Wenn feststünde, dass Mond und Erde zusammenstießen wie im Song "Moon & Earth Crash", und wenn man nur noch wenige Stunden bis zur Apokalypse hätte - was würde man wohl tun? Die von der Gruppe LischKapelle als "Schlaflied" vorgestellte zweite Zugabe des Abends befasste sich zwar Englisch singend mit einem solchen Szenario, doch gewiss nicht einschläfernd, sondern erfrischend bis zur letzten Note: Die aus Trostberg stammende sechsköpfige Formation lieferte im Bosco den Beweis, dass hand-gemachte Musik und eine eigene kompositorische Handschrift die Menschen noch immer stärker berühren als noch so gut gemeinter Mainstream. Damit eine solche unverwechselbare Mischung zu Stande kommt, braucht es einfach ein bisschen Glück und das gegenseitige "Erkennen" der Musiker, dass sie vielleicht ähnlich ticken und etwas Kreatives miteinander anfangen können. Vor sechs Jahren also müssen die beiden Schwestern Karin und Susi Lischka (Vocals, Piano, Pecussion) auf die "Kapelle" getroffen sein - den Gitarristen Andreas Torwesten und den Ziach-Virtuosen Matthias Pürner, hinzu gekom-men sind mittlerweile auch noch Gurdan Thomas (Tuba) und - für den Auftritt im Bosco zumindest - Daniel Smith, der an der Posaune den "etatmäßigen" Markus Urbauer vertrat. Der Legende nach entwickelte sich aus der anfänglichen Akustik-Cover-Band bald jene ganz eigene "Pflanze", die nunmehr als "LischKapelle" ziemlich spannend klingt: Temporeiche, mehrstimmige Lieder von strahlender Kraft, das meiste aus eigener Feder, manches auch eigenwillig gecovert. Natürlich bauen diese sechs noch ziemlich jungen Leute auf Vorbildern auf, die Karin z.B. "unsere absolute Lieblingsband" nennt, und natürlich gelten auch bei der LischKapelle die klassischen Harmonie-Gesetze, die einen guten Song ausmachen - doch das Besondere dieser bereits auf einer CD namens "08621" (Vorwahl Trostberg) versammelten musikalischen Visitenkarten ist die Balance von Instrumenten und Gesang, die Ökonomie von Refrain und Zwischen-Passagen in den Liedern. Als Zuhörer hat man jederzeit das Gefühl von Stimmigkeit, ja geradezu von musikalischer Reife, trotz all dieser munteren Unverbraucht-heit. Als "Bavaro-Indiepop" bezeichnet LischKapelle selber das, was sie da so traum-wandlerisch entfachen: Traditionelle Blechinstrumente, eine kernige, auch mal ins Melancholische ausrückende Ziach und eine treibende Gitarre oder ein unterstützendes Piano, dazu der helle Gesang der nebenbei auf Cajon und Trommel Percussion liefernden Schwestern Lischka, die allein schon viel positive Ausstrahlung mitbringen. Auch Gitarrist Andreas war von solch unverstellter Offenherzigkeit in seiner Freude über das "tolle Bosco", dass man ihn hätte adoptieren mögen. Auf andere Weise als bei "La Brass Banda" findet dies alles zusammen, noch nicht so kalkuliert - etwas weniger mit Lederhose, dafür mehr mit Jeans und Weltläufigkeit, könnte man sagen. Dass die "LischKapelle" zuweilen die jüngere Pop-Geschichte plündert (und sich dann halt wie eine gute Schulband anhört), fällt gar nicht weiter auf, da ihr eigenes Profil deutlich überwiegt. Und den Bogen zurück zu den (Trostberger) Wurzeln, den inszenieren die zwei jungen Damen und vier jungen Herrn besonders schön bei der ersten Zugabe: Da versammeln sie sich vorne an der Bühnenrampe und intonieren a-cappella eine Art Jodler, ehe sie wieder loslegen auf ihrem Independent-Trip. Dem Bosco-Publikum tat "LischKapelle" jedenfalls ähnlich gut wie eine Verjüngungskur - mehr davon, Mond und Erde sollen ruhig zusammenstoßen!