Das Werk Bachs schien auf den ersten Blick aus dem Rahmen zu fallen, bis gewisse Anknüpfungspunkte im Programm ins Auge fielen. So die Satzbezeichnungen in Claude Debussys „Pour le Piano“ oder eben bei Liszt mit der Fantasie und Fuge über B-A-C-H. Man ahnte bald auch schon den von Bach ausgehenden hintergründigen Kontext. Sein Werk war zu Beginn aber auch eine Art Selbstdisziplinierung und Rückzug in die barocke Askese, mit denen die Pianistin Miku Nishimoto-Neubert in ihrem bosco-Heimspiel die Weichen stellte. Wobei der Begriff der Askese weniger auf Schlichtheit, als vielmehr auf die Beschränkung auf rein bachsche Stilmittel und barocke Empfindsamkeit anspielt, ging die Hochschuldozentin für Klavierbegleitung doch recht substanzvoll zur Sache. Nishimoto-Neubert bewies hier vor allem strenge Disziplin und ein ausgeprägtes Gespür für den tektonischen Aufbau der „Ouvertüre nach französischer Art“ h-Moll BWV 831, die eine Suite (damals auch Partita genannt) ist. Doch mit elf Sätzen und teils ausladendem Umfang ist die Komposition aus Bachs „Clavierübung Teil II“ von einer überaus konzertanten Anlage.
Interpretatorisch hielt sich die in Stockdorf lebende Pianistin aus Tokio bei Bach an die Bestimmung für ein Cembalo, dessen beide Manuale im Kontrast zueinander registriert sein sollten. Geschuldet den klanglichen Eigenheiten dieses Instruments kam hier auch keine Schwere auf. Selbst in den vorherrschenden melancholischen Sätzen galt das Schlankheitsgebot bis hin zu hüpfenden Leichtigkeit.
Mit energischem Zugriff und straffer Rhythmisierung war aber durchaus auch monumentale Wirkung von großer Tragweite zu hören. Freilich nicht in der protzenden Ausprägung, wie sie Liszt in seiner Fuge formulierte. Als Finale des Konzerts war dieses vordergründige Klotzen dann eine geradezu logische Folge der Programmdramaturgie. Demnach gehörte der Höhepunkt den zwei überaus virtuos perlenden Werken aus Liszts „Années de Pèlerinage“ unmittelbar zuvor. „Au bord d’une source“ und „Les jeux d’eaux à la Villa d’Este“ schlossen sich praktisch attacca aneinander an und zuvor an „Rain Tree Sketch II“ aus dem Jahr 1992 des japanischen Meisters des 20. Jahrhunderts, Toru Takemitsu. Sein Werk griff das atmosphärische Element von Debussy auf, um es sachte in das Flirren, Tänzeln und Vibrieren Liszts überzuleiten. Doch es sollte letzterem Zugriff nichts Verspieltes anhaften, steckt doch darin auch eine gewisse Frömmigkeit in meditativer Versenkung, die sich in den von Nishimoto-Neubert klar und sorgfältig ausgesungenen Themen offenbarte und im Grunde auch wieder eine Anknüpfung an Bach darstellte.
Die Gattungen Prélude, Sarabande und Toccata sind vor allem Bachs Domäne. Doch bei Debussy sind sie auf eine gänzlich andere Ebene gehievt, wenn auch die Charakteristik prinzipiell erhalten blieb. Nishimoto-Neubert suchte explizit die Verknüpfung zu Bach, ohne dabei den Blick für die Eigenheiten des Franzosen zu vernachlässigen. Vor allem die klangmalerische Atmosphäre in großenteils perlender Virtuosität wandte sich entschieden gegen Bachs Tektonik. Die transparenten Linien lösten bisweilen Klangwolken ab. Doch Nishimoto-Neubert bewahrte darin eine gewisse Festigkeit, sodass sich die musikalische Idee an keiner Stelle verflüchtigte oder diffus daherkam, und der rein pianistische Ansatz, wie er auch schon in den Melismen Bachs eine konsequente Ausformulierung erfuhr, das klangbildnerische Vokabular stellte. In dieser sakralen Atmosphäre versanken die Chopin-Werke in den Zugaben in seelentiefe Innigkeit.