Es gibt wohl kein spektakuläreres Instrumentarium als das eines Schlagwerkers. Das INDEX 4 PERCUSSION QUARTETT hat schon allein damit so einige Trümpfe in der Hand. Der Anblick ist imposant und eine Art die komplette Bühne einnehmendes Wimmelbild, ist man doch schon damit gut beschäftigt, jeden einzelnen Geräuschmacher zu entdecken und zu identifizieren – zumal heute nun wirklich alles erlaubt ist, was nur einen wie auch immer gearteten Ton von sich gibt. Aber in der Regel lassen es die Schlagwerker damit noch lange nicht bewenden: Der exzessive Körpereinsatz bietet alle Möglichkeiten performativer Ausgestaltung. Und die Eröffnungschoreographie von INDEX 4 mit der Vorstellung einzelner Perkussionsinstrumente verschiedenster Herkunft, indem mittels Sampler im Loop die einzelnen Tonerzeuger zu einem komplexen Rhythmus addiert wurden, ist schon ein sehr wirkungsvoller Weg, die Welt der Rhythmen und Geräusche zu erschließen.
Zwar spielt das Ensemble in erster Linie eigene Kompositionen, doch greifen die Stücke die prägnantesten Vorbilder mit einer ausgeprägten Schlagwerktradition explizit auf. So führt daher an Afrika und Asien kein Weg vorbei. Christopher Fellinger machte beispielsweise aber schon mit der Moll-Heiterkeit klar, dass es nicht etwa um Nachahmung geht. Sein „Tatango Dongo“ mit einer nigerianischen Ton-Udu, dem Jibara aus Kürbishälften in Wasserbad (Water Drum), einer westafrikanischen Djembé, großen Trommeln, diversen Rasseln, Marimbafon, transponierender Nachrichtentrommel (Talking Drum) und vielem mehr konzentrierte sich in erster Linie auf die Atmosphäre, die schon alleine durch die instrumentale Kombination von Klangfarben sofort afrikanisches Feeling auf den Plan rief.
Eine ausgeprägte Tradition im Schlagwerk haben auch Japaner. Aber es war nicht Yuko Saito, die zusammen mit Maurizio Saccomanno „X-Fly Butterfly“ kreiert hatte, die auf die japanische Schlagwerkstilistik einging. Christoph Fellinger griff vielmehr mit „Ubik 440“ mit acht Tomtoms die Taiko-Tradition auf, die nicht nur mit einer enormen, geradezu urwüchsigen Kraft punktete, sondern auch mit einer erstaunlichen Vielfalt an rhythmischer und vor allem durch Schläge auf die Trommelkante klanglicher Reichhaltigkeit.
Ein zumindest zu Beginn überaus asiatisches Werk schuf Leander Kaiser mit „Bayon Pearnik“ für Marimba Solo und Perkussionstrio. Das gestische Element isolierter akustischer Einzelereignisse in karger und spröder Schärfe der fernöstlichen Musik war erstaunlich präzis nachempfunden. Doch es ging auch hier nicht um Nachahmung, sondern um ein nachspüren des Eindrucks beim Anblick des kambodschanischen Tempels, dessen musikalische Reminiszenz in Kaisers Musik allmählich in den westlichem Duktus wechselte, um einen Nachhall der Erlebnisse zu evozieren.
Obgleich das Instrumentarium der Perkussionisten überaus reichhaltig ist, vermag das rhythmische Fach auch mit instrumentaler Monokultur zu beeindrucken. Ein solches rein aus dem rhythmischen Puls hervorgehendes Urempfinden griff auch Stefan Gimpel mit „Black Box“ für vier Cajones, die in erster Linie aus dem Flamenco bekannt sind, auf. Die einfachen Holzkisten mit schnarrenden Stahlsaiten darin (ähnlich der Snaredrum) aus Peru, boten erstaunlich viele Möglichkeiten der Differenzierung durch unterschiedliche Anschlagsstellen und vielfältige Konstellationen im Quartett.
Besonders spektakulär erwies sich das humorvoll eingeführte „Patschofon“, das aus Kunststoffleitungsrohren in unterschiedlicher Länge besteht. Durch Schläge mit speziellen Deckelschlägeln auf die Rohröffnungen ergibt sich ein spannend klingender Basston, der durch Mark und Knochen geht. Eine fesselnde Geschichte war auch Kaisers „Sitzgruppe“, die den bayerischen Wirtshausstühlen reichlich Musik abtrotzte und szenisch wirkungsvoll umgesetzt wurde.
Schließlich durfte nach lang anhaltendem Applaus auch Body Percussion nicht fehlen: Eine beeindruckende Bestätigung des rhythmischen Körperempfindens seitens des Schlagwerk-Quartetts.