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Veranstaltungsinfo

Sa, 30.07.2022
21.00 Uhr
Schauspiel

Eintritt frei

Pudding Théâtre: Soupir.s

Das mehrfach ausgezeichnete Straßentheater aus dem französischen Jura gastiert mit seiner aktuellen Produktion „Soupir.s“ in Gauting. Deutschland-Premiere!

Auf zwei benachbarten Straßen werden als Stationendrama die parallel verlaufenden Lebensläufe von Zwillingen erzählt, die am Ende des Zweiten Weltkriegs auf der Flucht noch als Babies getrennt wurden. Marco und Mona gehen ihre Wege, ohne voneinander zu wissen. Und wie rasch so ein Leben vorüber ist, beinahe so, als hätte man nur einmal ein- und wieder ausgeatmet. Und wieviel an Geschichten, Tragödien wie Komödien, doch darin verborgen sind. Beide Lebenswege verlaufen parallel, zweimal gibt es eine Wegkreuzung, und doch kommt es nie wieder zur Begegnung der Zwillinge. Oder doch? Denn die Geschichte lebt in der nächsten Generation fort…

Das Pudding Theatre, eines der ältesten und renomiertesten Straßentheater Frankreichs, besitzt eine ganz besondere Spielart. In poetisch opulenten  Bildern und zirzensischen Szenen machen sie die Straße zur Bühne und lassen ihr Publikum den eigenen Heimatort ganz neu erleben. Ein großes Spektakel mit Pyrotechnik, Tanztheater, Pantomime, Dialogen und viel Musik. „Soupir.s“ wird an zwei aufeinanderfolgenden Abenden gespielt, damit jede*r die Gelegenheit hat, beide Lebenswege einmal mitzugehen.

Am Ende der Veranstaltungen werden Spenden in einem Hut gesammelt.

Die Route verläuft über die Grubmühlerfeldstraße zwischen Restaurant Syrtaki und Gautinger Insel, die Straße Am Würmufer und die Schlossstraße. Eine Straßensperrung durch das Ordnungsamt ist für den 29., 30. und 31. Juli vorgesehen, die entsprechende Beschilderung wird vorgenommen. Wir empfehlen, Autos jeweils in der Zeit zwischen 21:00 und 23:00 Uhr an anderer Stelle zu parken. Wir bitten alle Anwohner*innen auf die entsprechenden Halteverbote zu achten. Die Straßensperrung und das Halteverbot gelten nur für den angegebenen Zeitraum. Wir bemühen uns, die Einschränkungen für alle Anwohner*innen so gering wie möglich zu halten. Die Vorstellungen beginnen am 30.07. und 31.07.2022 jeweils um 21:30 Uhr am bosco, Oberer Kirchweg 1, 82131 Gauting. Um 21:00 Uhr bietet das Theaterforum eine Einführung an. Die Sperrung am 29.07. dient zur Generalprobe.

 

Gefördert von:

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Nach(t)kritik
Spuren der Vergangenheit
Nach(t)kritik von Sabine Zaplin

Sie tauchen auf aus der Dunkelheit, in dunklen Mänteln mit leuchtenden Streifen darauf, ein bisschen wie Sterne. Fast scheinen sie zu schweben, wenn sie durch die Straße ziehen und dabei die Geschichten aufspüren, die sich in den Bäumen verbergen oder unter dem Asphalt. Die Reveurs, die Träumenden, greifen die Spuren auf, die sich seit Jahrzehnten hier im Asphalt verbergen. Und so entdecken sie die Geschichte von Marco und Mona, die von deren Kindern und Enkeln schon längst geahnt wurde. Wie im Traum.

Wie ein Traum ist „Soupir.s“, die aktuelle Produktion der französischen Straßentheater-Compagnie Pudding Theatre aus dem französischen Jura, die dem faszinnierten Gautinger Publikum mit ihrem Gastspiel an diesem ersten Ferienwochenende die Deutschland-Premiere ihres Stücks bescherten. „Soupir.s“ ist eine Geschichte über die Suche nach den eigenen Wurzeln, über die Hintergründe von Identität und Individuum und darüber, wie weit die durch einen Krieg entstehendenVerletzungen und Traumata in die Gegenwart hineinreichen.

Da entdeckt ein friedenstaumelnder Soldat auf einer Parkbank ein in ein Brautkleid gewickeltes Baby, ein kleines Mädchen, das er Mona nennt und als seine Tochter aufzieht. Im Hintergrund schweben mehrere Brautkleider wie Wolken über die Grubmühlerfeldstraße und verschwinden wieder, während Mona zum Teenager wird. Sie erkrankt an Kinderlähmung und wird fortan durch ihr Leben hinken. Wird Mutter einer Tochter, wird Großmutter, wird nie mehr fragen, wer wohl ihre wirklichen Eltern waren. Ihre Tochter, Lucie, wird dagegen eine Obsession entwickeln und nachforschen, wo die beiden Menschen auf dem Foto sind, das Mona als einziges geblieben ist von ihrer eigentlichen Herkunft.

Währenddessen wächst auf einem parallelen Lebensweg, in der Schlossstraße, Marco heran. Lebt sein Leben, geht zum Zirkus, verliert bei einem Unfall einen Arm.  Auch er lebt sein Leben, ohne je nach seiner Herkunft zu fragen. Auch ihn hat der Krieg schon als Baby in eine andere Familie gespült. Auch er wird Vater, wird Großvater. Und seine Enkelin, Sam, will herausfinden, wo ihre Wurzeln liegen. Auf einem Flohmarkt begegnen sich Mona und Marco zufällig, lernen sich sogar über die Kinder kennen, die sich auf einem Feriencamp begegnet sind. Doch sie ahnen noch immer nicht, wieviel sie tatsächlich verbindet: Mona und Marco sind Zwillinge, wurden als Babies während der Flucht ihrer Eltern in den letzten Kriegsmonaten getrennt. Ihre Lebenswege kreuzen sich scheinbar zufällig, am Ende der Straße Am Würmufer. Und schon treibt das Leben sie wieder auseinander. Erst Lucie und Sam gelingt es, die Geschichte zu heben.

In traumhaft poetischen Bildern gelingt es dem Ensemble des Pudding Theatre, das Publikum auf die beiden parallel verlaufenden Lebenswege mitzunehmen und immer wieder neu zum Staunen zu bringen. Ein Rollstuhl mit Dieselmotor und Bengalischem Feuer wird zum Bild für einen fatalen Unfall. Maskengestalten, die unter fremden Gesängen tanzen, lassen den Schauplatz spürbar zur Fremde werden. Der Konfettiregen über einer Hochzeitsgesellschaft verwandelt sich durch Lichtwechsel in das Schneegestöber über dem Flüchtlingstreck. Und zwischen all den Szenen, mal aus dem Publikum heraus, mal aus der Ferne sich nähernd, greifen die Reveurs die Fäden dieser Geschichte auf und tragen sie zusammen, gemeinsam mit dem Publikum, das sie sanft durch den Abend geleiten.

So haben die Gautingerinnen und Gautinger ihren Ort noch nie erlebt: als Bühne, als Schauplatz, als Kulisse und zugleich als Topos für ein Phänomen, das überall besteht: für die Spuren, die Weltgeschichte in den Familien hinterlässt. Hoffentlich erleben wir das Pudding Theatre hier bald wieder.

Galerie
Bilder der Veranstaltung
Sa, 30.07.2022 | © Werner Gruban - Theaterforum Gauting e.V.