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Veranstaltungsinfo

So, 28.01.2024
20.00 Uhr
Jazz

32,00 / 12,00

Regulär / bis 25 Jahre | Wir führen eine Warteliste unter 089 452 38 58-0 oder kartenservice@theaterforum.de

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Veranstalter: Theaterforum Gauting e.V.

Michael Wollny solo: Jazzpiano von Weltrang

Blick nach innen: Michael Wollny widmet sich mit Solo-Klavieralbum ›Mondenkind‹ und der dazugehörigen Tournee der Königsdisziplin des Jazz.

In der Fülle der musikalischen Formate Michael Wollnys, von Duo über Trio bis zu Orchesterprojekten, waren Solopiano-Konzerte und -Aufnahmen bislang eine echte Seltenheit. Kaum mehr als ein- bis zweimal pro Jahr trat Michael Wollny allein auf. Und mit dem Album ›Hexentanz‹ erschien 2007 die bislang einzige Soloeinspielung – jedoch weniger im Sinne des klassischen Solopianos, sondern vielmehr als ein atmosphärisches Studioexperiment.

Dass Solokonzerte und -Aufnahmen bislang die Ausnahme blieben, mag an Wollnys Neugier auf immer wieder neue musikalische Partner*innen liegen. Und an seiner Lust an der kollektiven Suche nach der Magie des Moments. Doch den Wunsch, sich intensiver dem Soloformat zu widmen, hegte Wollny schon lange und nun, nach vielen immer neuen Kollaborationen mit Künstler*innen wie zuletzt Nils Landgren, Emile Parisien oder Vincent Peirani, als mehrjähriger ›artist in residence‹ und Solist beim Norwegian Wind Ensemble sowie Projekten mit Literatur, Schauspiel und zum 100sten Bauhaus-Jubiläum, scheint es, dass die Zeit reif ist, für den Blick nach innen.

MICHAEL WOLLNY, piano

"Michael Wollny zählt zu den besten im Jazz. Weil er aus jeder nur erdenklichen Musik ein Erlebnis machen kann, das einem den Atem nimmt." -  Süddeutsche Zeitung

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Nach(t)kritik von Ralf Dombrowski

Im vergangenen Herbst hat Michael Wollny viel Ligeti gespielt, nicht alleine, sondern im Duo mit dem klassischen Klavierkollegen Pierre-Laurent Aimard. Er meint, er sei seitdem dabei, sein Instrument wieder neu zu lernen. Tatsächlich klingt er anders als früher, dringlicher an manchen Stellen, freier an anderen. Dabei gehört Wollny in der deutschen Jazzwelt eh schon zu den Künstlern, denen man wenig Vorbilder anhört. Seine Leichtigkeit wirkt selbstbestimmt, sein Flow folgt einer Idee von spürbarer Gegenwart, die sich von Modellen anderer löst. Zwar integriert er Motive von Tori Amos, Timbre Timbre oder Rudolf Hindemith in sein Programm und bezieht sich auf prägende Gestalten der eigenen Klavierbiographie wie Chris Beier oder Joachim Kühn. Es sind jedoch eher Ahnungen als Vorgaben. Sie dienen als Startpunkte für einen Bogen, der sich über lange musikalische Distanzen der beiden Konzertblöcke spannt.

Denn Michael Wollny interessiert sich für die Innensichten der Musik. Er experimentiert mit Kontrasten wie Harmonie und Disharmonie, Sanftheit und Vehemenz, Verharren und Geschwindigkeit. Mal geht es um das Erkennen von vertrauten Strukturen, mal um das Bröckeln der wahrnehmbaren Sicherheit. Melodien münden in Cluster, rhythmische Passagen in fließende Auflösung. Die gestalterischen Gegensätze sind stellenweise extrem, in der Dynamik, dem Spiel mit harmonischen Assoziationen, auch mit verschiedenen Denkschulen des Klaviers, die sich auf Ästhetiken von Wohlklang oder wilder Expression beziehen. Michael Wollny schafft es jedoch, diese Unterschiede in seiner Person und zugleich in verblüffend stiloffener Spielkompetenz aufzuheben. Er leitet sein Publikum im nahezu ausverkauften Bosco von der Überraschung, vielleicht auch der anfänglichen Irritation über die partielle Heftigkeit des Ausdrucks in eine Haltung der Offenheit, ihm in seine Welt zu folgen.

Und die Menschen lassen sich an der Hand nehmen. Am Ende wird Michael Wollny im Saal gefeiert. Er darf nicht mit „Little Person“ als Zugabe gehen, einer Ballade von Jon Brion aus dem Film „Synecdoche New York“, mit der er sich gerne harmonisch und atmosphärisch sanft in Solo-Konzerten verabschiedet. Er muss noch einmal ran und schickt Joachim Kühns „More Tuna“ als eine Art Avant-Garde-Boogie hinterher. Es zeigt auf diese Weise auch im Nachklang der großen Sequenzen sein inzwischen gewaltiges musikalisches Spektrum, das kaum spielerische Grenzen zu haben scheint. Und das ist es nicht allein. Man merkt über den Abend hinweg, das hier jemand mit sich selbst im Gespräch ist, sich verändern und verwandeln will. Da das auf einem Niveau abseits der üblichen Stil- und Spielzwänge geschieht, ist Michael Wollnys Solo-Konzert ein hinreißendes, manchmal auch schelmisch humorvolles Live-Erlebnis.

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So, 28.01.2024 | © Werner Gruban - Theaterforum Gauting e.V.