Die meisten Jungvirtuosen, die eine solistische Karriere anstreben, haben ihre ersten Konzerterfahrungen mit Schul-, Jugend-, Amateur- oder semiprofessionellen Orchestern irgendwo in der sogenannten Provinz gemacht. Auch die Orchestervereinigung Gauting schreibt sich die Aufgabe, junge Musiker der Region zu fördern, auf die Fahnen. Für die Nachwuchsmusiker ist diese Bemühung von unschätzbarem Wert. Diesmal durfte die 13-jährige Milana Nosek am Bosco-Konzertflügel Platz nehmen, um die große Kraft des Orchesters hinter sich zu spüren, gut und einfühlsam umsorgt von Dorian Keilhack am Pult.
Milana Nosek ist als einst langjährige Schülerin von Viera Fischer (heute von Silke Avenhaus) natürlich technisch brillant, in der Lage schönmusikalisch zu formen, wo nötig auch virtuos aufzutreten. Mit dem Klavierkonzert Nr. 17 G-Dur KV 453 von Mozart fiel die Wahl zwar auf ein Werk, das Mozart für seine Schülerin Barbara von Ployer komponiert hatte, doch die Hochbegabte führte es erst als 19Jährige und musikalisch reichlich Fortgeschrittene auf. Insofern wäre es ein Fehler, das Klavierkonzert als Schülerliteratur zu betrachten. Vom Text her, technisch wie musikalisch, bewältigte Milana Nosek die Materie mühelos, doch fehlt es ihr noch an Selbstsicherheit, ja selbst an rein physischer Kraft, dem Orchester einen adäquaten Gegenpart zu bieten. Keilhack nahm zwar das Orchester im Grunde schon unhaltbar weit zurück, doch die Durchschlagskraft der jungen Pianistin reichte auch dann noch nicht aus.
Gewiss, wenn man besser werden will, muss man sich höhere Ziele setzen. Die sollten aber auch im Rahmen der individuellen Belastbarkeit erreichbar sein. Nichts desto trotz schlug sich Milena Nosek für ihr Alter großartig, vermochte gar ihre Unsicherheiten und Textaussetzer überraschend beherrscht zu überspielen. Ihr edler Anschlag perlte wohlklingend, im langsamen Satz überzeugte die feinsinnige Differenzierung wie das frisch-muntere, geschmeidige Fließen im Schlusssatz, mit einem spritzigen Leggiero zum Leuchten gebracht. In ein bis zwei Jahren wäre das Gautinger Orchesterdebüt weit fulminanter ausgefallen und hätte dem preisgekrönten Teenager immer noch eine außerordentliche Frühbegabung attestiert.
Die Verhaltenheit in der Lautstärke der Pianistin wie die Verschlankung im Klavierkonzert forderte im Sinne eines konsistenten Programms auch in den Sinfonien von Mozart und Haydn entsprechende Zurückhaltung und Feingliedrigkeit. Zur Konzerteröffnung bot sich in den Rahmensätzen Mozarts Sinfonie Nr. 4 KV 19 – das Werk eines 9Jährigen – noch reichlich Straffheit und Verve an, um kraftvoll zu überzeugen. Anders hingegen im extrem ruhig, und feierlich ausgespielten langsamen Satz: Die reich changierende Farbigkeit wie auch die Licht-Schatten-Kontraste fielen zwar reichhaltig aus, doch wirkte alles etwas zaghaft und unentschlossen.
Ähnlich sollte es auch in den beiden spielfreudigen Sinfonien Haydns bleiben. Die schnellen und tänzerischen Sätze überzeugten mit lustvollem Zugriff, obgleich Keilhack auch dort schon zur Kontrastierung recht weite Rücknahmen wagte. Die, was den Text betrifft, doch vergleichbar recht leichte Materie nutzte er dafür, sie mit plötzlichen Wendungen und starken Charaktervarianten in den Ausprägungen und im Ausdruck reich auszudifferenzieren, dabei im Dirigat aber lässig und virtuos vorzugehen. Diese Leichtigkeit in der Verständigung tat der Musikalität gut, zumal vor allem die allererste Sinfonie des 25jährigen Haydn (D-Dur, Hob. I:1) einen mitreißenden Schwung an die Hand gab, mit einem galant tänzelnden langsamen Satz das Orchester auch weniger forderte. Die Beschwingtheit selbst der langsamen Sätze und Passagen half ebenso in der späten Sinfonie Nr. 91 (Es-Dur, Hob. I:91), die Sicherheit und Entschiedenheit zu steigern. Um die Intonation und Homogenität war es aber hier nicht zum Besten bestellt. Das Publikum ließ sich dennoch vom mitreißenden Schwung des Programms begeistern und zollte es mit begeistertem Applaus.