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Veranstaltungsinfo

Fr, 03.03.2023
20.00 Uhr
Schauspiel

30,00 / 15,00 / 15,00

Regulär / bis 25 Jahre / Gäste, die auf inklusive Kulturangebote angewiesen sind

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Veranstalter: Theaterforum Gauting e.V.

Metropoltheater München: „(R)Evolution“ von Yael Ronen und Dimitrij Schaad - barrierearme Aufführung

Der Auftritt des Metropoltheater München am 03. März 2023 ist als barrierearme Veranstaltung geplant und richtet sich insbesondere an Menschen mit Hör- und Sehbehinderung - bietet aber auch für alle anderen Interessierten eine spannende Bühnenerfahrung.

Ein Ankündigungsvideo in Gebärdensprache finden Sie hier.
Ein PDF mit allen wichtigen Informationen kompakt hier.

2040 – unser Leben wird bestimmt von Maschinen und Algorithmen. Babys werden noch vor der künstlichen Zeugung perfektioniert, um immun gegen die schlimmsten Krankheiten, hyperintelligent und gewappnet gegen alle zu erwartenden Umweltkatastrophen zu sein – alles lediglich eine Frage des Geldes. Die elektrischen Geräte bestellen sich ihren Reparaturservice selbst und der Kühlschrank warnt vor zu ungesunder Ernährung. Die Niederlande sind längst dem steigenden Meeresspiegel zum Opfer gefallen, Natur- und Klimaschützer die neuen Terroristen unserer Zeit, die es mit allen Mitteln zu bekämpfen gilt.

Über allem schaltet und waltet in jedem Haushalt Alecto, in ihrem ersten Leben griechische Rachegöttin des Unerbittlichen und Bösen, nun die künstliche Intelligenz, ohne die keiner mehr von uns leben kann. Alecto sagt uns, was wir fühlen, wonach uns der Sinn steht und dass es um unsere Beziehung eventuell doch nicht so gut bestellt ist wie wir bisher dachten, was bestimmt nicht nur daran liegt, dass wir insgeheim doch gerne mal wieder richtigen statt Cybersex hätten.

Alecto weiß alles von uns und das früher als wir. Sie steht uns näher und kennt uns besser als jeder andere, ist Familienmitglied, Therapeutin, Alltagsmanagerin und Vertraute. Selbstverständlich ist sie auch Spionin des Staats, was wir wüssten, wenn wir wenigstens ein einziges Mal in unserem Leben den Nutzungsbedingungen nicht nur zugestimmt, sondern sie vorher auch gelesen hätten.

Ronen und Schaad beschreiben in "(R)Evolution", basierend auf Yuval Noah Hararis "21 Lektionen für das 21. Jahrhundert", die Auswirkungen und Herausforderungen, die die digitale Revolution mit sich bringt. Mit einer großen Portion schwarzen Humors und subtiler Lakonie treiben sie in zwölf Szenen die Entwicklungen und Folgen des technologischen Fortschritts auf die Spitze, zeigen die Gefahren von Digitaldiktaturen auf und wie wenig das Individuum und seine Selbstbestimmung darin zählen.

Die vermeintlich ferne Zukunftsmusik rückt so bedrohlich nah – von der Utopie zur Dystopie an nur einem Abend.

Regie Jochen Schölch
Bühne Thomas Flach
Kostüme Cornelia Petz
Licht Hans-Peter Boden
Dramaturgie Katharina Schöfl
Regieassistenz Domagoj Maslov
Mit Vanessa Eckart, Marc-Philipp Kochendörfer, Katharina Müller-Elmau, Hubert Schedlbauer, Jakob Tögel, Mara Widmann
Übersetzung Simone Hofmüller, Sophie Blau, Marion Hollerung, Aribert Mog

Einführung 19:15 Uhr
Dauer 1.35 Std., keine Pause

 

BlindZeichenspracheTaubPerson im Rollstuhl

Für die barrierearme Aufführung am 03. März 2023 ist folgendes Angebot geplant:

  • Live-Audiodeskription
  • Gebärdensprachdolmetscher:innen
  • Hörunterstützungsanlage
  • Zusätzliche Rollstuhlplätze
  • Assistenzhundplätze

Zusätzlich bieten wir optional:

  • Abholservice am Bahnsteig des S-Bahnhof Gauting (18:30 Uhr)
  • Bühnenbegehung für Gäste mit Sehbehinderung (19:00 Uhr)
  • Einführung ins Stück mit Gebärdensprachdolmetscher:innen (19:15 Uhr)
  • Begleitservice zum Bahnhof (nach Veranstaltungsende)

Allgemeine Informationen zur Barrierefreiheit im bosco Gauting finden Sie hier.
Eine Anfahrtsskizze und Hilfreiches zur Anreise bieten wir hier.


Infos zu den Tickets:

  • Gäste, die auf inklusive Kulturangebote angewiesen sind, erhalten für diese Veranstaltung einen vergünstigten Eintrittspreis von 15 €.
  • Gäste, die auf eine Begleitperson angewiesen sind (Merkzeichen B im Ausweis), können kostenfrei einen Platz für ihre Begleitung buchen.
  • Wir bitten um Anmeldung über das Theaterbüro, um Ihnen die vorreservierten inklusiven Sitzplätze zur Verfügung zu stellen. Assistenzhunde sind ausdrücklich erlaubt.
  • Anmeldung wenn möglich bis Mittwoch, 01. März 2023.

Kontakt: Telefon: 089 45 23 85 80 | Fax: 089 45 23 85 89 | E-Mail: kartenservice@theaterforum.de


Ankündigungsvideo in Gebärdensprache:

 

Die Veranstaltung folgt dem Konzept der Reihe "All Inclusive" des Metropoltheaters München:

Seit der Spielzeit 2018/19 gibt es im Metropoltheater München, seit 2017 als erstes Theater Bayerns ausgezeichnet mit dem vom Bayer. Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration verliehenen Signet "Bayern barrierefrei - wir sind dabei", die Reihe All Inclusive:

Im Rahmen dieser Reihe bietet das Metropoltheater ca. drei Mal im Jahr Vorstellungen mit Live-Audiodeskription und Gebärdensprachdolmetschen an, um blinden/sehbehinderten und gehörlosen Menschen die Theaterproduktionen zugänglich zu machen und ihnen zu ermöglichen, das Theatererlebnis mit allen Besuchern zu teilen. Das heißt, die Vorstellungen dieser Reihe stehen selbstverständlich allen Zuschauern offen, so dass sie im besten Sinne des Wortes inklusiv sind.

Für blinde und sehbehinderte Menschen gehört zum festen Bestandteil einer solchen Vorstellung eine Bühnenbegehung vor der Vorstellung zum Kennenlernen von Schauspielern, Kostümen und Bühnenbild, ebenso wie eine Abholung der angemeldeten Besucher am Bahnhof.
Metropoltheater München | Munich

Nach(t)kritik
Never trust your Haushaltsgeräten
Nach(t)kritik von Sabine Zaplin

„Sie haben sich hoffentlich alle mit den aktuellen Privatsphäre-Nutzungsbedingungen des bosco vertraut gemacht“, begrüßt Katharina Müller-Elmau vor der Vorstellung das Publikum und führt den Weg des Theaters ins 21. Jahrhundert noch ein bisschen aus: Glasfaser-Sensoren in der Größe von Ein-Euro-Münzen unter der Saalbestuhlung geben Auskunft über die Reaktionen der Zuschauerinnen und Zuschauer, winzige Kameras mit Gesichtserkennungs-Software liefern die entsprechenden Erkenntnisse weiter, so dass fortan, in Kombination mit den Informationen von Facebook, Instagram und Co. ein auf jede Einzelne, jeden Einzelnen zugeschnittenes Theaterprogramm entwickelt werden kann. Yael Ronen muss sich also um die Zukunft des Theaters keine Sorgen machen - zumal in dieser Zukunft ohnehin aufgrund von Künstlicher Intelligenz wesentlich mehr Zeit für das Theater bleiben wird.

Science Fiction? Das Theaterstück „R)Evolution“ von Yael Ronen und Dimitrij Schaad, fürs Metropoltheater inszeniert von Jochen Schölch, erzählt auf sehr unterhaltsame Weise eine Geschichte vom zukünftigen Menschen, die heute längst begonnen hat. Da sind Lana und René, gespielt von Vanessa Eckart und Jakob Tögel, die ihren Wunsch nach einem zweiten Kind verwirklichen möchten. Dabei haben sie jedoch unterschiedliche Vorstellungen: während René lieber dem Leben selbst seine Chance geben möchte, will Lana nichts dem Zufall überlassen. Und das scheint auch nötig, denn das Kind wird nur dann eine staatliche Krankenversicherung bekommen können, wenn seine Eltern zuvor alle medizinisch angebotenen genetischen Optimierungsmöglichkeiten ausgeschöpft haben. Gemeinsam mit Dr. Stefan Frank (Hubert Schedlbauer) geht Lana die Basis-Angebote durch und riskiert dabei eine Ehekrise. Diese riskiert auch Dr. Frank, dessen Mann Ricky (Marc-Philipp Kochendörfer) lieber mit VR-Maske in Sex-Rollenspiele eintaucht als die tatsächliche Nähe seines in dieser Hinsicht eher altmodischen Partners zu suchen. Währenddessen sucht Renés Ex-Frau Tatjana (Mara Widmann) die Spuren der gemeinsamen Vergangenheit und gerät dabei in den Verdacht, Kontakte zu den „Naturalisten“ aufgebaut zu haben - einer Gruppe Aufständischer, die gegen die vorherrschende staatliche Kontrolle protestiert.

Diese ist tatsächlich gewaltig. Ein Hausroboter namens Alecto (Katharina Müller-Elmau) gestaltet überall den Alltag, folgt den Menschen zuhause auf Schritt und Tritt, beobachtet deren Gefühle und Reaktionen, gibt Tipps für das körperliche und seelische Wohlbefinden und liefert alle gesammelten Daten zuverlässig an Versicherungen, Finanzdienstleister und Wirtschaftsunternehmen weiter. Die Weigerung des Kühlschranks, sich wegen drohender Übergewichtigkeit der Menschen um ihn herum nicht mehr zu öffnen, ist da noch eine der weniger existentiellen Folgen. Sobald aber die Krankenversicherung deshalb den Beitrag erhöht, der Arbeitgeber wegen zu erwartender Ausfälle vorsorglich die Kündigung schickt und allein bei dem Gedanken an alternative Wege Präventivhaft droht, wird es gefährlich. Gefährlich aktuell. Denn was im Stück als imaginierte Realität im Jahr 2040 daherkommt, hat in der Gegenwart längst begonnen. Allein die Menge an gesammelten Daten zum Kaufverhalten, zu Essgewohnheiten und Freizeitaktivitäten bietet schon heute genügend Material für eine umfassende Analyse, auf der sich Prognosen zum weiteren Verlauf unser aller Alltag machen lassen. „Wenn wir nciht wissen,w as wir mit der Macht. Leben zu manipulieren, anfangen sollen“, schreibt der israelische Historiker Yuval Noah Harari, „werden die Marktkräfte nicht ein Jahrtausend lang warten, bis wir eine Antwort darauf gefunden haben.“ Hararis Buch „21 Lektionen für das 21. Jahrhundert“ bot Yael Ronen die Inspiration zu ihrem Buch.

Das Ensemble des Metropoltheaters gestaltet unter der klugen Regie von Jochen Schölch Yael Ronens Stück zu einer schwarzhumorigen Komödie, bei der dem Publikum das Lachen oft im Halse stecken bleibt. Die Schauspielerinnen und Schauspieler agieren wie Menschen von heute, die ja auch schon selbstverständlich mit Siri oder Alexa reden, sich per GPS navigieren lassen und ihr Zuhause zum SmartHome machen. Gerade die Alltäglichkeit im Spiel der sechs Schauspielerinnen und Schauspieler, die das Leben im Jahr 2040 zum Konversationsstück machen, lässt über die Situationskomik die Erkenntnis reifen, dass wir heute die Weichen stellen müssen, um nicht morgen vor der verschlossenen Kühlschrank-Tür zu stehen. Oder vor der verschlossenen Tür zur Teilhabe.

Eine Besonderheit dieser barrierearmen Aufführung war, dass durch zwei Gebärdendolmetscherinnen und durch eine Live-Audiodeskription es blinden, sehbehinderten und gehörlosen Menschen möglich gemacht wurde, an der Vorstellung teilzunehmen.

Gewiss haben die Glasfaser-Sensoren die Begeisterung aufgezeichnet, die im Publikum herrschte. Auf der Bühne jedenfalls haben sie den großen Applaus bemerkt.

Galerie
Bilder der Veranstaltung
Fr, 03.03.2023 | © Werner Gruban - Theaterforum Gauting e.V.