus „Gray’s Sinn“ und die instrumentale Version eines Lieds von ihm als Zugabe noch vor der Pause, verströmte einen berückenden Hauch  Melancholie in Klängen wie aus einer anderen Welt.

Nicht minder aufregend spielte Steger das späte Antonio Vivaldis spätes Concerto RV 375, ursprünglich  als Violinkonzert komponiert, in einer Bearbeitung für vier solistische Streicher und Blockflöte. Die muss oft virtuose und teils aberwitzige Volten schlagen, was Maurice Steger aber in keiner einzigen Phrase irgendwelche Probleme bereitete, im Gegenteil: Mit zunehmendem Schwierigkeitsgrad schien sich seine Betriebstemperatur und seine Spiellust entsprechend zu steigern.

Dazwischen gab es den kompletten Kontrast und einen gewaltigen Sprung vom Barock ins Heute: Iris ter Schiphorsts „Sei gutes Muts für Blockflöte und Streichquartett“ hatten Steger, Jana Kuss, Oliver Wille, William Coleman und Mikayel Hakhnazaryan bei den „Sommerlichen Tagen Hitzacker“ 2021 erstmals aufgeführt. Ein Jahr später produzierten sie mit diesem 11-minütigen Stück ein großartiges Musikvideo, das auf Youtube und der Website des Flötisten frei zugänglich ist (www.maurice-steger.com/seit-gutes-muts/).

Im Film trennt und verschmilzt Magdalena Zieba-Schwind optisch die Ebenen, lässt durch Wassertropfen schauen oder„verwässert" das Bild: hier das Streichquartett, das mal Text skandiert, mal mehr oder minder versprengte oder intensiv sich verhakende Klänge beisteuert; dort die oft geräuschhaften, spitzen Klänge der Blockflöte, die kaum je einen richtigen Ton spielen darf. Über Kopfhörer dringt die Musik sehr räumlich und direkt in Ohren, Herz und Seele. Mal hört man Wortfetzen aus „Der Tod und das Mädchen“ von Matthias Claudius („Bin Freund, und komme nicht, zu strafen. Sey gutes Muths, ich bin nicht wild, sollst sanft in meinen Armen schlafen!“), dann ganz konkrete Sätze, die auf eine Vergewaltigung hindeuten, kulminierend im mehrfach skandierten, reichlich absurden „Und der liebe Gott hängt fest im Dominantseptakkord“ sowie ganz am Schluss dem einsamen, finalen „Sey gutes Muths“, die nun der Flötist spricht. Live im Konzert traf dieses Stück den Zuhörer unvermittelt, vom Text war wenig zu verstehen und die Magie, die Musik und Film entwickeln, mochte sich nicht so recht einstellen.

Nach der Pause folgte das zweite der Rasumowsky-Quartette Ludwig van Beethovens, also op. 59/2 in e-Moll, mit seinem ungestümen, rhythmisch enorm pointierten Scherzo, dem im Maggiore-Teil das russische Volklied „Sláva Bogu na nebe" (Preis sei Gott im Himmel) zugrunde liegt, und dem vital wild dahinjagenden Presto-Finale. Beide Sätze hatten beim Kuss-Quartett eine große, intensive Dringlichkeit und waren ebenso prägnant wie präzise musiziert. Leider gilt das für die beiden vorangegangenen Teile, Kopfsatz und das Molto Adagio, nicht im vollen Umfang. Schwer zu sagen, woran das lag, aber mit den ersten Tönen des Scherzo war plötzlich eine Wachheit und Konzentration zu erleben, die zuvor immer mal wieder fehlte und etwa den langsamen Satz beinahe in Einzelteile zerfallen ließ.

 

Galerie
Bilder der Veranstaltung
Mi, 25.01.2023 | © Werner Gruban - Theaterforum Gauting e.V.