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Veranstaltungsinfo

Mi, 09.05.2018
20:00 Uhr
Literatur

12,00 / 8,00
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Veranstalter: Theaterforum Gauting e.V.

Rudi Raab & Julie Freestone: Musikalische Lesung "Der Stolperstein"

Lesung mit den Autoren von "Der Stolperstein", ein historischer Roman, der auf der Lebensgeschichte der Autoren basiert.
Die Lesung findet im Rahmen der Ausstellung "Hoffnung trotz allem - jüdisches Leben in Deutschland ab 1945" statt.
Die amerikanische Journalistin Julie Freestone, ist die Tochter jüdischer Einwanderer in die USA aus Osteuropa. Durch ihren Beruf traf sie Rudi Raab, einen Polizisten in Berkeley, Kalifornien. Er ist gebürtiger Deutscher und Sohn eines hochgestellten Nazis. Als sie sich schließlich ineinander verliebten, mußten sie ihre Vorurteile und ihre Vergangenheit aufarbeiten. Der Stolperstein ist die Geschichte einer Entdeckungsreise über zwei Kontinente hinweg, bei der sie Familiengeheimnisse aufdecken, die sie nicht für möglich gehalten hätten. Die Lesung wird musikalisch umrahmt von Rebecca Rust, Cello und Friedrich Edelmann, Fagott. Die Musiker spielen Werke jüdischer Komponisten, die von den Nazis verfolgt worden waren.

Zum Buch:
Karl Schmidt, deutschstämmiger Sohn eines hochgestellten Nazis, wandert nach Amerika aus und wird schliesslich Polizeibeamter. Als er Sarah Stern, jüdische Journalistin und Tochter osteuropäischer Einwanderer trifft, verlieben sie sich. Karl muß sich nun mit seiner verwickelten Familiengeschichte auseinandersetzen. Der Stolperstein ist die Geschichte einer Entdeckungsreise über zwei Kontinente auf der sie Familiengeheimnisse enthüllen, die sie sich nicht erträumt hätten.

Einen „ideellen literarischen Stolperstein“ wollen die Autoren Rudi Raab und Julie Freestone mit dem Buch „Der Stolperstein“ für Gerhard Raab, den Onkel des Autors, setzen. Gerhard Raab hatte sich geweigert, den Regeln und Forderungen des Naziregimes Folge zu leisten. Er wurde zuerst ins Konzentrationslager Buchenwald deportiert und danach in jungen Jahren im Keller der GESTAPO Leitstelle in Dresden ermordet. Der Bruder Gerhards und Vater von Rudi war ein hoher Nazifunktionär, Führer der Adolf Hitlerschule in Sonthofen.

Rudi Raab ist erst eine Woche nach dem Ende des 2. Weltkriegs geboren und im Alter von 21 Jahren in die U.S.A. ausgewandert. Als Polizeibeamter in Berkeley, Kalifornien, lernte er die Journalistin Julie Freestone kennen, die Tochter jüdischer Einwanderer. In einer langen Spurensuche und nach ausführlichen Recherchen wurde daraufhin versucht, den Lebens- und Leidensweg von Gerhard Raab zu rekonstruieren.
 
„Der Stolperstein“ ist als historischer Roman geschrieben, da nicht alle Einzelheiten völlig geklärt werden konnten. Er verarbeitet und beschreibt aber mit größtmöglicher Genauigkeit die verwickelte Familiengeschichte und den Versuch, diese Familiengeheimnisse zu enthüllen, um damit dem ermordeten Onkel ein Denkmal zu setzen.

Musikalische Begleitung
REBECCA RUST, Violoncello
FRIEDRICH EDELMANN, Fagott

Begleitprogramm zur Ausstellung "Hoffnung trotz allem" gefördert durch:




Auf ihrem Blog schildern die Autoren ihre Eindrücke der Lesung:
der-stolperstein.de/trotz-allem-hoffnung
 
Nach(t)kritik
Einen Stein ins Rollen bringen
Nach(t)kritik von Sabine Zaplin

Auf den ersten Blick ist es eine boy-meets-girl-Geschichte: ein junger Mann, in den Sechzigern aus Deutschland nach Kalifornien ausgewandert, begegnet dort einer jungen Frau, Journalistin und Tochter jüdischer Einwanderer aus Osteuropa. Die erste Frage, die sie ihm stellt, lautet: „Was hat dein Vater denn so während des Krieges gemacht?“ Anderen hatte der junge Mann damals gern flapsig geantwortet: „Das Gleiche wie deiner, nur auf der anderen Seite.“ Aber diesmal geht ihm das nicht über die Lippen. Denn sein Vater war ein hoher Nazi-Funktionär. Und die junge Frau will es genau wissen. Also machen sie sich auf die Reise, nach Deutschland, auf den Spuren der Verwandtschaft des jungen Mannes. Denn da gab es noch einen Onkel, über den niemand sprach und der einfach verschwunden war. Einfach so?

„Der Stolperstein“, heißt das Buch, das Rudi Raab und Julie Freestone im Rahmen der Ausstellung „Hoffnung trotz alledem“ in der bar rosso vorstellen, gemeinsam mit dem Musikerduo Rebecca Rust und Friedrich Edelmann. „Der Stolperstein“ ist die Geschichte von Raab und Freestone, auch wenn sie im Buch Karl Schmidt und Sarah Stern heißen, auch wenn sie das Buch einen Roman nennen. Ein paar Details sind fiktiver gestaltet, aber die Basis ist die sich auf ungewöhnliche Weise kreuzende Lebensgeschichte der beiden. Erzählt wird aus der Perspektive von Sarah, die auf der gemeinsamen Reise in Karls alte Heimat eine Postkarte entdeckt, die dessen Onkel Gerhard aus dem Konzentrationslager Buchenwald an die Eltern geschickt hat. Darin bedankt er sich für das Weihnachtspäckchen und die gute Wurst, die er leider nicht essen kann, da er keine Zähne mehr hat. Eine Tante, von Karl und Sarah mit der Postkarte konfrontiert, erinnert sich doch. „Aber da musst du deinen Vater fragen“, bittet sie Karl. Und so entdecken Karl und Sarah die Geschichte des totgeschwiegenen Onkels, der sich geweigert hatte, den Rassismus und die Indoktrinierung der Nazis mitzumachen.

Es ist ein Wechsel aus freier Erzählung und Lesung aus dem Buch, was Julie Freestone und Rudi Raab tun. Persönliche Geschichten und gestaltete Prosa wechseln einander ab. Dazu sind im Hintergrund auf einer Leinwand Fotos zu sehen - ganz so, als öffne sich hier ein Familienalbum. Die kurzen Werke jüdischer, von den nazis verfolgter Komponisten wie Max Stern, die Rebecca Rust und Friedrich Edelmann auf dem Cello und dem Fagott spielen, greifen wie eine musikalische Antwort in diesen Dialog mit ein. Ein gut aufeinander abgestimmtes Programm: bereits vor drei Jahren, erzählt Edelmann zu Beginn der Veranstaltung, haben die vier, die miteinander befreundet sind, in einer Buchhandlung in San Francisco eben diesen Abend miteinander gestaltet. „Wir sind seitdem oft gefragt worden, wann es den Film geben wird, der unser Buch doch fast schon ist“, sagt Raab und fügt hinzu: „Wenn es den je geben sollte, muss die Filmmusik die von Rebecca und Friedrich sein.“

Seit kurzen erst gibt es „Stumbling Stone“ in deutscher Übersetzung, und so erleben die Gautinger einer der allerersten Lesungen aus dem nun auch hierzulande erhältlichen Buch. „Es hat mich sehr berührt“, bekennt eine Zuschauerin am Ende, „vor allem, weil Sie einen so besonderen, warmherzigen Humor besitzen.“ Und so ist es am Ende doch eine Liebesgeschichte und eine Geschichte darüber, wie weit zurück eine Begegnung zwischen einem Jungen und einem Mädchen führen kann.

Galerie
Bilder der Veranstaltung
Mi, 09.05.2018 | © Werner Gruban - Theaterforum Gauting e.V.