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Veranstaltungsinfo

Fr, 14.10.2022
20.00 Uhr
Klassik

29,00 / 15,00

Regulär / bis 25 Jahre

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Veranstalter: Theaterforum Gauting e.V.

Quatuor Hermès: Gedenkkonzert für Rainer A. Köhler

Das Quatuor Hermès, in Anlehnung an den berühmten Boten aus der griechischen Mythologie, bezieht seine musikalische Stärke aus seiner Rolle als Brücke zwischen dem Text des Komponisten und der Sensibilität des Publikums.

Die Carnegie Hall in New York, die Verbotene Stadt in Peking oder die Wigmore Hall in London gehören zu den Räumen, die sie am meisten geprägt haben. Das Quartett ist auch bei großen Festivals aufgetreten wie den Folles Journées de Nantes und Tokyo, dem Radio France Festival in Montpellier, Mantova Chamber Music Festival, Deauville, La Roque d'Anthéron, Heidelberg, Mecklenburg-Vorpommern, Cheltenham Music Festival, Printemps des Alizés in Marokko und beim Wonderfeel-Festival in Holland.

Gegründet hat sich das Ensemble 2008 in Lyon, beim Studium mit Mitgliedern des Ravel Quartetts. Viele prägende Begegnungen waren auf dem weiteren Weg entscheidend, etwa mit dem Ysaÿe und dem Artemis Quartett, Eberhardt Feltz in Berlin. Später wurde auch Alfred Brendel eine unschätzbare Quelle der Inspiration, mit dem sie bis heute regelmäßig arbeiten.
Offen für alle Repertoires teilen sie regelmäßig die Bühne mit namhaften Musikern wie Yo-Yo Ma, Nicholas Angelich, Gregor Sigl, Pavel Kolesnikov, Kim Kashkashian, Anne Gastinel oder auch den Quartetten Ébène und Auryn.

Gewinner zahlreicher erster Preise, insbesondere beim Genfer Wettbewerb und bei den Young Concert Artists Auditions in New York, wird das Quatuor Hermès von der Banque Populaire-Stiftung unterstützt und ist seit 2019 mit der Singer-Polignac-Stiftung in Paris verbunden.
Von 2012 bis 2016 war es ‚Quartett in Residenz‘ der Queen Elisabeth Chapel in Brüssel.

OMER BOUCHEZ Violine
ELISE LIU Violine
YUNG-HSIN LOU CHANG Viola
YAN LEVIONNOIS Violoncello

Programm
Mozart: Streichquartett d-Moll, KV421
Janáček: Streichquartett Nr. 2, „Intime Briefe“
Borodin: Streichquartett Nr. 2, D-Dur

 

GEDENKKONZERT FÜR RAINER A. KÖHLER anlässlich seines 5. Todestages
Vor mittlerweile 23 Jahren rief Rainer Köhler die Kammermusikreihe in Gauting ins Leben. Zunächst in der Frauenkirche beheimatet, ist sie inzwischen fest im Programm des bosco verankert. Mit ungebändigter Begeisterung und Leidenschaft hat er diese Reihe geplant, entwickelt und bis über seinen Tod hinaus geprägt. Er stiftete nicht nur einen Konzertflügel und beteiligte sich an den Kosten zur Verbesserung der Akustik, sondern trug lange auch privat das finanzielle Risiko dieser hochkarätigen Reihe. Es ist vor allem sein Verdienst, dass Gauting in einem Atemzug mit Musikmetropolen genannt wird.
Anlässlich seines fünften Todestages möchten wir mit diesem Konzert an Rainer A. Köhler erinnern, dessen Vision es war, nicht nur die besten Musiker*innen nach Gauting zu locken, sondern auch mit deren Musik die Herzen und Seelen der Menschen zu erreichen und zu berühren. Dies ist ihm gelungen.

 

 

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Nach(t)kritik
Musikästhetischer Streifzug
Nach(t)kritik von Andreas Pernpeintner

Es passt trefflich, dass dieses Gedenkkonzert für Rainer A. Köhler mit dem Quatuor Hermès im Gautinger bosco als Sonderkonzert außerhalb der regulären Abonnementreihe steht. Denn wenn man Hans-Georg Krauses liebevollen Gedenkworten an den vor fünf Jahren verstorbenen Architekten und hingebungsvollen Förderer der Gautinger Kammermusik eines mit besonderem Schmunzeln entnehmen kann, dann dessen Leidenschaft für Sonderkonzerte. Sie waren für Köhler ein stets willkommenes Medium, um noch mehr Kammermusik anbieten zu können. Man kann sich im Treppenhaus ein Bild davon machen: Sämtliche Konzerte, die Köhler zwischen 1999 und 2016 organisierte, sind auf einem großen Plakat verzeichnet. 200 Abende. Die internationale Elite der Kammermusik zu Gast in Gauting. Amelie Krause führt die Reihe weiter. Wie wichtig das ist, zeigt sich im Konzert des Quatuor Hermès jedes Mal, wenn das Publikum nach einem Werk frenetisch zu applaudieren beginnt: Hier ist ein echtes Liebhaber- und Kennerpublikum herangewachsen.

Was den Zuhörerinnen und Zuhörern an diesem Abend geboten wird, ist ein musikästhetisch umfassender Streifzug durch drei Jahrhunderte. Das 18. Jahrhundert präsentiert sich dabei mit Mozarts d-Moll-Streichquartett KV 421 auffallend prägnant. Dieser Eindruck entsteht weniger durch den souverän führenden ersten Geiger, Omer Bouchez, oder durch Elise Liu (zweite Violine) und Lou Yung-Hsin Chang (Bratsche), die die Mittelstimmen ausgesprochen agil und hochpräzise spielen, sondern insbesondere durch Yan Levionnois’ Cellospiel. Er setzt die Töne mit sehr kraftvollem Druck an, lässt sie oft zunächst puristisch fortklingen, bevor er ihnen mit dem Vibrato Wärme beimengt. Das sorgt für klare Akzente und Konturen, verleiht der Musik ein leicht herbes Fundament und erzeugt dadurch einen sehr spannenden Klangcharakter. Auch das Andante weist beim Quatuor Hermès keine Süßlichkeit auf und schreitet mit deutlichem Puls voran. Das ziemlich schnelle Menuett bekommt klare Kanten modelliert – die vom Pizzicato-Charme des Trios trefflich kontrastiert werden. Sicherlich, der Finalsatz hat anschließend viel feingliedrigen Zauber zu bieten, insgesamt aber ist dieser Mozart nicht schwelgerisch gespielt; direkter Klang und Präzision stehen im Vordergrund. Das ist sehr überzeugend.

Gänzlich anderen Charakters ist Leoš Janáčeks Streichquartett Nr. 2. Es ist ein programmatisches Werk der Moderne; Janáček hat in seinem Todesjahr 1928 seine zwar erwiderte, dennoch unerfüllte Liebe zur 37 Jahre jüngeren Kamila Stösslová in Musik gesetzt. „Intime Briefe“ lautet der Werktitel (700 dieser Briefe schrieben sich die Liebenden, die jeweils anderweitig verheiratet waren) – und somit ist diese Musik ein sehr persönliches Bekenntnis. Dass hier Ausdrucksintensivierung an vorderster Stelle steht, liegt also im Wesen des Werkes, und es ist großartig, welch fesselnde Erzählung das Quatuor Hermès vorträgt. Mit fahl flirrenden Klanggebilden von Bratsche und Cello zu Beginn, die sofort klarstellen, dass nicht von ungetrübtem Glück berichtet wird. Gleichwohl mit wohliger Wärme im Adagio. Mit herrlicher Melancholie im dritten Satz, die den tänzerischen Gestus dämpft und wie eine sehnsuchtsvolle Erinnerung erscheinen lässt. Mit von vielen Brüchen durchzogenen Stimmungen im Finalsatz, die von rhythmischer Euphorie bis zu wundervollem zweistimmigem Gesang der beiden Violinen reichen.

Mit diesem intensiven Musizieren bereitet das Quatuor Hermès das Terrain für Aleksandr Borodins Streichquartett Nr. 2 von 1881. Hier, im späten 19. Jahrhundert, ist das Vibrato üppig, die interpretatorische Handschrift von genießerischem Schwung. Natürlich, auch dieses Werk kennt rhythmische Härte, dunkle Eintrübungen, markante Zäsuren. Doch diesmal überwiegt die Freundlichkeit, der sich die vier Musikerinnen und Musiker hingeben, ohne darüber die Akkuratesse ihrer feinen Stimmengewichtung zu vergessen. Als Zugabe gibt es das an ein zauberhaftes Lautenständchen erinnernde „Playful Pizzicato“ aus Benjamin Brittens „Simple Symphony“.

Galerie
Bilder der Veranstaltung
Fr, 14.10.2022 | © Werner Gruban - Theaterforum Gauting e.V.