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Veranstaltungsinfo

Di, 05.12.2023
20.00 Uhr
Klassik

29,00 / 12,00

Regulär / bis 25 Jahre

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Veranstalter: Theaterforum Gauting e.V.

Leonkoro Quartett: Schubert, Janáček und Beethoven

Das Jahr 2022 ist für das Leonkoro Quartett ein Jahr der Auszeichnungen: Im März 2022 wurde das Ensemble unter anderem mit dem begehrten und hoch-dotierten Musikpreis der Jürgen Ponto-Stiftung geehrt, der alle zwei Jahre an ein herausragendes Streichquartett verliehen wird.

Das Ensemble wird gerahmt von den Brüdern Jonathan und Lukas Schwarz an 1. Geige und am Cello, die Mittelstimmen bilden Amelie Wallner an der 2. Geige und Mayu Konoe an der Bratsche. Leonkoro, auf Esperanto: Löwenherz, spielt nicht zufällig auf Astrid Lindgrens Kinderbuch über zwei Brüder an, einem Buch das der schwerwiegenden Tatsache des Sterbens eine große und herzliche Portion Trost gegenüberstellt – einem Sinn, dem sich nicht an wenigen Stellen auch die Quartett-Musik widmet.

Im April 2022 erspielten sich die vier Musiker:innen den 1. Preis beim Internationalen Streichquartett Wettbewerb der Wigmore Hall London und wurden zudem mit gleich 9 von 12 Sonderpreisen ausgezeichnet. Darunter der Preis für die beste Aufführung eines Werkes aus dem 19. Jahrhundert, den Britten Pears Young Artists Programme Prize, den Leeds International Concert Series Prize sowie den Preis der Esterházy Stiftung.

"Das Leonkoro Quartett […] hat eine enorme Bühnenpräsenz, glüht für die Musik, fährt volles Risiko und verblüfft durch das Einfühlungsvermögen in die jeweilige Klanglichkeit der Stücke […]" - Frankfurter Allgemeine Zeitung

JONATHAN SCHWARZ Violine
AMELIE WALLNER Violine
MAYU KONOE Viola
LUKAS SCHWARZ Violoncello

Programm
Franz Schubert: Streichquartett Nr. 9 g-Moll D 173
Leoš Janáček: Streichquartett Nr. 1 „Kreutzersonate“
Ludwig van Beethoven: Streichquartett Nr. 7 F-Dur op. 59 Nr. 1

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Nach(t)kritik
Vollendet spontan
Nach(t)kritik von Klaus Kalchschmid

Eigentlich ist man sprachlos nach so einem Konzert und kann die Gedanken wie das Staunen kaum ordnen: Denn wie soll man diese Vollendung, diese frühe Reife und feine Schönheit, aber auch das zugleich aufregend Unmittelbare, ja Spontane beschreiben, mit dem das erst 2019 gegründete Leonkoro  Quartett im Bosco das g-moll-Quartett des 18-jährigen Schubert, Janáčeks erstes Quartett und Beethovens op. 59/1 musizierte. Acht Stunden Anreise mit dem Zug von Bern hatten sie hinter sich, aber nicht eine Sekunde Müdigkeit spürte man. Stattdessen herrschte eine Wachheit in jeder Phrase, jedem Akkord und jedem Ton bei stets lupenreiner Intonation, dass man nur atemlos staunen konnte.

Sicher ist das bereits neunte Quartett des blutjungen Franz Schubert aus dem Jahr 1815 noch kein reifes Meisterwerk. Aber wie geschickt greift er Vorbilder auf; wie viel seines ureigenen Stils ist da nicht nur zu erahnen, sondern ganz konkret zu hören. Aber das muss man auch so vielgestaltig beziehungsreich spielen wie hier das Leonkoro  Quartett. Was für eine Gesanglichkeit verströmte das Andantino, wie präsent und doch immer schlank, herb-süß, ja zart modellierte die erste Geige (Jonathan Schwarz) ihre Variationen, oft im Dialog mit dem Cello (Lukas Schwarz). Gut vorstellbar, dass die beiden Brüder auch im Leben so empathisch zugewandt miteinander umgehen. Aber auch die beiden Frauen, Amelie Wallner (zweite Geige) und Mayu Konoe (Bratsche) sind zugleich eigenständige musikalische Persönlichkeiten, die, wenn sie als Hauptstimme hervortreten, wunderbare Präsenz und Ausdruckskraft besitzen, aber auch bewundernswert harmonisch in den Quartettklang zurücktreten können, dabei nicht nur perfekt eingebunden sind, sondern aus dem Hintergrund das Quartett zum Leuchten bringen. Jeder Moment ist minutiös geprobt, jede Phrase sitzt, jeder Akkord schimmert und schillert und immer scheint das Leonkoro  Quartett vielschichtig zu erzählen.

Das wird vollends beim ersten Streichquartett von Leoš Janáček zum Ereignis. Dabei spielt es keine Rolle, wie viel enthalten sein mag vom bitteren, tödlichen Eifersuchtsdrama in Leo Tolstois Erzählung „Kreutzersonate“, die dem Quartett seinen Namen gab. Wie warme melodische Wendungen vom eisklirrenden Spiel am Steg konterkariert werden, was sich alles an unterschiedlichen musikalischen Gesten auf engstem Raum abspielt, wie da vier Musiker mit- und gegeneinander agieren, das lässt Dinge hören, die man an diesem Quartett, das man sehr gut zu kennen glaubte, noch nie wahrgenommen hat. Janáčeks charakteristische, den „Sprachmelodien“ des Tschechischen abgelauschten Motive besitzen ein Beredtheit, die fast schon unheimlich scheint. Höhe- und Schlusspunkt ist die  noch einmal aufflammende kollektive Leidenschaft ganz am Ende. Doch die  fällt von ganz oben nach tief unten in sich zusammen und erlischt plötzlich wie ein Leben durch Mord, den Tolstoi schildert.

Nach der Pause folgt das erstes der Quartette Opus 59, die Ludwig van Beethoven Andrei Rasumowski, russischer Diplomat in Wien, gewidmet hat und die dessen Namen tragen. Wie bestechend hier musikalische Analyse zugleich mit dem Musizieren stattfindet, wie klug Motive und Themen modelliert werden, wie man hörend musikalische Form verstehen kann, sei es beim Sonatensatz des ersten oder dem komplexen, fünfteiligen Scherzo des zweiten Satzes, das sich allen Eindeutigkeiten entzieht -  das ist wahrlich große Kunst, eine Kunst, die von reifer Musikalität zeugt, aber auch von einem gemeinsamen Atmen, für dessen Erringen  andere Quartette Jahrzehnte brauchen;  hier sind sie  das Ergebnis von gerade mal vier Jahren. Wunderbar gestaltet auch die große, tief und ausdrucksvoll atmende Lyrik rund um das traumhaft schöne Thema des langsamen Satzes, bevor unmittelbar ein ruheloses, herb und scharf geschnittenes Finale anschließt, dessen zugrundeliegendes russisches Volkslied sich freilich nie aussingen darf.

Großer Beifall und als Zugabe nach dieser Sternstunde eine kleine, feine „Fantasia“ von Henry Purcell.

Galerie
Bilder der Veranstaltung
Di, 05.12.2023 | © Werner Gruban - Theaterforum Gauting e.V.