Der Besucherzuwachs geht zwar recht langsam vonstatten, doch die Entwicklung lässt hoffen, denn mit der Verjüngung der Orchestervereinigung Gauting verjüngt sich offenkundig auch das Publikum. Diesmal hatte es gewiss auch mit dem „Concierto de Aranjuez“ von Joaguín Rodrigo zu tun, findet Gitarrenliteratur vor allem unter den jüngeren Klassik-Fans ihre Anhänger, zumal das Gitarrenkonzert des spanischen Komponisten auch ein großartiger Stimmungsmacher ist. Das Orchester hatte jedenfalls sichtlich viel Vergnügen an dem Werk, obgleich es nicht gerade leicht zu bewältigen ist, technisch wie musikalisch. Dorian Keilhack machte schon mit seinem überaus engagierten und intensiven Dirigat deutlich, dass es an diesem Abend galt, im Anspruch wieder mal einen Gang höher zu schalten. Rodrigos Werk ist ein Feuerwerk an Farben und Emotionen, dessen Modernität nicht in der Harmonik, als vielmehr in der unkonventionellen Spielweise und instrumentalen Kombination zu suchen ist. Das Orchester nahm sich auch großartig zurück, um Stephan Stiens an der Gitarre eine Chance zu geben, die nötige Tondurchdringung zu erreichen, ohne auf feinsinnige Modellierung verzichten zu müssen. Das bosco ist akustisch für Gitarre – selbst mit einem Verstärker – leider nicht ideal. So erhielt das berühmte Werk doch eher eine kammermusikalische Charakteristik in vergnügter Leichtigkeit, Klarheit und Transparenz, dabei jedoch mit einem bemerkenswerten Reichtum an Farbnuancen und pfiffig ausgearbeiteten Details. Stiens brillierte vor allem mit der filigranen Ziselierung, mit der Rodrigo die Themen und Motive detailfreudig ausgestaltete. Der berühmte langsame Satz mäanderte wehmütig und sehnsuchtsvoll. Einzig der Blick für die Weiten des Werkes, die für die spanische Charakteristik so wichtig sind, wollten sich nicht so recht über die kleinteilige Textur erheben.
Damit die Vielfalt an Klang- und Charakternuancen bei Rodrigo gelingt, gewährte Keilhack dem Orchester zur Eröffnung einen echten Kracher. Nicht ohne Risiko, beginnt doch die Sinfonie Nr. 95 c-Moll von Haydn in scharf geschnittener Dramatik, die ein Höchstmaß an Exaktheit und Eindeutigkeit in der Pointierung verlangt. Im Grunde ähnlich wie nach der Pause Haydns Sinfonie Nr. 96 D-Dur, die sich allerdings festlicher im Klang, doch nicht minder fulminant Gehör verschaffte. Beide Sinfonien kontrastieren mit vergnügt-galanten Passagen von unbeschwerter Melodik. Die Orchestervereinigung Gauting versteht es mittlerweile, auch in weiten Rücknahmen jene Heiterkeit beizubehalten und ihr weiterhin eine schillernde Klangsubstanz zu bescheren. Und so begannen beide Konzerthälften mit großer Verve und sicherem Zugriff.Aber das Orchester sollte noch mehr vollbringen. Der guten Konzertdramaturgie entsprechend musste noch eine Steigerung her. Wuchtigkeit und Schmiss gehören nicht gerade zum Hauptvokabular Prokofjews. Doch in seiner Sinfonie Nr.1 D-Dur, der „Sinfonie classique“, wollte der Russe Haydns Symphonik in seine Gegenwart transportieren und ließ sich darauf ein. Hier erwies sich für die Orchestervereinigung Gauting die Erfahrung mit dem Gitarrenkonzert Rodrigos überaus nützlich. Jetzt konnten die Instrumentalisten die Farbigkeit aber ungebremst entfalten, spielfreudig aus dem Vollen schöpfen bis zum ausgelassenen Finale. Ein beachtliches letztes Wort, dem lang anhaltender, begeisterter Applaus folgte.